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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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12. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0484

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AUSSTELLUNGEN

an kubiftifche Tendenzen an, fo zeigt G. L. Bu-
chet wohl einen Reflex der, ganz in der Farbe
lebenden, neuern franzöfifchen Art, der feine
exzentrifdien Damenbildniffe charakterifiert. Ce-
zannes Einfluß macht fleh da und dort geltend,
fo in den Stilleben von Hans Berger, den gro-
tesken Porträts von Brügger (Meiringen). Fein
vermittelter Farbenreichtum ift den Landfchaften
von Favarger, von Albert Muret eigen und Otto
Vautier zeigt in Öl- und Paftellbildern fchöner
Frauen eine malerifdie Delikateffe, die gegen-
über frühen Werken noch eine Steigerung der
großen Könnerfchaft diefes Künftlers bedeuten.
— Eine Gruppe der Welfchfchweiz vertritt mit
ftark betonter Eigenart der „Graphismus in der
Malerei“, deffen erfter Verfechter, Ernft Bieler,
der Äusftellung allerdings fern bleibt; fein nächfter
künftlerifdier Verwandter ift R. Dalleves mit feinen
herben, etwas trockenen, aber doch tieffarbenen
Bauerntgpen aus dem Wallis. Hierher gehört
auch der malerifch etwas fpröde Edouard Vallet,
der fleh wohl zu früh auf eine Manier feftlegte
und der in feiner Frau Margr. Vallet-Gilliard
einen zu anpaffungsfähigen Mitarbeiter in der
Wallifer Stoffwelt hat. Als Landfehafter ift hier
anzureihen Alexandre Perrier mit feinen ein-
dringlich gezeichneten Bergbildern und der ma-
lerifch reichere Edmond Bille, einem gewal-
tigen „Combat des vaches“ hell und kräftig,
ohne wohl das Thema ganz zu bewältigen.
Auch Hermanjat hat fein zu großes Bild „Siefte“
kompofitionell und farbig nicht zu vollem Leben
gebracht. Ein Frauenakt mit Hut von G. Gia-
cometti weift in zündend gelber Beleuchtung feine
Modellierung auf. Ohne fo beftimmte Effekte
behandelt F. Valloton das Thema des liegenden
Frauenaktes, zu deffen bläulich-halbdunkler Tö-
nung ein grüner Papagei in pikantem Kontrafte
fleht; eine Landfchaft mit Badenden zeigt die
farbige Delikateffe Vallotons in noch höherem
Maße, ein Stilleben gibt Form und Farbe in
bewußter, kräftiger Vereinfachung. — Cuno Ämiet
ift mit einem der ganz flächigen, dekorativen
Entwurfsteile für die (nicht zur Ausführung ge-
langenden) Fresken im Zürcher Kunfthaus ver-
treten, dann mit ganz in breiten Farbenflecken
und Maffen aufgebautem Porträt und einer
Gartenlandfchaft. — Von F. Hodler ift die große
Replik des Hannoveraner Wandgemäldes aus-
gestellt, das in einer Überfülle paralleler Be-
wegungsmotive und flarker Koloriftik die Kraft
feiner Wirkung hat — einer Wirkung, die aller-
dings an der Grenze des Ernfthaflen und künft-
lerifch Notwendigen fleht. In der Gruppe, die
fleh Hodler angliedert (und die man, bei den
To verfchiedenen Tendenzen, die fleh heute gel-
tend machen, keineswegs als die fchweizer

Richtung bezeichnen kann) ift Cardinaux zu
nennen mit einer duftigen Frühlingslandfchaft;
Ernft Geiger mit einem goldig leuchtenden
Schneefeld; Th.Senn mit einer transparent far-
bigen Aarelandfchaft; Cacheux mit hellen Boxer-
geftalten. Max Buri bringt nichts wefentlich
Neues; feine, im Ausdruck etwas flauen „Poli-
tiker von 1847“ wirken intereffant in der Zu-
fammenftellung der Uniform mit der graugrünen
Wand. Der Äarauer Burgmeier zeigt in feiner
Juralandfchaft eine Auflöfung der Form in flark-
farbige Maffen, die das Kubiftifche ftreifen. Bo-
lens gibt, nach neuerer Schulung in Paris, ent-
fchieden intereffante Proben eines mehr male-
rifchen Wollens, dem auch Weibel mit originellen
Mitteln Ausdruck gibt. Näher an Hodler rückt
der Zürcher Stiefel, deffen „Samariter“ aller-
dings in Kompofition und Farbe wenig glücklich
ift. Sehr ftark wirkt dagegen die „Bergland-
fchaft“ von Hermann Huber, der in der Heraus-
arbeitung der Gebirgsftruktur, in ungebrochener
Farbigkeit einen Schritt über Hodler hinausgeht,
während fein „Mädchenbild“ an alte Mofaiken
gemahnt. Weitere, in ihrem Stil fehr perfön-
liche und flarke dekorative Bilder Hubers find
in der Abteilung Raumkunft, wo in Räumen
des Architekten O. Ingold auch C. Amiet Ge-
legenheit zu flarkfarbigen Wandbildern fand. —
Die Parifer Schulung, die mit Hodler nichts ge-
mein hat, macht fleh beim Winterthurer Carl
Montag geltend in einer malerifchen, koloriftifch
fehr tiefen und leuchtenden Farbgebung. Ver-
wandte Tendenzen zeigt der ganze Basler Saal,
befonders die Gemälde von P. B. Barth, deffen
provenc;alifche Landfchaften in warmen Farben
leuchten, deffen Mädchenbildnis in der ftraffen
Form lebensnäher wirkt wie Hodler, aber doch
ftiliftifdh reif und perfönlich. Fiechter geht in
farbiger und räumlicher Vereinfachung an die
Grenze des Möglichen, ohne das Plakathafte zu
ftreifen. Ammann gibt in feiner „Schreitenden
Mutter“ eine rhythmifch groß bewegte, in der
Farbe fehr diskrete Schöpfung, die den Künftler
von einer neuen, viel verfprechenden Seite zeigt.
Hermann Meyers „Kreuzigung“ ift als fehr de-
korativer Entwurf für ein Kirchenfenfter zu
werten. E. Niethammer bringt in feinem „Selbfl-
bildnis“ und einem weiblichen Akt ganz aus
der Farbe empfundene kräftige Leiftungen der
lebten Zeit. Auch Heinrich Müller ift mit fchon
bekannten Gemälden vertreten, einer großen
Kompofition „Spielender Frauen“ von orienta-
lifcher Läffigkeit und Breite des fchönen Linien-
fluffes und einem farbig gefchmackvollen Still-
leben. Löw, B. Mangold haben gute und cha-
rakteriflifche Arbeiten da; P. Altherr gibt in
feinem „Verlorenen Sohn“ höchfle Vereinfachung

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