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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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14. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

Kühne, Paul Lefchhorn, Charlotte Rollius, Wal-
ther Buhe und Hans Barthelmeß, der [ich hoffent-
lich noch felbftändiger weiterentwickelt. Eine An-
zahl von Radierungen Erich Wolfsfelds laffen
leider über das von dem Künftler bisher Er-
reichte hinaus keinen Fortfehritt, vor allem nicht
nach der Seite einer geiftigen Vertiefung hin er-
kennen. — Damit auch die Häupter derSezeffion
nicht ganz an diefer Stelle fehlen, hat Reinhold
Hoberg verfchiedene Holzfchnitte nach Lieber-
mann und Slevogt ausgeftellt, darunter Slevogts
wißiges Ex-libris für den Münchner Kunfthifto-
riker Karl Voll.

Dürftiger noch wie um die Malerei ift es um
die Plaftik beftellt, eigentlich find es nur zwei
monumentale Standbilder, die ftärkeres Intereffe
verdienen, troßdem man fich bei der niedrigen
Aufteilung und der beeinträchtigenden Wirkung
des Gipfes keine auch nur annähernd richtige
Vorftellung von ihrer endgültigen Wirkung
machen kann: ich denke an Tuaillons „Kaifer
Wilhelm II.“ für die Kölner Rheinbrücke und an
Hildebrands Bismarck. Was fie an Größe der
Auffaffung und Form, an Reduktion auf das
plaftifch Ausfchlaggebende bedeuten, erkennt
man aber auch hier gut genug, man braucht
nur ein fo zerriffenes und gleichgültiges Denk-
mal wie etwa Schmidt-Caffels „Peter den Gro-
ßen“ für Riga als Gegenbeifpiel heranzuziehen.
Die Porträtplaftik zeigt vielfach ein Streben, den
von Hildebrand, Hahn, Bermann ufw. aufge-
ftellten Normen nachzufolgen. In diefem Sinne
find die Büften von Göß und Breuer (beide fchon
von der letzten Äkademieausftellung bekannt)
bemerkenswert. Ganz lebensfrifch ift die Rue-
dererbüfte von Eduard Beyrer, nicht auf der
Höhe feiner fonftigen Leiftungen ftehend eine
Siegesgöttin und eine Schale von Ernft Moriß
Geyger. Befonders die Schale, deren Fuß aus
einer ftark verkleinerten Wiederholung des
fchönen Marmorkandelabers im Befiß des Herrn
Robert Guthmann-Berlin gebildet ift, erfcheint
als verfehlt. Unter den Werken der Kleinplaftik
fallen die famofen Medaillen von Max Dafio
und Hans Schwegerle auf. Aus der Zahl der
Bildhauer, die fich mit der Porzellanplaftik be-
faffen, ragt Barlach weit hervor (Schwarzburger
Werkftätten für Porzellankunft, Unterweißbach),
nach ihm find J. Wackerle und Gerhard Mareks
zu nennen. Die Berliner kgl. Porzellanmanu-
faktur zeigt in den figürlichen Arbeiten einen
ganz entfehiedenen Fortfehritt; die Farbenfrage
ift noch immer nicht befriedigend gelöft, das
fieht man am beften, wenn man die Figuren,
die in weiß ganz reizend find, mit den bunt-
bemalten Exemplaren vergleicht.

In der Ärchitekturabteilung gibt es einiges

fehr gutes: das Befte find wohl die Leiftungen
des Rixdorfer Stadtbaumeifters Reinhold Kiehl,
der nicht nur in dem neuen, umfangreichen
Krankenhaus der Stadt feinen Gefchmack be-
währt hat, fondern auch in großzügigen, ftadt-
baulichen Projekten wie dem „Körnerpark“ in
gleicher Weife Sinn für echte Monumentalität
und intime, gefchloffene Plaßwirkung beweift.
Eine Wilhelm Kreis-Ausftellung mit zahlreichen
Arbeiten diefes Architekten ernüchtert ein wenig.
Man fchäßt Kreis im Einzelwerk, empfindet aber
vor diefer Fülle ein Ausbleiben ftarker, perfön-
licher Eindrücke. Unter den übrigen Objekten
diefer Abteilung fällt William Müllers fchönes
Deffauer Krematorium und Walter Koeppens
Friedhofskapelle der Berliner Luifenftadtgemeinde
auf; technifch nicht unwichtig, wenn auch archi-
tektonifch minderwertig, find Henry Helbigs
Theatermodelle, an denen durch umfangreiche,
gefchickt dem Baukörper angefchloffene Außen-
treppen, das Problem der Feuerficherheit in ein
neues intereffantes Licht gerückt wird. Sonft
gibt es leider viel bodenlos Gefchmacklofes an
Wiederaufbauten und „Stil“architekturen in die-
fen Räumen. Wie weit fich die Kritiklofigkeit
verlieren kann, zeigt ein Umgeftaltungsprojekt
für den Berliner Luftgarten, deffen Autor nichts
geringeres verlangt, als den Abriß des wunder-
vollen, ohnehin fchon verkürzten Renaiffance-
flügels (der fogen. „Schloßapotheke“) am Schloß,
den Bau eines riefigen Turmes, der fich an das
Schloß anlehnt und die Umkleifterung des ganzen
Plaßes mit Kolonnaden, Statuen und Obelisken!

In der umfangreichen Ausftellung des Mini-
fteriums der öffentlichen Arbeiten findet fich eine
ftattliche Zahl fehr hübfeher, nach modernen
Gefichtspunkten entworfener Bauten, deren Er-
fcheinung an den Modellen gut abgefchäßt wer-
den kann. Es handelt fich dabei meift um
Gerichtsgebäude kleinerer Städte (Nordenburg,
Peiskretfcham, Crone, Pitfchen), Kirchen (fehr
hübfeh die evangelifche Kirche für Gollub in
Weftpreußen), Schulhäufer (Lehrerfeminar in
Spandau und die große Anlage des neuen
Joachimsthalfchen Gymnafiums in Templin, von
befonders freundlicher Wirkung). Während in
diefen durchweg einfach gehaltenen Architek-
turen wirklich befriedigende Refultate erzielt
find, die für die betreffenden Orte als gute Bei-
fpiele viel Nußen ftiften können, verfagen die
großen, anfpruchsvollen Bauten für die Haupt-
ftädte vollkommen, ganz befonders tritt die Un-
fähigkeit, eine reiche und dabei gefchmackvolle
Dekoration zu fchaffen, klar zutage. Auch un-
glückfelige Umbauten wie jener der alten Ber-
liner kgl. Bibliothek zur Univerfitätsaula (auf
die Zerftörung der alten Dachform wurde an

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