Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:
Personalien
DOI Artikel:
Vermischtes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PERSONALIEN o VERMISCHTES

nahm er aktiven Änteil an den Vorgängen der
Revolutionsjahre 1848 und 1849 und wurde 1860
nach dem Falle des neapolitanifchen Königreiches
von feiner Vaterftadt Cotrone in das Turiner
Parlament gefandt, in dem er trog feiner Jugend
bald eines der angefehenften Mitglieder und in
die widitigften Äusfdiüffe gewählt wurde. Mit
dem Parlamente überfiedelte er nach Florenz
und 1870 nadi Rom. Hier begann er, nachdem
er fich fchon früher in mehr als dilettantifcher
Weife mit orientalifcher und fpeziell ägyptifcher
Archäologie befchäftigt hatte, griechifche und
römifche Skulpturen zu fammeln. Seine Samm-
lung wurde bald berühmt und wuchs weit über
die Grenzen einer Privatkollektion. Im Jahre 1886
wurde er Senator und nahm feinen Plag auf
der Rechten. 1893 publizierte er als Feftgabe
zur Silberhochzeit des italienifchen Königspaares
feine Sammlung in einer bei Bruckmann er-
fchienenen Prachtausgabe, deren Text zu den
orientallfchen Antiken er felbft fchrieb, während
Helbig die klaffifchen Skulpturen erklärte. 1903
fchenkte er feine ganze Sammlung der Stadt
Rom und ließ außerdem auf feine Koften auf
einem von der Stadtgemeinde ihm zur Ver-
fügung geteilten Terrain vom römifchen Archi-
tekten Koch ein kleines, klaffifch ftilgetreues
Mufeum erbauen, das im Jahre 1905 inauguriert
wurde. Rom ernannte ihn dafür zum Ehren-
bürger. Man kann ruhig fagen, daß diefes
kleine Mufeum durch die gerade in Italien außer-
gewöhnlich fkrupulöfe Auswahl und die foignierte
Aufteilung der Objekte als Prototyp eines Mu-
feums gelten kann. Seit 1905 vermehrte Bar-
racco die Sammlung um eine Reihe vortrefflicher
orientalifcher und klaffifcher Skulpturen und
brachte auch feine Bibliothek dort unter. Hier
mögen diefe kurzen Notizen genügen, die nur
in großen Zügen das reich ausgefüllte Leben
Barraccos fchildern. DerVerfaffer diefer Zeilen,
der das Glück hatte, in den legten fünfzehn
Jahren von ihm einer intimen Freundfchaft ge-
würdigt zu werden, wird an anderer Stelle und
in ausführlicher Weife verfuchen, das Leben
diefes nach allen Richtungen hin ausgezeichneten
und feltenen Mannes zu befchreiben.

ÄuguftoCaftellani war in Rom im Jahre 1828
als Sohn eines Goldfchmiedes geboren und bis
zu feinem Ende nannte er, dem man die Re-
naiffance der etruskifchen und römifchen Gold-
fchmiedekunft verdankt, befcheiden fich ftets
immer nur „orafo“. Mit feinem älteren Bruder,
dem bekannten großen Antiquare Aleffandro,
war er als im Gerüche liberaler Parteinahme
ftehend in der legten Zeit des päpftlichen Roms
ftark verdächtig. Nach der Einnahme Roms am
20. September 1870 wurde er vom General Ca-

dorna in den proviforifchen Stadtrat berufen.
Er blieb in der ftädtifchen Vertretung und hatte
durch faft vierzig Jahre das Ehrenamt eines Di-
rektors der ftädtifchen Sammlungen inne, denen
er eine Reihe vortrefflicher Antiken fchenkte. So
kamen durch ihn die fog. Tenfa Capitolina, das
bifellium, der große Maecenaskopf und die ganze
Vafenfammlung in den Konfervatorenpalaft. ln
feinem ftadtbekannten, roten palazzo an der
Fontana Trevi zeigte der bis in die legten Tage
überaus rüftige alte Herr mit Freuden feine
prächtige reiche Privatfammlung, die nun wahr-
fcheinlich auch als Legat in ftädtifchen Befig
übergehen wird. Ludwig Pollak.

VENEDIG Im Älter von 80 Jahren ftarb in
feiner Vaterftadt Venedig der Maler Antonio
Paoletti. Zugleich mit Luigi Papni, Antonio
Rotta und Guglielmo Stella war er einer der
Erneuerer der Richtung der Venezianer Malerei,
die aus dem täglichen Leben Italiens ihre Vor-
würfe entlehnte. W. B.

VERMISCHTES

EINE NEUE ERKLÄRUNG FÜR

RÄFFÄELS „DISPUTÄ“ Man ift

fich darüber einig, daß die Bezeichnung „Dis-
puta“ für Raffaels Fresko in der „Stanza della
Segnatura“ des Vatikans auf einem Irrtum be-
ruht. Obgleich man das längft eingefehen hat,
wird diefe Bezeichnung, die bereits gegen Ende
des 17. Jahrhunderts vorkommt, wohl populär
bleiben. Es handelt pch um keinen Streit über
das Ältarfakrament oder über die Transfubftan-
tiation, fondern „Himmel und Erde vereinigen
pch in der Verherrlichung der höchften Wunder-
tat des Erlöfers“. Dies ift die Erklärung Paftors,
deffen Ausführungen im dritten Bande feiner
Gefchichte der Päpfte für die Erklärung des
Freskobildes infofern von Bedeutung find, als
pe die früheren Forfchungsergebniffe zufammen-
faffen und in wichtigen Punkten ergänzen.

Jegt tritt ein gelehrter Franziskanermönch,
Pater Remigius Boving, mit einer neuen Er-
klärung auf den Plan. Da Raffael felbft nicht
theologifche Kenntniffe genug befaß, um eine
folche beziehungsreiche Darftellung aus dem Ge-
biete der Religion zu liefern, fo wird man an-
nehmen dürfen, daß Männer der theologifchen
Wiffenfchaft ihm die Grundideen vermittelten.
Der Auftraggeber, Papft Julius II., war bekannt-
lich ein Nepot des Franziskanerpapftes Sixtus IV.
und felbft aus dem Orden hervorgegangen, dem
er bis an fein Lebensende einen hingebenden
Kultus widmete. Ein Vetter des Auftraggebers,

98
 
Annotationen