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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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9. Heft
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Bangel, Rudolf: Umgestaltungen und Neuerwerbungen in der kgl. Gemäldegalerie im Haag
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0345

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UMGESTALTUNGEN UND NEUERWER-
BUNGEN IN DER KGL. GEMÄLDEGALERIE

IM HAAG Mit 5 Abbildungen / Von HUDOLF BANGEL

Schon [eit geraumer Zeit befand der Plan, das Koninklijk Kabinet van Schilderten
(Mauritshuis) im Haag im Inneren [o einzurichten, daß eine für die Gemälde noch
beffer paffende, vornehmere Umgebung gefchaffen und daneben die Innenarchitektur
mehr zu ihrem Rechte kommen würde. Vor einigen Jahren wurden dem Direktor,
Prof. Martin, die nötigen Geldmittel zugebilligt, fo daß unter Leitung des Reichsbau-
meifters D. F. C. Knüttel die Arbeiten in Veftibülen, Treppen und allen Sälen in An-
griff genommen werden konnten.

Nach dem Brand von 1704 war das Innere des Gebäudes im Stil Ludwigs XIV.
wiederhergeftellt worden; 1718 kamen die Reftaurationsarbeiten zum Abfchluß. Alles
Holzwerk an Türen, Fenftern, Fenfterbänken, Lamperien und Kaminbekleidungen wurde
in Eichenholz ausgeführt und dann geftrichen, grün mit gold, in einigen Räumen weiß
mit gold. Im 19. Jahrhundert, vermutlich bei der Wiederherftellung von 1821, hat man
viel von den Verzierungen abgetragen, u. a. beinahe die ganze Lamperie im großen
Potterfaal an der Vijverfeite. Hie und da erfetjte man das Eichenholz durch Tannen-
holz. Daneben entfernte man alle Kaminbekleidungen im Oberftock, und auch die
Decke im Potterfaal mußte weichen. Bevor der Zuftand erreicht wurde, der dem
Gegenwärtigen vorausging, waren überall Empireverzierungen in Stuck angebracht
worden, deren Spuren man beim Umbau von 1911 noch vorfand.

Beim Einrichten des Gebäudes zum Mufeum war das Verftändigfte getan worden,
was unter den gegebenen Umftänden möglich war, um einen Innenraum zu erhalten,
in dem die Gemälde nach Gebühr zu ihrem Rechte kämen: man hat alles Holzwerk
mit Eichenholzfarbe angeftrichen, damit keine grünen Lamperien oder Fenfterluken den
Bildern fchadeten. Leider wurden dann aber auch die meiften Decken und das wunder-
bare Stückwerk einiger Kaminmäntel braun oder braun mit grau gefärbt. So ward
fchließlich das Wenige, das noch an den Zuftand von 1718 erinnerte, völlig in den
Hintergrund gedrängt.

Als nun im Jahre 1910 an eine durchgreifende Reftaurierung gedacht werden konnte,
fah fich Dr. Martin der Schwierigkeit gegenüber, daß das ftets ftreng durchgeführte
Prinzip, die Architektur nirgends ftärker als die Bilder fprechen zu laffen, auch jefet
mit allen Mitteln gewahrt bleiben mußte, fo daß eine „ftilgerechte“ Neuausftatlung
demzufolge nicht an allen Stellen möglich war. Mit vollem Bewußtfein mußte an dem
beftehenden Holzwerk gefündigt werden, das dazu angefertigt war, um geftrichen
zu werden. Da die meiften Bilder keine farbige Umgebung vertragen können, und
das mit Eichenholzfarbe gefärbte Eichenholz einen dumpfen Eindruck macht, war Ab-
laugen und Wachfen der einzige Ausweg, der auch den großen Vorteil bietet, daß da-
durch ein ftimmungsvolles, äußerft vornehmes Ganze erreicht wird. Im Veftibül konnte
man wohl Fenfter, Türen und Treppe aufs neue grün mit gold ftreichen, aber dann
hätte das grüne Treppengeländer oben in dem Treppenfaal nicht allein dort mißfallen,
fondern auch in den darauf hinausgehenden Räumen einen unharmonifchen Eindruck
hervorgebracht. Aus demfelben Grunde konnte auch der urfprüngliche Plan, das
Holzwerk in den kleinen Zimmern neben dem Potterfaal grün mit gold oder weiß mit
gold anzuftreichen, nicht ausgeführt werden. Auch würden die ftets geöffneten Türen
diefer Räume durch ihre Farben den Bildern in dem großen Saal gefchadet haben, und

Der Cicerone, VI. Jahrg., 9. Heft. 23

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