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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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4. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0154

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RUNDSCHAU — Sammlungen

DER CICERONE IST STÄNDIGES PUBLIKÄTIONSORGÄN FOLGENDER MUSEEN: WÄLLRÄF-
RICHÄRTZ-MUSEUM ZU KÖLN / STADELSCHES INSTITUT UND STADT. GALERIE ZU
FRANKFURT a. M. / MUSEUM FÜR KUNSTGEWERBE ZU LEIPZIG / KAISER FRIEDRICH-
MUSEUM ZU POSEN / GROSSHERZOGL. MUSEUM ZU SCHWERIN / STADT. MUSEUM DER
BILDENDEN KÜNSTE ZU LEIPZIG / HERZOGL. MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG / PROVINZIAL-
MUSEUM IN HANNOVER / KAISER WILHELM-MUSEUM ZU KREFELD / STADT. MUSEUM
ZU BRAUNSCHWEIG / MUSEUM JOANNEUM IN GRAZ / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU
FRANKFURT a. M. / KUNSTHALLE ZU MANNHEIM / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU DÜSSEL-
DORF / ALTONÄER MUSEUM / MAXIMILIANS-MUSEUM ZU AUGSBURG / FOLKWÄNG-
MUSEUM ZU HÄGEN i. W. / KUNST-MUSEUM ZU ESSEN / DAS DEUTSCHE MUSEUM
FÜR KUNST IN HANDEL UND GEWERBE ZU HAGEN i. W. / KUNSTGEWERBE-MUSEUM
ZU OLDENBURG i. Gr. / GROSSHERZOGLICHES LANDESMUSEUM IN DARMSTADT / STÄDTI-
SCHES MUSEUM ZU HALLE a. S. / KUNSTGEWERBE-MUSEUM DER STADT STRASSBURG /
GROSSHERZOGLICHE KUNSTHALLE IN KARLSRUHE / MÄRKISCHES MUSEUM ZU BERLIN /
STADTMUSEUM ZU DANZIG / WESTPREUSS1SCHES PROVINZIAL-KUNSTGEWERBE-MUSEUM
IN DANZIG / FRÄNKISCHES LUITPOLD-MUSEUM IN WÜRZBURG

DELFT HUIS LAMBERT VAN MEERTEN.
Heutzutage ift die Mufeumskalamität allerorten
Jo groß, daß man jeden Lichtblick mit doppelter
Freude begrüßt. In dem Delfter Rijksmufeum
für Kunft und Kunftgewerbe, das 1908 von der
Vereinigung „Huis Lambert van Meerten“ dem
Reich gefchenkt wurde, ift ein Rundgang wirk-
lich ein Genuß. Nicht, daß hervorragende Perlen
darin zu fehen wären. Nur die Aufteilung des
Vorhandenen ift in den behaglichen Wohnräumen
fo gefchmackvoll durchgeführt und fo angenehm
für den Befucher, daß diefer fich gleich heimifch
fühlt. Schon die Lage des außergewöhnlich
maffiv gehaltenen Gebäudes (1893 entftanden)
ift äußerft reizvoll. An einer alten Gracht gegen-
über der Oude Kerk gelegen, deren fchiefer ro-
manifcher Turm fich mächtig aus dem roten
Häufermeer erhebt und dunkel gegen den azur-
blauen Himmel fteht, laufcht es dort den Stimmen,
die fich ßüfternd von Johannes Vermeer, Pieter
de Hooch und Karel Fabritius erzählen. Den
Eintretenden empfängt eine fchummerig däm-
merige Diele. Hohe Schränke aus der hollän-
difdien Renaiffance ftehen ringsumher, fchwere
Teppiche liegen am Boden, altes Delfter Porzellan
ziert die Vitrine an der Seite. Einige ernfte
Porträts blicken von den Wänden herab, ftreng
in den Gefichtern, raufchend im Gewände. Ein
Vorzimmer bietet einen Blick auf den Garten.
Man glaubt sich nach Verfailles verfemt oder
auf ein anderes franzöfifdies Luftfdiloß. Nur
kleiner ift alles und zierlicher. Sonft aber die-
felben geraden Wege, diefelben kunftvoll ge-
fchnittenen Buchsbäume und dazwifchen die-
felben verwitterten und verfchmußten nackten
Götterbilder oder Porträtbüften. In dem Vor-

zimmer hängt ein reizender Adriaen van der
Venne (Leihgabe des Rijkmufeums). Schlittfchuh-
fahrende Herren und Damen aus vornehmen
Kreifen geben fich mit Eifer dem fo fehr ge-
liebten Winterfport hin. In luftigen Farben, in
rot, grün und gold fchimmern die prächtigen
Gewänder. Gegenüber ziert ein Simon de
Vlieger den Kamin. Ein helles, lichtes Bild —
Strandfifcher — das wohl mit Recht dem Künftler
zugefchrieben wird. Das Gemälde des Haager
Mauritshuis’ (Nr. 558) ift ihm nicht unähnlich.
Im benachbarten Salon ziehen ein Sevresfervice
(weiß mit Golddekor und wundervoller Land-
fchaftsbemalung) und ein meifterlicher Boule-
fekretär vor allem die Auf merk famkeit auf fich.
Auch hier wieder die fchönen altholländer
Schränke und altdelfter Porzellanftücke mit ihrem
herrlichen Glanz und ihrer dezenten, harmoni-
fchen Bemalung. Ein kleiner Nicolaes B erch em,
Juno und Jo, Eigentum des Ämfterdamer Rijks—
mufeums, ift ein höchft typifches Werk des
geborenen Haarlemers. Der nackte Leib der aus
dem goldenen Pfauenwagen fteigenden Göttin,
ihr blauer Mantel, die als Kuh geftaltete Jo find
in Berchems farbiger Helligkeit behandelt. Ein
Hermann Saftleven ift nicht weniger inter-
effant. Wenn man aus Goethes Selbftbiographie
von Chriftian Georg Schüß erfährt, daß er „auf
dem Wege des Sachtleven die Rheingegenden
fleißig bearbeitete“, fo darf man vor allen anderen
an das Delfter Bildchen des Holländers als Vor-
bild für den Frankfurter Rokokomaler denken.
Die Wahl des Standpunktes, die duftige Be-
handlung der fernen Bergpartien, die kräftige
Ausführung des Vordergrundes, die Verteilung
der Staffage darin hat Sdiüß von dem Utrechter

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