Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

DOI Heft:
4. Heft
DOI Artikel:
Vermischtes
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0162

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LITERATUR

zurück. Gleichzeitig ift befchloffen worden, gegen
Eintrittsgeld von 1 Lire das monumentale Quartier
des Erdgefchoffes, die Kapelle mit den Fresken
Benozzos und den Saal Luca Giordanos zu-
gänglich zu machen. W. B.

LITERATUR

Leo S. OlTdiki: INCUNHBLES ILLUSTRES
IMITANT LES MANUSCRITS. Le passage du
manuscrit au livre imprime. Florence 1914.

Es war eine glückliche Idee des Verfaffers,
ein halbes Hundert früher Inkunabeldrucke von
dem Gefichtspunkte ihres handgemalten Schmuckes
aus zufammenzuftellen. Befonders der in der
Gefchichte der Buchkunft weniger Heimifche, der
fich den Übergang vom gefchriebenen zum ge-
druckten Buch als etwas Plötzliches denkt, wird
hier in inftruktiver Weife über das Hereinragen
der alten Kunftweife in die neue Technik, über
die logifch-fchrittweife-fortfchreitende Entwick-
lung von jener zu diefer aufgeklärt. Das Thema
an fich ift nahezu unbegrenzt und nur auf eine
Zufammenfaffung des Wefentlichen kann es an-
kommen, wenn Verwirrung und Ermüdung ver-
mieden werden foll. Daher tat der Verfaffer
gut daran, fich mit einem kurzen Text zu be-
gnügen. Die kleine feinfinnige Abhandlung ent-
hält alle nötigen Angaben. Ihr folgt eine forg-
fältig gearbeitete Bibliographie von 49 hand-
dekorierten Erftlingsdrucken, welche das Gefagte
demonftrieren. Und um daraus wiederum finn-
fällige Vorftellungen zu ermöglichen, waren zahl-
reiche Abbildungen und Tafeln nötig. Während
diefe dem Büchlein einen würdigen Äbfchluß
geben, eröffnen fie zum Teil wieder neue Per-
fpektiven für den Spezialforfcher. Ich erwähne
nur die Illuftrationen zu einem Plutarch des
Jenfon von 1477 (Tafel 11—14): Diefe Zeich-
nungen verdienen eine Spezialunterfuchung vor
allem nach der archäologifdien Seite hin. Ähn-
lich wie im Polifilo und in anderen Drucken der
Renaiffance werden hier antike Sarkophagmotive
und andere der römifchen Antike entlehnten
Elemente lebendig, deren Quellen aufzufpüren
eine anziehende Aufgabe wäre.

Erwin Rofenthal.

FÜHRER DURCH DIE SAMMLUNG NEUERER
GEMÄLDE UND BILDWERKE IM STÄDTI-
SCHEN MUSEUM ZU HALLE a. S. von Curt
Freyer. Halle 1913. Mit 16 Abbildungen.

Die Zahl der felbftändigen Experimente auf
dem fchwierigen Gebiet des Mufeumskataloges
mehrt fich feit einigen Jahren beftändig. Es gibt
kein Land, das die Schäle feiner öffentlichen
Sammlungen fo bereitwillig und in fo mannig-

facher Form dem Publikum anbietet wie Deutfch-
land. Freyer, der Affiftent am Hallifdien Mu-
feum, hat mit feinem kleinen, gefchmackvoll
ausgeflatteten Bändchen wohl die zeitgemäßere
Form gefunden, den Befucher in die Kunft des
Ausgeftellten einzuführen. Es handelt fich zu-
nächft um Malerei, Graphik und Plaftik des
19. und 20. Jahrhunderts. Er teilt die Werke,
ohne auf ihre Aufteilung Rückpdit zu nehmen
— in einem Neubau kann die Aufteilung dann
wohl fytematifch erfolgen — nach ftiliftifchen
Epochen ein, und diefe Einteilung verdient hier
namhaft gemacht zu werden; wird pe auch nicht
in allen Punkten unbedingten Beifall pnden, fo
gibt pe doch Anregungen zum Nachdenken ge-
nug. 1. Klafpzismus. 2. Nazarener. 3. Romantik.
4. Naturalismus (Menzel, Vautier, Achenbach,
Spifeweg, Buchholz ufw.). 5. Stilismus (v. Ma-
rees, Hildebrand, Klinger). 6. Kolorismus (Leibi,
Thoma uff.; hier wird man wohl einwenden
können, daß das Wort nicht den Begriff deckt).
7. Impreffionismus mit Unterabteilungen: deko-
rativer Imprefponismus (? L. v. Hofmann, der
fpäte Trübner, Leiftikow); äußerlicher Imprefpo-
nismus (Kampf, Kallmorgen, Volkmann ufw.;
Unvereinbares an Qualität und Zielrichtung ift
in diefer Verlegenheitsrubrik gemifcht). 8. Jün-
gerer Imprefponismus (Beckmann, Rösler, Brock-
hufen). 9. Exprefponismus (Nolde).

Jedem Abfchnitt ift eine äfthetifche und hiftorifche
Umfchreibung feiner Stilrichtung vorangefchickt,
die gut über das Wollen der Gruppe orientiert.
Die bedeutenderen Bilder pnd dann für fich genau
analypert. Man könnte einwenden, daß eine
folche Methode beffer auf eine Galerie paßt, die zu
der ganzen gedrängten Stilgefchidite der neueren
deutfchen Kunft die ausführliehften und charak-
teriftifchften Belege aufzuweifen vermag; etwa
fo, wie es Scheffler in weitausgreifender Form
in feiner „Nationalgalerie“ darftellungsmäßig ge-
tan hat. Allein auch für eine kleinere Samm-
lung ift es von unermeßlichem Nußen, die Grenzen
in voller theoretifcher Weite abzuftecken; aus
Gründen der Ankaufspolitik und aus erzieheri-
fchen Gründen: denn dem Publikum muß man
die Einzelobjekte unter möglichft großen Gepchts-
punkten zeigen, um ihm den notwendigen Re-
fpekt vor der Kunft einzußößen und ihm den
Standpunkt fo nahe wie möglich vorzufchreiben.
Von felber pnden fich nur Äuserwählte zu einer
halbwegs richtigen Orientierung in der neueren
Kunft. Und fo darf man Freyers Mufeumsführer
als einen glücklichen kunftpädagogifchen Verfuch
mit Freuden und mit der Hoffnung auf weitere
Arbeiten des Verfaffers begrüßen! Er wird uns
noch manches zu fagen haben.

Paul F. Schmidt.

136
 
Annotationen