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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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LITERATUR

Stupinigi in Piemont, dem Epizentrum des
Erdbebens, ftürzte das fchwere Kranzgefims mit
Getöfe herab, was lebhafte Beftürzung in dem
gegenwärtig von der Königin-Witwe Marghe-
rita bewohnten Schlöffe hervorrief. W. B.

LITERATUR

EDMUND KOERNER. Die neue Synagoge
in Effen. Mit Text von Richard Klapheck.
Verlegt bei Ernft Wasmuth Berlin.

Bei Edmund Koerners fchon mit Recht be-
rühmt gewordenem Synagogenbau für Effen ift
es nicht allein die rein künftlerifche Leiftung eines
für monumentale Architektur vor allem berufe-
nen Schöpfers, die feinem Werke etwas Vor-
bildliches gibt — wichtiger faft erfcheint an-
gefichts diefer Schöpfung die Tatfache, daß
Koerner vielleicht als Erfter vor allen lebenden
Baukünftlern eine wirklich moderne Synagoge—
um nicht zu fagen den erften modernen Kirchen-
bau überhaupt gefchaffen hat. Die einzig-
artige Grundrißlöfung, das faft felbftverftänd-
liche Herauswachfen der Maffe mit ihren
raumbeftimmenden Gliedern, das harmonifche
Geftalten der Einzelheiten aus der tiefen Sym-
bolik eines Jahrtaufende alten Kultes, die Weihe
und Stimmung, die diefen Bau in feiner macht-
vollen Erfcheinung von außen beherrfcht und
ihren impofanten Eindruck im Inneren zujammen-
hält, all das zeugt beredt genug von der per-
fönlichen Geftaltungskraft eines gottbegnadeten
Künftlers — aber es erfchöpft das legte noch
nicht, was diefem Bauwerk feinen hohen Wert
gerade für unfere Gegenwart verleiht. Mit
klugen Worten und einer feingewählten Ana-
logie aus den Quellen der heiligen Schrift fpürt
Richard Klapheck dem Geift des jüdifchen Gottes-
haufes in feinen Uranfängen und feiner viel-
fältigen Abwandlung bei den Völkern durch
viele Jahrhunderte hindurch nach, und mit Recht
wendet er pch gegen die törichte Barbarei eines
hiftorifch verbildeten Zeitalters wie es das 19.
Jahrhundert gewefen ift, das für die abend-
ländifche Synagoge immer wieder orientalifche
Formen gefucht hat. Mit diefer überkommenen
Anfchauung hat Koerner im Gefühl feiner jungen,
felbftgeftaltenden Kraft gebrochen, und diefe
Tatfache fchon gibt feinem Werk erhöhte Be-
deutung. Im Anblick des vollendeten Baues
empßndet man deutlich, wie pch der Gottesgedanke
in der Architektur erfchöpft — wie das feelifche
Einfühlen in das Geheimnis des Überfinnlidien
das legte Kriterium diefer hervorragenden Schöp-
fung ift. Das im einzelnen .nachzuprüfen, mag
dem Lefer diefer koftbar ausgeftatteten Mono-

graphie überlaffen bleiben, die eben jegt dem
vollendeten Werk das fchönfte Denkmal fegt.

Edmund Koerner gehört nicht zu jener Gene-
ration von Architekten, die ihr Gefühl für wahre
Größe im Ärchitektonifchen dem kleinen kunft-
gewerblichen Gedanken der Detailgeftaltung
untergeordnet haben. Für ihn bedeutet Bauen
ein raumgeftaltendes Beherrfchen der Maffe, die
allein dem Gefühl untertan ift. Seine Werke
auch der profanen Baukunft, die man in Effen
mehrfach bewundern kann, find im legten Aus-
druck unferes neuerwachten Stilgefühles, das an
den Quellen der Großartigkeit unferer Zeit ge-
wachsen ift. Darum darf man diefem in den
beften Jahren fchaffenden Künftler — der, wie
man weiß, Mitglied der Darmftädter Künftler-
kolonie ift — noch eine große Zukunft pro-
phezeien und man möchte hoffen, daß ihm
auch in der Folge vor allem Aufgaben Vorbe-
halten find, ähnlich der, die er in dem Effener
Synagogenbau fo neu und reftlos bewältigen
durfte. Die eben erfchienene Publikation über
diefes fein bisher beftes Werk (weil er es ganz
aus feinem Gefühl und feinen Ideen heraus auch
in allen Details zu Ende führen konnte) war
uns willkommener Anlaß, an diefer Stelle nach-
drücklichft auf ihn zu verweifen. Im Sinne
der Buchbefprechung aber muß ebenfofehr auch
des inftruktiven und glänzend gefdiriebenen
Textes von R. Klapheck wie der erftklaffig ge-
lungenen buchtechnifchen Ausftattung und der
prächtigen Wiedergabe der nahezu hundert, zum
Teil farbigen Abbildungen gedacht werden, die
zwar den lebendigen Eindruck des Werkes nicht
erfegen, deffen künftlerifche Größe aber fehr
wohl anfchaulich machen können.

Georg Biermann.

KATALOG DER GEMÄLDEGALERIE DES
PROVINZIALMUSEUMS IN BONN. Bearbeitet
von Dr. Walter Cohen. Bonn 1914.

Diefer Katalog befigt die Eigenfchaften, für
die der Name des Verfaffers von vornherein
bürgte: er ift vorpchtig und zuverläffig abgefaßt
und er legt allenthalben von der guten Kenner-
fchaft feines Autors Zeugnis ab. Auch in tech-
nifcher Beziehung, in der Anordnung, in der
klaren Uberfichtlichkeit, im Format und nicht zu-
legt in den brauchbaren Reproduktionen von über
hundert Gemälden wird er allen heutigen An-
forderungen an einen wiffenfchaftlichen Katalog
gerecht. Bei den holländifchen Gemälden des
17. Jahrhunderts find kaum Einwände von Be-
lang zu erheben. Das früher „Steen“ genannte
Bild Nr. 99, „Mutter und Kind“, heißt jegt Pieter
de Hooch, dem es in den Typen fehr verwandt
ift, von deffen Art indeffen wieder die ganz an

Der Cicerone, VI. Jahrg., Heft 22/24. 49

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