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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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[Heft 23/24]
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Bangel, Rudolf: Ausstellung altholländischer Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0685

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ÄUSSTELLUNG ÄLTHOLLHNDISCHER

♦♦

GEMÄLDE Von RUDOLF BÄNGEL

Im Kunftfalon Kleykamp im Haag veranftaltete die Haager Gefellfchaft eine Aus-
heilung alter Kunft: Gemälde, Delfter Porzellan, Silber, Möbel und Kunftgegenftände
aus bekannten privaten Kollektionen. Der Erlös von Eintrittsgeldern und illuftriertem
Katalog, der von den Firmen Elfevier und L. v. Leer & Co. in Amfterdam unentgelt-
lich geliefert wurde, wird dem Haager Unterftüßungskomitee 1914 zur Verfügung ge-
teilt werden. Das größte Intereffe beanfpruchen die Gemälde, die faft ausfchließlich
der holländifchen Schule angehören und Eigentum des früheren Vortragenden Rats im
Minifterium für Kunft und Wiffenfchaft, Jhr. V. de Stuers, find. Erft im Februar diefes
Jahres waren fechs von ihnen im Haager Gemeente-Mufeum ausgeftellt und bei diefer
Gelegenheit von uns hier befprochen worden (Cic. VI, Heft 2, S. 61). fluch bei Kleykamp
fiel der große Jan Steen, eine Jahrmarktfzene, mit der Landfchaft von Jan van Goyen
vor allem wieder auf. Und das Porträt der Bayken van Bracht, das wir damals „wahr-
fcheinlich Govert Flinck“ nannten, dürfen wir heute als ficher diefem Meifter zufprechen.
Befteht doch ein alter Stich nach diefem Bildnis, das dort als Arbeit des Flinck bezeichnet
ift, und auch die völlig rembrandtartige Technik, befonders der Hände, weift auf diefen
Künftler hin.1 Der „Rembrandtfchule“ fchrieben wir das Porträt eines jungen Mannes
mit langen braunen Locken und einem weißen Spitzenkragen zu. ln dem Katalog
(Nr. 9, 1, auch abgebildet dort) wird es nun Rembrandt felbft gegeben. Daß diefer
nichts damit zu tun hat, ift die einftimmige Meinung aller Fachgenoffen. Bredius und
andere wiefen auf Pieter Gubordieu (1609/10 bis nach 1678) hin, einen Maler fran-
zöfifcher Abkunft, der in Amfterdam und Leiden tätig war. Datierte Bilder von ihm in
Amfterdam, Leiden und Hannover (Keftner). Wenn diefes Porträt ein Frühwerk feiner
Hand wäre, deffen Arbeiten neben Miereveits Einfluß oft einen franzöfifchen Anklang haben,
dann müßte der Künftler ein Meifter erften Ranges und bis heute noch fehr unterfchätjt fein.

Von J. A. van Ravefteyn, der im Februar allein mit dem reizenden Mädchen-
porträt vertreten war, finden wir bei Kleykamp ferner das Bildnis des Jakob Cats (?)
und feiner Gemahlin. Obwohl unbezeichnet, befteht an ihrer Echtheit kein Zweifel;
die typifchen Arbeiten des Künftlers verraten deffen Hand vor allem an der feinen
ficheren Pinfelführung am Spitzenkragen des Männerporträts. Das .„Männerbildnis“
des vielgereiften Antonie Moro, wie wir es damals nannten, kann nun auch identi-
fiziert werden. Der Dargeftellte ift Jacob de Moor (Kat. Nr. 9, cc). Ein zweites
Porträt des vortrefflichen Meifters zeigt deffen Sohn (Kat. Nr. 9, dd). An Qualität fteht
es hinter dem vorigen zurück, die plaftifche Ausarbeitung der Gefichtszüge, das Lebens-
wahre des Kolorits, die ganze Kraft des fpäteren Moro, deffen Arbeiten man eines
Tizians Pinfels würdig genannt hat, ift in diefem Frühwerk weniger zu bemerken als viel-
mehr verfteckt zu ahnen. Ein drittes, A. Moro zugefchriebenes Bildnis eines Mannes mit
langem braunen Bart hat mit dem Maler nichts zu tun, dafür ift es zu fchwach. Wenn
man einen Namen nennen will, fo könnte es Joos v. Cleeve fein, auf den auch von
anderen Seiten hingewiefen wurde. Das Bildnis einer „bejahrten Dame“ des Delfier
M. J. van Mierevelt ift 1603 datiert (im Kat. Nr. 9, x fteht fälfchlich 1633), ftammt
alfo aus feiner frühen Periode. Künftlerifch ift es nicht fehr bedeutungsvoll. Beffer
ift der tüchtige Rembrandtnachahmer, der Amfterdamer Dirk van Santvoort ver-
treten. Sein Ganzfigurenbild der fldriaentje Rofecrans (1576 — 1657) mit den ftarken

1 Das Bild foll früher „Flinck“ bezeichnet gewefen, und diefe Signatur fpäter abgefchmtten
worden fein. (Mitteil, von Dr. Bredius.)

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