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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0157

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AUSSTELLUNGEN

AUSSTELLUNGEN

AMSTERDAM Bei SCHÜLLER & EISEN-
LOEFFEL ift eine Sammlung Radierungen und
Lithographien ausländifcher Künftler zu
fehen. Felix Buhot, Rodolphe Bresdin, Äug.
Lepere, Lumsden, Menpes, Anders Zorn
find mehr oder weniger vollftändig vertreten,
verfchieden in Äuffaffung und individueller Tech-
nik, die jeden von ihnen zu einer charakteriftifdien
Erfcheinung ftempelt.

In dem lebten Saal ift ein Interieur des kurz
verftorbenen Albert Neuhugs (Häusliches Leid)
ausgeftellt, das den Kün|tler in einem feiner
vollendeten Werke kennen lernen läßt. Es
ftammt in erfter Linie von den holländifchen
Genremalern des 17. Jahrhunderts ab und dar-
unter von den größten. Ein Bild von packender
Innigkeit bei größter Einfachheit, von einheit-
licher Kompofitionsanlage und von feltfamer
Gefühlstiefe in Malweife und Farben. Echt hol-
ländifch ift der fchmucklofe Realismus, — die
Geftalten find völlig der Wirklichkeit entnommen
—, aber er ift durch die Kunft geweiht und aus
der Älltagsfphäre herausgehoben. R. B.

BERLIN In der BIBLIOTHEK DES KÖNIGL.
KUNSTGEWERBE-MUSEUMS ift eine Samm-
lung künftlerifcher Photographien aus-
geftellt, die der Maler und Fachfchriftfteller
F. Matthies-Mafuren in Halle a. S. als wertvollen
Grundftock für eine kunftphotographifche Samm-
lung der Bibliothek überwiefen hat. Aus England,
Amerika, Öfterreich, Deutfchland und anderen
Ländern find mit Landfchaften, Bildniffen und
Genrebildern vorwiegend die Künftler und Kunft-
freunde vertreten, die der neuen Bewegung in
ihren Anfängen die Bahn gebrochen und neue
Wege für Aufnahme und technifche Wiedergabe
gezeigt haben. Die neuefte Entwicklung der
einzelnen Gebiete beabfichtigt die Bibliothek
fpäter durch befondere Sammlungen und Aus-
heilungen vorzuführen.

* *

*

Auch der eben erfcheinende Katalog der
CASSIRERfchen Magnasco - Äusftellung (die
übrigens inzwifchen gefchloffen worden ift)
bringt nicht die erhoffte Aufklärung über die
Entwicklung des Künftlers. Datiert ift nur
ein Bild der mittleren Zeit, ein zweites läßt
fich mit einiger Sicherheit datieren, aber im
übrigen bringen die wenigen vorhandenen
Urkunden mehr für die Zufchreibung als für
die Datierung der Bilder bei. Im allgemeinen
fcheint der Verlauf der gewefen zu fein, daß
zuerft die farbig reicheren, in der Faktur ge-
fdtloffeneren Bilder entftanden, und daß das

Ende jene mehr monochromen, ekftatifch zucken-
den, ftark gelockerten Kompofitionen gewefen
pnd. Jedenfalls ift es das Verdienft diefer Äus-
ftellung gewefen, die Änfchauung von der Kunft
Magnascos erweitert zu haben, die man fich bis-
her aus den Dresdener vier Bildern und aus den
in italienifchen Galerien zerftreuten Bildern zu-
fammenfuchen mußte. Man muß alfo feine Än-
fchauung von der Kunft Magnascos revidieren,
foweit man bisher eine hatte. Aber man hat
keinen neuen Großen kennen gelernt, wenn er
auch intereffanter ift, als man bisher dachte. In
feinen frühen und manchen mittleren Bildern
hat er eine reiche Tonigkeit, eine gute Valeur-
malerei, aber dicht neben folchen Stellen ftehen
andere von einer peinlichen Trockenheit. Auch
die zuckende, an fpanifches ebenfowie an Rofa
erinnernde Lebendigkeit feiner Formen erftarrt
manchmal zum Schema und zum Schnörkel. Er
war eben doch, allen Proteften zum Troß, in
feiner leßten Zeit Manierift, verführt durch fein
fouveränes, aber gerade im Barock keineswegs
unerhörtes Können. Daß man nun alles diefes
überhaupt fagen kann, ift freilich erft durch
diefe Äusftellung möglich geworden, und fo
wollen wir dem Salon Caffirer und Dr. Benr.o
Geiger dankbar fein, die zudem durch einen
Monumentalkatalog, der alle Bilder und die
Dokumente über Magnasco nebft der Rattifchen
Magnascobiographie von 1769 enthält, die Re-
fultate diefer Äusftellung für die Kunftgefchichte
feftgehalten haben.

* *

*

Die NEUE GALERIE (Teilt das Werk Julius
Pascins aus, und man ift erftaunt, welchen un-
erfchöpflichen Vorrat an Reiz und Feinheit diefe
mehr als hundert Stücke bergen. Diefer Balkanier,
der feine Laufbahn als deutfcher Wißblattzeichner
begann, ift doch durch und durch Franzofe, und
feine nächften Verwandten find Degas, vielleicht
noch mehr Watteau. Auch er ift ein Roman-
tiker, und man braucht nur feine Farben, das
Schwelgen in raffinierten und zarten Harmonien
zu fehen, um zu erkennen, daß alle pfychologifche
und konftatierende Sachlichkeit erft in zweiter
Reihe kommt. Was den Wert diefes Werkes
ausmacht, das ift die vollendete malerifche Kultur,
die Kraft der organifchen Durchbildung und die
freie künftlerifche Unbefangenheit, die den Künft-
ler nie verläßt. Diefe Kunft ift wirklich vom
Motiv erlöft worden, und für jeden, der über-
haupt imftande ift, feine künftlerifchen Genüffe
vom Stoff unabhängig zu machen, muß fie eine
nie verßegende Quelle des Genußes fein.

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