AUSSTELLUNGEN
neben raffiniertem Kolorit. E. Mengold ftellt
neben anderm das Porträt des Lyrikers Sieg-
fried Lang aus, von erfchreckender Wahrheit
der Charakteriftik. Erwähnt fei nodi Wilhelm
Balmer, deffen großes Können ßch hier leider
auf zwei konventionelle, wenn auch feinfarbige
Porträts befchränkt.
ln der, nicht fehr bedeutenden, graphifdien
Abteilung intereffieren die kapriziöfen Linoleum-
fchnitte 0. Baumbergers, Max Bucherers in ftarken
Kontraften aufgebaute Holzfchnitte, die kräf-
tigen Farbenholzfchnitte von Martha Cunz, Max
Burgmeier, Rene Francillon, die nichts wefent-
lidi Neues bieten. Die ftark konturierten Wal-
lifer Radierungen von E. und M. Vallet find im
technifchen Sinn nicht ganz dem Material an-
gemeffen, in der Äuffaffung aber von guter Raffe.
Der phantafievolle Friß Pauli erweift fich immer
mehr als ein Erzähler und Geftalter im Geifte
Ä. Weltis; auch Dürrwang-Bafel, Eggimann-Bern
laffen gefühlsmäßige, fein dekorative Momente
graphifch zur Geltung kommen. Als Litho-
graphen haben B. Mangold, W. Koch, Pelle-
grini, Kreidolf einen guten Namen, der fich auch
hier wieder bewährt.
Die Plaftik kommt auf der Äusftellung zu
fchöner Geltung, fchon durch den Ehrenfaal, der
den Werken des 1913 verdorbenen Rodo von
Niederhäufern eingeräumt ift. Elementare Kraft,
leidenfchaftlicher Formwille fprechen aus feinen
Schöpfungen, die da und dort an Rodin, felbft
an Carpeaux gemahnen, aber nirgends die eigene
Perfönlichkeit Rodos und fein feines Material-
empfinden verleugnen. Einmal wirken hier die
Porträtbüften ungemein lebendig und charakter-
voll: ein Selbftporträt, der Kopf Hodlers, die
höchft malerifche Büfte Carpeaux’, die leben-
fprühende Tänzerin — alle in Bronze. Von
großartiger Monumentalität, durch die rauhe,
patinierte Bronze auch ftofflich wunderbar wir-
kend, ift der im wallenden Mantel fchreitende
„Jeremias, Jerufalem beweinend“. Vom Verlaine-
Monument mit dem eindringlich durchgearbeiteten
Kopf ift ein früher Entwurf in getöntem Gips
ausgeftellt. Feines plaftifches Leben zeigen vor
allem auch kleine Köpfe und Büften in gelblich
gebranntem Ton. In feiner Eigenart kommt Rodo
auf diefer Äusftellung in unvergleichlicher Weife
zu Worte, als die ftärkfte plaftifche Potenz der
Schweiz in unferen Tagen. — Im Sinne ftarker
Vereinfachung (von Maillol angeregt) arbeitet
Ernft Kißling; auch C. Ä. Angft bietet in feinem
„Schreitenden Kind“ ein Beifpiel groß gefehener
einfacher Form, der ßch auch Friß Huf (Frankfurt)
in feinem monumentalen Beethovenkopf und
einem delikat modellierten Frauentorfo gewachfen
zeigt. Suter, Mettler, Zimmermann, Roos, Hänny
leiften, im Rahmen des ihnen Vertrauten, Treff-
liches, wenn auch nichts überrafchend Neues.
Äußer der Kunfthalle bergen verfchiedene Pa-
villons erwähnenswerte Kunftwerke; H. Beat
Wieland kommt in der Sportausftellung zu Wort,
Liliequift in dem Heimatfchußwirtshaus, L’Eplat-
tenier in der Kirche, wo auch B. Mangold, Äloys
Balmer, R. Münger a. a. mit gediegenen deko-
rativen Arbeiten vertreten ßnd. Von all’ dem
Vielen und von dem vielen Intereffanten, das
die Schweizerifche Landesausftellung in Bern an
Kunftgut birgt, wollen unfere knappen Notizen
nur einen anregenden Begriff vermitteln. J. C.
