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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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LITERATUR

Grecos vorführen, gefolgt von einer feierlichen
Totenmeffe, wie fie Greco in feinem Teftament
angeordnet hatte. Der Organifator der Feier
ift der Marquis von Vega-Inclan. Auch im
Auslände findet der Plan lebhaftes Intereffe.

LITERATUR

OLAF GULBRANSSON. Fünfzig unveröffent-
lichte Zeichnungen. Herausgegeben von Alfred
Mayer. Verlag Georg Müller, München 1914.
Lovis Corinth hat Gulbranffon einmal als den
OptimiftunterdenSimpliziffimusleuten bezeichnet.
Das ift gewiß fehr cum grano falis zu verftehen.
Diefer Skandinavier ift kein Gemütsmenfch im
Sinne jener alten biederen Humoriften, deren un-
verwüftlicher Optimismus aus jeder Situation die
verlohnende komifche Seite herausholt; fondern
ein fcharfer Spötter und ein unbarmherziger,
nichts befchönigender Kritiker, der in feine geift-
vollen Linienabbreviaturen viel Spott und felbft
Gift und Galle zu mifchen weiß. Ohne diefe
ftarke farkaftifche Ader wäre Gulbranffon nicht
der Matador des Simpliziffimus geworden. Aber
hinter all dem fteht nicht ein eifernder Nörgler,
fondern ein wirklich gottbegnadeter geborener
Karikaturift, der pch und die Welt gar nicht
anders fehen kann als in einem Hohlfpiegel.
Denn Gulbranffons Kritik führt in keine Sack-
gaffe, fondern den Weg hinaus ins Freie, weil
ße der künftlerifche Niederfchlag einer Welt-
anfchauung ift. Wie ftark Perfönlichkeit und
Kunft fich bei ihm decken, lehrt die fchöne mir
vorliegende Publikation, die 50 bisher unveröffent-
lichte, im Privatbefilj verftreute Zeichnungen Gul-
branffons in muftergültiger Weife reproduziert.
Es ift eine bunte Auswahl: Gelegenheitsarbeiten
für Familie und Freunde, Einfälle einer guten
Stunde, einer Laune des Augenblicks, und durch-
ftrömt von dem frifehen Fluidum der momentanen
Infpiration. Prä rentiert feine Produktion für den
Simpliziffimus fozufagen den offiziellen Gul-
branffon, fo lernen wir hier den Menfchen kennen,
den lachenden Philofophen, der in halb fchalk-
haften, halb myftifchen, den Glauben an Metem-
pfychofe verratenden Anwandlungen auf dem
Titelblatt fich felbft konterfeit als behaglich vor
[ich hinblinzelnden Seehund, im breiten Maul
pfeifenartig ein Zweiglein haltend, an dem die
aufgefpießten Opfer feines Wißes in Zuckungen
fich winden. Auch fonft erfährt man beim Durch-
blättern diefesBuches allerlei Autobiographifches.

Die übrigen Blätter zeigen meift Bildniskarika-
turen von Freunden des Haufes, in jenem aus den
Simpliziffimusbeiträgen Gulbranffons bekannten,
mit einem Minimum von Mitteln arbeitenden
Linienftil, der fo erfchöpfend zu charakterifieren

verfteht, daß man vergißt, daß der Umriß doch
eine fchließlich nur ganz willkürliche Formab-
ftraktion darftellt; da fieht man den behäbigen
Ludwig Thoma beim Tarock, Emanuel von Seidl
beim Violinfpiel und die fchlanke, nervöfe Er-
fcheinung Karl Vollmöllers. Weiterhin in das
Typifche gefteigerte Geftalten, wie den kreuz-
braven Hauslehrer, den felbftbewußten „Herrn
aus Berlin“, das totfchicke „Karlchen“ oder die
altjüngferliche „Dame beim Mokka“. Von einer
ganz neuen Seite lernt man Gulbranffon kennen
aus den plaftifchen Charaktermasken zu den
Hauptfiguren des Lohengrin für das Münchener
Marionettentheater, die ein Oberammergauer
Holzfchnit^er nach feinen Entwürfen gefchnitten
hat. Eine Einleitung aus der Feder Alfred Mayers
orientiert in knapper, aber anfchaulicher Weife
über den Entwicklungsgang Gulbranffons und feine
künftlerifche Eigenart; man fpürt den Zeilen an,
daß fie einem intimen perfönlichen Konnex mit
dem Künftler ihre Orientierung verdanken. Man
muß dem Herausgeber dankbar dafür fein, einen
bislang der Öffentlichkeit verborgen gebliebenen
Schatj gehoben zu haben, der nicht nur den
großen Künftler von neuem beftätigt, fondern
uns dem Menfchen in Gulbranffon näher bringt.

Hans Vollmer.

Rene Beeh M’BARKA, Malerbriefe aus Al-
gerien mit 60 Zeichnungen. München, Georg
Müller und Eugen Rantfch.

Ein neuer Delacroix mehr als eine Art neuen
„Noa-Noa“ — könnte man von diefem Buche
jagen, das als Ganzes gewertet, ein einzigartiges
künftlerifches Erlebnis bedeutet. Dem geübten
Zeichner, der mit wenigen charakteriftifchen
Strichen immer das Wefentlidhe einer Bewegung,
eines Eindrucks hinzufeßen weiß und dabei der
Art Rembrandts, impreffioniftifch zu umreißen,
nahe kommt, gefeilt fich in der gleichen Perfon
ein Schriftfteller zu, deffen feine künftlerifche
Beobachtungsgabe pfychologifch vertieft, in eine
ebenfo natürliche wie künftlerifch fein zifelierte
Sprache ausfließt. Das ganze ift von der Stim-
mung durchtränkt, die wir etwa an Flauberts
„Salambo“ bewundern. G. B.

AUGUSTE RODIN. Von Rainer Maria
Rilke, Infel-Verlag, Leipzig 1913. Das Buch
ift im wefentlichen ein Neudruck der bekannten
früher in der Mutherfchen Monographienfamm-
lung erfchienenen temperamentvollen Arbeit, der
der Verfaffer nur ein Schlußkapitel unter dem
Stichwort ZweiterTeil. EinVortrag (1907)
angefügt hat. In diefem zweiten Teil ift fpeziell
auf die Arbeiten Rodins feit dem Erfcheinungs-
termin der erften Monographie von Rilke Bezug

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