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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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14. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0596

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AUSSTELLUNGEN

diefer Stelle bereits früher hingewiefen), müffen
als Mißerfolge bezeichnet werden.

So bietet die Große Kunftausftellung für den,
der fich der Mühe forgfältiger Durcharbeit unter-
zieht, noch immer manches Anregende. Man
denkt auch hier an das was Feuerbach über die
Wiener Weltausftellung gefchrieben hat: „Ein-
zelnes Gute und Schöne findet fich wohl bei
näherem Studium, aber es kann, wie dies häufig
das Schickfal der befcheidenen Schönheit ift, in
der Maffe des Mittelmäßigen nicht zur Geltung
kommen.“ J. Sievers.

ÄMSTERDÄM Im RIJKSPRENTENKABI-
NET bringt die 32. Äusftellung (Monate Juni,
Juli und Äuguft) das Schaffen Daniel Chodo-
wieckis zur Änfchauung. Sie umfaßt im ganzen
256 Nummern, Radierungen aus den Jahren 1758
bis 1800, fowie einige wenige Reproduktionen
von Handzeichnungen.

DÜSSELDORF Äusftellung des Sonder-
bundes nordweftdeutfcher Kunftfreunde
und Künftler in der Kun ft halle (20. Mai bis
2. Juli 1911). Zweierlei erfcheint auf der Son-
derbund-Äusftellung diefes Jahres von Wichtig-
keit: von den Parifer Gäften die Gruppe der
von Cezanne ausgehenden Stiliften, und von den
rheinifchen Künftlern die großen dekorativen
Gemälde von Huguft Deußer. Mit den Arbeiten
der jungen Franzofen wird gezeigt, wie in Paris
einer neuen Kunftrichtung der Boden bereitet
wurde, mit Deußers Bildern, wie ein deutfcher
Maler, angeregt durch die Beftrebungen des
Nachbarlandes, aus feinem eigenen Schaffen
heraus den Weg der Zukunft, den Weg zur
Sgnthefe und ftiliftifchen Einheit, zu gehen ver-
fucht.

Als der Führer der Franzofen ift diesmal —
denn Bonnard und Vuillard fcheinen hier
nur das Vorwort zu fprechen — Andre Derain
zu nennen. Zu Gunften einer großen konftruk-
tiven Wirkung befchränkt fich feine Farbigkeit
auf die einfachften Mittel: auf weißer Grund-
fläche ftehen meift nur wenig Töne, welche die
körperlichen Gebilde voneinander fondern; die
Formen aber find mit kubifcher Klarheit erfaßt
und fcheinen vor unferen Äugen wie Kriftalle
zu entftehen. So find die Bilder der Stadt Ca-
dagues und des Schloffes von Cagnes, die etwas
Abftraktes haben, abftrakt in jenem Sinne, wie
Träume die Dinge der Wirklichkeit geftalten;
fo ift das Tor von Cagnes, das durch den bei
Derain feltenen Klang des Farbtones befonders
reich wirkt und das man vielleicht das fchönfte
Bild der Äusftellung nennen darf. Camoin
geht ähnliche Wege, doch hat er fich dabei we-

niger von Cezanne losgelöft als Derains reiche
Urfprünglichkeit. Überrafchend intenfiv in der
Farbe find die Äbftufungen von Gelb im „Markt
von Toulon“ und die tiefen Töne der „Corfifchen
Meeresbucht“. M. de Vlamincks Schaffen ift
neben beiden und neben Georges Braque,
den fein ornamentales Wollen mitunter faft
zu fehr an die Grenze des Weichen führt, be-
fonders zu begrüßen: indeß eine unbedingte
Nachfolge Derains Gefahr laufen müßte, fein
kubifches Konftruieren zum Schema zu machen,
rettet er feiner Generation den Kolorismus der
Zeit Manets. Neben diefe Künftler ift Äugufte
Herbin zu ftellen, deffen zwei Stilleben durch
Eigenart und Innerlichkeit überrafchen: das erfte
mit dem Grün der Zimmertanne und dem Rot
der Rofen zeigt die glühende Farbkraft feiner
ftarken Kunft, während das zweite, bei dem fich
fein Streben, die Körper aus Farbflächen zu
konftruieren, befonders deutlich offenbart, eigen-
artige bräunliche und gelbe Farbtöne enthält.

Diefe wichtige Gruppe, zu der fich noch Othon
Frieß mit einem Stilleben gefeilt, hätte vielleicht
genügt; dennoch wird man es der Äusftellungs-
leitung nicht verdenken, daß fie auch Künftler
vertreten haben wollte, welche zwifchen diefen
Jüngften und den Impreffioniften vermitteln.
Hervorzuheben find dabei außer Bonnard etwa
Flandrin, Guerin, Joveneau, Pascin und
Marquet, während Mang ui ns glatte Kunft
mehr äußerlich die Mode mitmacht, als daß fie
einen ftarken Anteil an den neuen Beftrebungen
hätte.

Sehr angenehm wirkt es, daß eine kleine re-
trofpektive Sonderabteilung z. T. aus Privat-
befits geliehener franzöfifcher Aquarelle
und Pa ft eile veranftaltet wurde: möchte ihr
im nächften Jahre eine gleiche Äusftellung rhei-
nifcher Künftler folgen — Deußer hatte 1910
auf diefem Gebiet Eigenartiges zu zeigen und
Heinrich Nauen, der diesmal leider völlig fehlt,
ift zu den beften Äquarelliften unferer Zeit zu
rechnen. In diefer kleinen Sammlung läßt fich,
als Einleitung fozufagen für die Werke der
ausgeftellten Gäfte, ein Stüde franzöfifcher Ent-
wicklungsgefchichte verfolgen: neben Dela-

croix und Daumier erfcheinen vor allem drei
Aquarelle von Guys, der durch feinen Einfluß
auf Vlaminck hier befonders intereffiert, und
6 Studien von Manet, dazu Renoir mit einem
Paftellporträt, Degas (Porträt) und Rodin. Von
Neo-Impreffioniften find frifche Blätter von
Signac (6 Aquarelle) und Cross vorhanden;
ihnen folgen die Bahnbrecher der neuen Zeit:
van Gogh (darunter ein Blatt von 1884 und
eine fpätere Studie des Gartens von Äuvers),
Gauguin und Cezanne, während das heutige

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