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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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11. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0452

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DENKMALPFLEGE ° ENTDECKUNGEN UND FUNDE

von 20000 ff. (10000 für den Ankauf, 10000 für
die Reftaurierung), fo daß jeßt noch 11000 ß. an
der Kaufumme fehlen. Vielleicht intereffiert pch
ein weiterer Ausländer für die Angelegenheit, da
die Holländer augenfcheinlich kein Intereffe für
die Erhaltung eines ihrer fchönften und kultur-
hiftorifdi widitigften Gebäude haben!! R. B.

BOLOGNÄ Die große Tongruppe der Klage
um den Leichnam Chrifti von Niccolo dell’Ärca
in S. Maria della Vita wird jeßt auf Veranlaffung
der Vorftandfchap des Ospedale della Vita von
ihrer modernen Übertünchung befreit. Wie die
Zeitfchrip „Pagine d’Ärte“ meldet, find dabei
Refte der alten Polgchromie zutage getreten.

W. B.

FREIBERG in Sachfen Nach einem neuen
Befchluß der Kommifpon für die Erhaltung der
Kunpdenkmäler in Sachfen wird die Weftfront
des Domes nach den geänderten Plänen von
Prof. Bruno Sch miß-Charlottenburg ausgebaut
werden.

HÄÄG Im Chor der Großen Kirche befanden
pch feit altersher zwei gemalte Glasfenfter, die
unter dem Namen „Raam van Karel V.“ und
„Raam van Stalpaert van der Welen“ bekannt
und beide im Jahre 1541 von dem berühmten
Dirk Crabeth angefertigt worden waren.
Augenblicklich werden pe in Kiften aufbewahrt,
follen aber von dem DelfterReftaurator J.Schouten
wiederhergeftellt werden. Schouten entwarf acht
Pläne, nach denen auch die übrigen Chorfenfter
mit Glasgemälden gefchmückt werden follen.
Diefe Entwürfe pnd nun zur öffentlichen Be-
richtigung ausgeftellt, um „begüterte Kunftfreunde
zurüberlaffung der noch zur Reftaurierung nötigen
30000 p. anzuregen“. R. B.

MECHELN Wie an diefer Stelle wieder-
holt erwähnt, war zu befürchten, daß die alten
Hallen der StadtVeränderungen erfahren follten,
die zum Schaden des Charakters derfelben aus-
gefallen wären. Die Protefte der Kunftfreunde
haben nun glücklicherweife zu einer Ablehnung
der vorgefchlagenen „Reftaurationen“ durch den
Minifter Poullet geführt. Das Innere der aus
dem 14. Jahrhundert ftammenden Hallen wird
für einen Teil der ftädtifchen Verwaltung pro-
viforifch eingerichtet, da das Stadthaus jeßt
Hauptpoft wird. Die depnitive Entfcheidung der
Angelegenheit ift zwar hinausgefchoben, aber
es fteht, nach der beftimmten Meinungsäuße-
rung des Minifters, feft, daß die Faffade ihren
alten monumentalen Charakter unverändert bei-
behalten foll. F. M.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

DIE CYRENISCHE APHRODITE

Zu Äin Sciahat (Cgrenaica) ftießen italienifche
Soldaten beim öffnen von Laufgräben auf eine
griechifche Venusftatue, die, obwohl ohne
Kopf und Arme, von höchftem archäologifchen
fowie äfthetifchen Intereffe ift und ein neues
Licht in das Studium der hellenißifchen Kunft
zu werfen fcheint. Sie ftammt aus dem Apollo-
tempel, den griechifche Koloniften einft beiKyre,
dem heutigen Sciahat, gebaut hatten und in
deffen Vorhof die Statue ausgegraben wurde.
Nach der Sage raubte Apollo, vom Olymp auf
den Pelios herabfteigend, die fchöne Kyrene und
trug pe nach Afrika, wo Aphrodite die Lieben-
den einte. So fand auch ihre Statue ein Recht
im Äpollotempel. Die aus dem Waffer [leigende,
in parifchem Marmor gebildete Göttin zeigt eine
vom bisher bekannten Änadyomene-Typus völlig
abweichende Geftalt, die nach Prof. Lucio Ma-
riano, der den archäologifchen Dienft deritalieni-
fchen Kolonien leitet, pch im Gegenfaß zu Praxi-
teles den Traditionen des Polyklet nähert und
ein plaftifches Vorbild gehabt haben muß, wäh-
rend man bisher derartige Statuen dem Vor-
bilde des berühmten Apelles-Gemäldes zuzu-
fdireiben pffegte. Ihre Formen pnd im Unterfchied
zu allen fonftigen helleniftifchen Venusdarftel-
lungen unfchuldig rein, ihre Bewegung naiv
ohne Regung pnnlichen Bewußtfeins: die Schön-
heit vor Erwachen der Liebe, im Zuftande ge-
fchlechtlicher Unbefangenheit. Offenbar handelt
es fich um eine der herrlichften neben den zehn
bis zwölf der fchönften bisher bekannten grie-
diifchen Statuen, die befonders die kapitolinifche
und die mediceifche Venus weit in den Schatten
[teilt. Alle auf Grund von Photographien be-
fragten Kapazitäten der Archäologie ftimmen
troß fonftiger Referve (darunter Corrado Ricci,
Giacomo Boni u. a.) darin überein, daß es pch
um ein Meifterwerk helleniftifcher Blütezeit oder
deffen Kopie von griechifchen Künftlern handeln
müffe, aus dem Zeitalter der Knidifchen Venus
(4. Jahrhundert) oder etwas früher. Unter den
verfchiedenen Motiven unterfcheidet pch jenes
der Knidifchen Venus, die in das Bad fteigt,
jenes der im Bade weilenden des Daidalus und
jenes der aus dem Bade kommenden Venus.
Im 5. Jahrhundert [teilte man die Aphrodite noch
bekleidet dar, und Praxiteles, glaubte man, habe
als erfter die Kühnheit befeffen, ihre nackten
Formen zu geftalten. Die wiedergefundene
Cyrenifche jedoch fcheint in ihrer keufchen Ein-
fachheit der Form und Bewegung zu beweifen,
daß bereits gleichzeitig oder früher ein anderer
dies Problem gelöft hatte, auch die zwar etwas

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