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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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11. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0450
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AUSSTELLUNGEN

leblos geraten. Aber felbft die Abteilung der
dekorativen Plaftik, die einige redit hübfche
Stücke enthält, verliert an Beweiskraft, weil das
allein Entfcheidende, nämlich die Wirkung des
einzelnen Stückes am Bauwerk, nickt kontrolliert
werden kann.

Diefe Feftftellungen durfte man in früheren
Berichten hinter dem wenigen zurücktreten laffen,
was über das ohnedies nicht fehr hohe Niveau
der Ausftellung herausragte, ln diefem Jahre
gewinnen diefe Beobachtungen aber eine er-
höhte Bedeutung, weil diesmal die Frage nach
dem Neubau eines Äusftellungsgebäudes in den
Vordergrund gerückt worden ift. Da muß es
denn ausgefprochen werden, daß diefen Ver-
anftaltungen, deren wirtfchaftliche Notwendigkeit
nicht beftritten werden kann, eine lebendige
künftlerifche Bedeutung fchon feit geraumer Zeit
nicht mehr zukommt. Will man mit dem Neu-
bau etwas für die Qualität der Ausheilungen
felbft erreichen — und nur das würde den Ver-
buch rechtfertigen, die Koften vom Staat oder
von Kunftfreunden aufbringen zu laffen — fo
müßte man zu allererft eine Reorganisation der
ganzen Unternehmung damit verbinden, und zu-
nächft verfuchen, durch räumliche Befchränkung
auf eine ftrengere Sonderung und damit auf
einen höheren Durdifchnitt hinzuarbeiten. Kann
man das nicht erreichen, oder verzichtet man
gar darauf, fo bleiben diefe Ausheilungen auch
in jedem neuen Haufe, was ße im alten waren:
Eine Unternehmung, die für die Künftler wich-
tiger und notwendiger ift als für die Kunft.

Der Salon CASS1RER veranftaltet kurz vor
dem Schluffe der Saifon noch eine fehr fchöne
und wertvolle Ausftellung von nahezu andert-
halbhundert Werken vonVincent van Goghs.
Da fich die Schwägerin des Künftlers, Frau van
Gogh-Bonger, dazu andere Privatfammler und
einige Mufeen beteiligten, fo gibt die Aushei-
lung ein umfaffendes Bild von dem Lebenswerk
des Künftlers, anfangend mit den fchweren frühen
Bildern feiner holländifchen Zeit bis zu den
letzten Bildern aus Äuvers. Diesmal find auch
die Arbeiten vertreten, die im Irrenhaufe ent-
ftanden, wo van Gogh ohne jedes Modell und
nur nach Vorlagen von Millet, Daumier und
felbft Rembrandt arbeitete. Da die meiften der
ausgeftellten Werke fchon in den früheren Aus-
heilungen zu fehen waren, mag es für diesmal
genügen, auf die ebenfo wertvolle wie inftruk-
tive Veranftaltung nachdrücklichft zu verweifen.
Der treffliche, mit einigen guten Illuftrationen
verfehene Katalog verfucht, die ausgeftellten
Werke nach Perioden, d. h. nach den Aufent-

haltsorten van Goghs zu gliedern, und innerhalb
diefer auf die einzelnen Jahre zu verteilen. Da
fich die wichtigften Werke — eine gewaltige
Menge — auf etwa vier Jahre verteilen, fo war
das keine leichte Arbeit, die nur dadurch ge-
lingen konnte, daß die Briefe van Goghs an
feinen Bruder Theo, die foeben in einer voll-
ftändigen deutfchen Ausgabe im Verlage von
Paul Caffirer erfcheinen, gründlich durchge-
arbeitet wurden, wobei man auch die fich auf
die Bilder beziehenden wichtigften Briefftellen
im Katalog verzeichnet hat. Ich hoffe, im Zu-
fammenhang mit einer Befprechung diefer Brief-
publikation noch auf die Ausftellung zurückzu-
kommen. * *

*

Im Rahmen einer Gemäldeausftellung, die u. a.
hübfche Kollektionen von Erich Büttner, dem
Münchener Hermann Groeber und einige neue,
glühend-farbige, einen entfchiedenen Fortfehritt
bezeichnende Werke Klein-Diepolds enthält,
zeigt der Salon CASPER eine Anzahl Rötel-
zeichnungen von Artur Grunenberg nach den
Hauptakteuren des ruffifchen Balletts, die die
graziöfe, ganz auf die Rhythmik des Körpers
geftellte Kunft der Ruffen recht gut zum Aus-
druck bringen. Acht der beften Blätter ßnd in
muftergültigen Drucken, als Originallithographien,
zu einer Mappe vereinigt worden, die mit einem
Vorwort von Walther Hey mann im C a s p e r fehen
Verlage erfchienen ift. Der Preis der auf Japan
gedruckten und fignierten Mappen beträgt für
das Remarque-Exemplar 200 M., für die ge-
wöhnliche Ausgabe 125 M. in der Subfkription.

H. Fr.

DORDRECHT Die Gooifche Malervereini-
gung „DeTien“ veranftaltet ihre jährliche Aus-
ftellung in PICTURA, die im allgemeinen gute
Sachen zeigt. M. v. d. Willigen bietet mit
ihren „Cinerarias“ mit dem glühend ftarken
Violett und Blau etwas Intereffantes. De Boers
feenhafte Landfchaften mit vornehmer Staffage
und glänzenden Pfauen find fein empfunden.
Sein früher „Morgennebel“ wurde zu einer
zarten Äußerung. Die nebeligen Dämpfe hüllen
die Landfchaft mit niederem Baumftand ein; in
der Morgenatmofphäre bewegen fich auch die
feinen Frauenpguren bei dem Waffer. E. R.
Schaap gibt das frifche Frühjahrsgrün im Schat-
ten, mit mattem Gras und voll in Blüte gehen-
den Obftbäumen. In dem „Gelehrten“ von van
Nieuwenhoven ftrebtederKünftler nachTrans-
parenz, das „Damenporträt“ ift hell, die Formen
ßnd plaßifdi. Heijenbrock fandte Paftelle,
wieder von Hochofen und Fabriken. Sein „Glü-
hender Stahl“ und feine „Kohlenarbeiter“ ßnd
voll Ausdrucksfähigkeit, aber die Werke „packen“

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