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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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[7. Heft]
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Sauerlandt, Max: Die Gruppe "Bildhauerei" aus der Berliner Serie der freien Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0275

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DIE GRUPPE „BILDHAUEREI“ AUS DER
BERLINER SERIE DER FREIEN KÜNSTE

Mit einer Abbildung Von MAX SAUERLÄNDT

Das ftädtifche Mufeum für Kunft und Kunftgewerbe in Halle hat kürzlich aus dem
Kleinhandel die Gruppe der Bildhauerei aus der Berliner Serie der freien Künfte
erworben, deren Publikation an diefer Stelle gerechtfertigt erfcheint, weil eine alte
Ausformung des Modells bisher nicht bekannt geworden ift.

Das foeben erfchienene ausgezeichnete Werk über Berliner Porzellan von Dr. Georg
Lenz (Berlin, Reimar Hobbing) orientiert erfchöpfend über alles Materielle.

Laut der Rechnungen über „Einnahme und Ausgabe bey der K. Porzellan Manufaktur“
erhielt der Bildhauer Wilhelm Chriftian Meyer am 12. April 1769 „zum Reft, der von
dem Kaufmann Gobkowsky beftellten, aber nicht völlig bezahlten und bey der Manu-
factur abgelieferten 9 Stück Modeles Figuren-Groupen als:

4 Theile der Welt ä 12 Zoll hoch,

5 Theile von die Freyen Künfte ä 15 Zoll hoch 200 Rthl.“

(Lenz a. a. 0. I, S. 72.) Ob die in der unvollftändigen Serie der freien Künfte fehlen-
den zwei Gruppen in diefer Reftzahlung nicht aufgeführt find, weil fie fchon von
Gobkowski felbft bezahlt waren, oder ob die Serie erft fpäter komplettiert ift, fteht
dahin; mir fcheint die erftere Vermutung plaufibler zu fein. Jedenfalls aber hat eine
vollftändige Siebenerferie exiftiert, obgleich feltfamerweife auch das fonft fo zuverläffige
Modellbuch in der vierzehnzölligen Serie „Die Freyen Künfte“ nur fechs Gruppen (die
Poefie, die Arithmetic, die Mahlerey, die Archytectur, Apollo, die Mufik, die Aftronomie)
aufführt (Lenz a. a. 0. 1, Beilagen S. 28), denn das von Lenz für Wilhelm Chriftian
Meyer in Anfpruch genommene Modell der fiebenten Gruppe, eben der jebt von dem
Hallifchen Mufeum erworbenen Bildhauerei, befindet [ich noch heute unter Nr. 377a
in der Sammlung der Berliner Manufaktur (Lenz a. a. O. I, S. 73, Anm. 13).

Die Modelle der freien Künfte, die unftreitig zu den künftlerifch hervorragendften
Leiftungen der Berliner Porzellanplaftik gehören, fcheinen nur feiten ausgeformt zu
fein: nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. Lenz war ihm außer den in dem
großen Werk abgebildeten bunten Gruppen der Aftronomie (Hamburg), Architektur
(Berlin), Malerei (Potsdam, Orangerie) nur noch die Arithmetik und diefe nur in einem
unbemalten Exemplar bekannt, während von der Poefie eine alte Ausformung bis heute
überhaupt nicht nachgewiefen werden kann.

Die Gruppe der „Bildhauerei“ fchließt fidi den anderen Gruppen der Serie formal
und inhaltlich an. Die Allegorie ift fehr locker durchgeführt, faft nur durch das auf
dem Sockel verftreute Handwerksgerät des Bildhauers angedeutet, während die wohl-
komponierte Figurengruppe fich ganz im Umkreis des plaftifchen Genrebildes hält.
Die farbige Stafßerung zeigt alle Vorzüge der Berliner Palette: den zarten gelben,
grauen, grünen und rofa Tönen ift kräftiges Rotbraun und (als Farbe der Kniehofen
des Bildhauers) ein wundervoll weiches, famtartig glänzendes Violett gefeilt, deffen
Feuerverbindung mit der Glafur leider nicht voll gelungen ift.

Der Cicerone, VI. Jahrg., 7. Heft. 18

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