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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Braun, Edmund Wilhelm: Eine buntglasierte schlesische Hafnerschüssel mit dem Brustbilde Kaiser Rudolfs II. im Kaiser Franz Josef-Museum zu Troppau
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0021

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EINE BUNTGLÄSIERTE SCHLESISCHE
HHFNERSCHÜSSEL MIT DEM BRUST-
BILDE KAISER RUDOLFS II. IM KAISER
FRANZ JOSEF-MUSEUM ZU TROPPAU

Mit einer farbigen Tafel und einer Abbildung Von Dr. E. W. BRÄUN

Zu den feltenften keramifchen Erzeugniffen, man kann fagen aller Zeiten, gehören
große flache Schüffeln mit fchräg auffteigendem und wieder in ftumpfem Winkel
umbiegenden, von einem Wülfte umgebenen Rande, deutfche Arbeiten der Renaiffance-
zeit, bei denen eine reiche farbige Flächendekoration durch eine eigenartige Technik
erreicht ift.“ So beginnt Karl Masner feinen grundlegenden Auffaß im I. Band der
Neuen Folge von „Schlefiens Vorzeit in Bild und Schrift“ (Breslau 1900), in dem er
zum erften Male die kleine Gruppe von folchen Schüffeln zufammengeftellt hat, deren
bunte Pracht und dekorative Wirkung ihrer Seltenheit gleichkommen. Das Charakte-
riftifche der Technik befteht darin, daß der Töpfer in den noch weichen Ton die
Konturen der Zeichnung mit einem fcharfen Inftrument eingefchnitten hat, fo daß zu
beiden Seiten diefes Schnittes etwas aus der Fläche herausragende Ränder entftehen,
die dazu dienen follen, beim fpäteren Brande im Töpferofen ein Ineinanderfließen der
bunten Glafuren zu verhindern. Masner hat eine Lifte der in Original und Literatur
bekannten Schüffeln zufammengeftellt. Es find im ganzen fünf Schüffeln, die er an-
führt und von denen Nr. 3, die fchon im Katalog Minutoli befchrieben ift und die ver-
fchollen war, vor wenigen Jahren wieder auftauchte und vom Hamburger Kunftgewerbe-
Mufeum erworben wurde. Diefen Schüffeln fchließt fleh nun als fechfte die kürzlich
vom Troppauer Mufeum aus einem kleinen Töpferhaus zu Hoßenploß erworbene, mit
dem Bruftbilde eines gewappneten Herrfchers an. Ferner gibt es eine fiebente reliefierte
Schüffel mit dem Hohenzollernwappen, welche Baron Lanna (Äuktionskatalog Berlin
1909, Nr. 618) befeffen hatte und die vor wenigen Wochen gleichfalls das Troppauer
Mufeum aus dem deutfehen Kunfthandel an fleh ziehen konnte; endlich exiftieren
Krüge und Wafferblafen, welche diefen Schüffeln verwandt find. Es ift hier nicht der
Ort, diefe Zufammengehörigkeit zu beweifen; fie erfordert eine breitere Unterfuchung,
welche ich anderen Orts geben werde. Es ift nur wichtig, zu betonen, daß fleh in
Schlefien in einer größeren Stadt eine führende Hafnerwerkftätte befunden haben muß,
in der man folche buntglafierte Stücke herftellte. Ferner läßt fleh jeßt feftftellen, daß
wohl von diefem Zentrum aus die Technik in anderen Hafnerbetrieben Schlefiens Auf-
nahme fand. Soweit die Schüffeln und das Breslauer Waffergefäß, die zu der Haupt-
gruppe gehören, datiert find, läßt fleh die Blütezeit derfelben für die Jahre 1553 und
1554 feftlegen. Die Stadt, in der diefe führende Hafnerei beftanden hat, kann ich
heute noch nicht mit Beftimmtheit nennen, doch fcheinen mir in erfter Linie neben
Breslau noch Neiße und Brieg in Betracht zu kommen. Beinahe ein halbes Jahr-
hundert fpäter find zwei Schüffeln anzufeßen, von denen die eine des Breslauer
Mufeums (Masner Nr. 5) das Datum 1612 trägt, während die hier farbig abgebildete
Troppauer Schüffel aus hiftorifchen Gründen wohl um 1595 entftanden ift.

Wir müffen annehmen, daß die Schöpfer derfelben während ihrer Wanderfchaft in
der führenden Werkftätte die neue Technik erlernten und dann, als fie das Meifterrecht
in ihrer fpäteren Zunft erwarben, die Schüffeln als befonders wertvolle Arbeiten auf-
geführt haben. Als Gebrauchsware dienten diefelben wohl nicht, ich habe das Gefühl

Der Cicerone, VI. Jahrg., 1. Heft. 1

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