DRESDEN In dem großen Oberlichtfaale in
der GALERIE ERNST ARNOLD, den zuleßt die
Werke der großen Franzofen des 19. Jahrhunderts
füllten, über die wir an diefer Stelle berichtet
haben, hängen jeßt Arbeiten des großen Schwei-
zers Ferdinand Hodler. Es kann keine reinere
Steigerung künftlerifcher Änfchauung geben, als
gerade diefen Maler auf jene Künftler folgen zu
fehen. Waren es die Franzofen, die man dort
fah, von Gericault angefangen bis hinauf zu
Cezanne, in denen die Träger des imprefßonifti-
fchen Gedankens in der Malerei erkennbar wur-
den, fo ift Hodler eine von den bedeutfamften
Erfcheinungen mit, die das andere Prinzip unferer
Gegenwartsmalerei verkörpern: die dekorative
Wirkung eines Gemäldes. Wenn man Werke
Ferdinand Hodlers neben den Tafelbildern von
Meiftern hängen fieht, an deren ausgefprochenen
Staffeleibildcharakter das Äuge des Betrachters
gewöhnt ift — fagen wir, um ganz willkürlich
einige Namen zu nennen: Gotthardt Kuehls,
Arthur Kampfs, Ludwig v. Hofmanns — fo mag
es fchon fein, daß wir befremdet find von den
fcheinbar fo harten Linien des Schweizer Mei-
fters und von feiner eigenartig dünnen Kolo-
riftik, bei der man an die Transparenz der Glas-
malerei denken muß. Im Sinne der herkömm-
lichen Staffeleibildmalerei ift Hodler kein Tafel-
bildmaler; wollte man feine Bilder richtig hängen,
fo müßte man fie ganz hoch hängen, fo müßte
ihr Betrachter fie aus mindeftens dreifach fo
großer Entfernung anfchauen, als dies in nor-
malen Äusftellungsräumen möglich ift. Denn
alle Wirkung, nach der Ferdinand Hodler ftrebt,
iß eine dekorative; er gehört an die Wand, nicht
auf die Staffelei, er ift der Maler des Monu-
mental-, nicht der Maler des Tafelbildes. Aber
Monumentalmalereien find eine feltene Materie,
auch in unferer den Künften fo freundlichen
Zeit; der Leipziger Meiftermaler Max Klinger,
der Hodler ftark wefensverwandt in dem Be-
ftreben nach dekorativer, monumentaler Wir-
kung ift, kam wohl nicht nur um ihrer größeren
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neben raffiniertem Kolorit. E. Mengold ftellt
neben anderm das Porträt des Lyrikers Sieg-
fried Lang aus, von erfchreckender Wahrheit
der Charakteriftik. Erwähnt fei nodi Wilhelm
Balmer, deffen großes Können ßch hier leider
auf zwei konventionelle, wenn auch feinfarbige
Porträts befchränkt.
ln der, nicht fehr bedeutenden, graphifdien
Abteilung intereffieren die kapriziöfen Linoleum-
fchnitte 0. Baumbergers, Max Bucherers in ftarken
Kontraften aufgebaute Holzfchnitte, die kräf-
tigen Farbenholzfchnitte von Martha Cunz, Max
Burgmeier, Rene Francillon, die nichts wefent-
lidi Neues bieten. Die ftark konturierten Wal-
lifer Radierungen von E. und M. Vallet find im
technifchen Sinn nicht ganz dem Material an-
gemeffen, in der Äuffaffung aber von guter Raffe.
Der phantafievolle Friß Pauli erweift fich immer
mehr als ein Erzähler und Geftalter im Geifte
Ä. Weltis; auch Dürrwang-Bafel, Eggimann-Bern
laffen gefühlsmäßige, fein dekorative Momente
graphifch zur Geltung kommen. Als Litho-
graphen haben B. Mangold, W. Koch, Pelle-
grini, Kreidolf einen guten Namen, der fich auch
hier wieder bewährt.
Die Plaftik kommt auf der Äusftellung zu
fchöner Geltung, fchon durch den Ehrenfaal, der
den Werken des 1913 verdorbenen Rodo von
Niederhäufern eingeräumt ift. Elementare Kraft,
leidenfchaftlicher Formwille fprechen aus feinen
Schöpfungen, die da und dort an Rodin, felbft
an Carpeaux gemahnen, aber nirgends die eigene
Perfönlichkeit Rodos und fein feines Material-
empfinden verleugnen. Einmal wirken hier die
Porträtbüften ungemein lebendig und charakter-
voll: ein Selbftporträt, der Kopf Hodlers, die
höchft malerifche Büfte Carpeaux’, die leben-
fprühende Tänzerin — alle in Bronze. Von
großartiger Monumentalität, durch die rauhe,
patinierte Bronze auch ftofflich wunderbar wir-
kend, ift der im wallenden Mantel fchreitende
„Jeremias, Jerufalem beweinend“. Vom Verlaine-
Monument mit dem eindringlich durchgearbeiteten
Kopf ift ein früher Entwurf in getöntem Gips
ausgeftellt. Feines plaftifches Leben zeigen vor
allem auch kleine Köpfe und Büften in gelblich
gebranntem Ton. In feiner Eigenart kommt Rodo
auf diefer Äusftellung in unvergleichlicher Weife
zu Worte, als die ftärkfte plaftifche Potenz der
Schweiz in unferen Tagen. — Im Sinne ftarker
Vereinfachung (von Maillol angeregt) arbeitet
Ernft Kißling; auch C. Ä. Angft bietet in feinem
„Schreitenden Kind“ ein Beifpiel groß gefehener
einfacher Form, der ßch auch Friß Huf (Frankfurt)
in feinem monumentalen Beethovenkopf und
einem delikat modellierten Frauentorfo gewachfen
zeigt. Suter, Mettler, Zimmermann, Roos, Hänny
leiften, im Rahmen des ihnen Vertrauten, Treff-
liches, wenn auch nichts überrafchend Neues.
Äußer der Kunfthalle bergen verfchiedene Pa-
villons erwähnenswerte Kunftwerke; H. Beat
Wieland kommt in der Sportausftellung zu Wort,
Liliequift in dem Heimatfchußwirtshaus, L’Eplat-
tenier in der Kirche, wo auch B. Mangold, Äloys
Balmer, R. Münger a. a. mit gediegenen deko-
rativen Arbeiten vertreten ßnd. Von all’ dem
Vielen und von dem vielen Intereffanten, das
die Schweizerifche Landesausftellung in Bern an
Kunftgut birgt, wollen unfere knappen Notizen
nur einen anregenden Begriff vermitteln. J. C.
DRESDEN In dem großen Oberlichtfaale in
der GALERIE ERNST ARNOLD, den zuleßt die
Werke der großen Franzofen des 19. Jahrhunderts
füllten, über die wir an diefer Stelle berichtet
haben, hängen jeßt Arbeiten des großen Schwei-
zers Ferdinand Hodler. Es kann keine reinere
Steigerung künftlerifcher Änfchauung geben, als
gerade diefen Maler auf jene Künftler folgen zu
fehen. Waren es die Franzofen, die man dort
fah, von Gericault angefangen bis hinauf zu
Cezanne, in denen die Träger des imprefßonifti-
fchen Gedankens in der Malerei erkennbar wur-
den, fo ift Hodler eine von den bedeutfamften
Erfcheinungen mit, die das andere Prinzip unferer
Gegenwartsmalerei verkörpern: die dekorative
Wirkung eines Gemäldes. Wenn man Werke
Ferdinand Hodlers neben den Tafelbildern von
Meiftern hängen fieht, an deren ausgefprochenen
Staffeleibildcharakter das Äuge des Betrachters
gewöhnt ift — fagen wir, um ganz willkürlich
einige Namen zu nennen: Gotthardt Kuehls,
Arthur Kampfs, Ludwig v. Hofmanns — fo mag
es fchon fein, daß wir befremdet find von den
fcheinbar fo harten Linien des Schweizer Mei-
fters und von feiner eigenartig dünnen Kolo-
riftik, bei der man an die Transparenz der Glas-
malerei denken muß. Im Sinne der herkömm-
lichen Staffeleibildmalerei ift Hodler kein Tafel-
bildmaler; wollte man feine Bilder richtig hängen,
fo müßte man fie ganz hoch hängen, fo müßte
ihr Betrachter fie aus mindeftens dreifach fo
großer Entfernung anfchauen, als dies in nor-
malen Äusftellungsräumen möglich ift. Denn
alle Wirkung, nach der Ferdinand Hodler ftrebt,
iß eine dekorative; er gehört an die Wand, nicht
auf die Staffelei, er ift der Maler des Monu-
mental-, nicht der Maler des Tafelbildes. Aber
Monumentalmalereien find eine feltene Materie,
auch in unferer den Künften fo freundlichen
Zeit; der Leipziger Meiftermaler Max Klinger,
der Hodler ftark wefensverwandt in dem Be-
ftreben nach dekorativer, monumentaler Wir-
kung ift, kam wohl nicht nur um ihrer größeren
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