Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

DOI issue:
16. Heft
DOI article:
Zoege von Manteuffel, Kurt: Eine Fayencefabrik des 18. Jahrhunderts in Reval
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0591

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
EINE FAYENCEFÄBRIK DES 18, JAHR-
HUNDERTS IN REVAL Von K. ZOEGE v. MÄNTEUFFEL

Mit 17 Abbildungen und einer Markentafel

Friedrich Jaennicke erwähnt in feinem „Grundriß der Keramik“ eine Fayencefabrik
in Reval. Was er bringt, ift eine kurze Notiz, die unter den wenigen Mitteilungen
fteht, die er über ruffifche Fayencefabriken des 18. Jahrhunderts zu machen weiß. Er
fagt nur, daß „ein mit deutfchen Arbeitern betriebenes Etabliffement in Reval“ beftand.1
Woher er diefe Nachricht fchöpfte, wird [ich fchwerlich mehr feftftellen laffen; es wäre
aber möglich, daß fie auf ein ftatiftifch-geographifches Werk zurückgeht, das 1807 in
Moskau unter dem Titel „Ein Bild Russlands“ erfchien und das die ältefte bisher be-
kannte literarifche Erwähnung der Revaler Fabrik enthält.2 3 Seit Jaennicke hat bis in
die leßten Jahre niemand den Verfuch gemacht, Näheres über die Fabrik zu erfahren.
Wir werden aber fehen, daß die Nachricht bei Jaennicke trotj aller Kürze zuverläffig
war. ln Reval wurden in den lebten Jahren verfchiedene Arbeiten aus Fayence be-
kannt, die die Marke „Reval Fick“ tragen und ihrem Stil nach der Mitte oder zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts angehören müffen. In den Starye Gody erfchien 1910 ein
Artikel, der zuerft auf diefe Arbeiten hinwies.;! Dann wurden auf dem zweiten balti-
fchen Hiftorikertag in Reval 1912 einige Stücke vorgelegt.4 Endlich publizierte Dr.
W. Neumann in der Kunftbeilage des Rigaer Tageblattes zwei Urkunden über den
Begründer der Fabrik und einige Bemerkungen über ihre Erzeugniffe.5 Im folgenden
foll noch eine Reihe weiterer urkundlicher Nachrichten mitgeteilt und eine größere Zahl
von Fayencearbeiten befprochen werden.

Die noch nachweisbaren Arbeiten der Revaler Fayencefabrik befinden fich zum größten
Teil als altererbter Familienbefit) in den Händen der Nachkommen des Begründers der
Fabrik. Die Familie der Fick ift feit 150 Jahren in Reval anfäffig und hat eine Reihe von
Apothekern, Ärzten und Pfarrern hervorgebracht.6 Seit ihrer Niederlaffung in diefer
Stadt ift fie im Befitj einer Apotheke, die jeweils vom Vater auf den Sohn vererbt
wurde und nodi heute von einem Mitglied der Familie betrieben wird. Der Stamm-
vater der Familie in Reval ift Carl Chriftian Fick. Carl Chriftian wurde am 24. No-

1 Fr. Jaennicke, Grundriß der Keramik, 1879, p. 646.

2 „Kaprana PocciH, H30ÖpaHcaioinaH IlcTopiio n Feorpacjnio, XpoHOJiornaecKn, [’eneajiornuecKii
h CTaTiicTHCKH coBKjnoieuieMi, o6o3pknia no flyxoBHoft, Boeimoft h rpaac^aHcitoä es 'lacTSM't“

(Ein Bild Rußlands, die Gefchidite und Geographie, chronologifdi, genealogifch und ftatiftifdi dar-
stellend, mit Einfchluß einer Überficht über feine geiftlichen, militärifdien und Zivilrefforts). Moskau
1807. Die in Betracht kommende Stelle ift in den „Starye Gody“, Novemberheft 1910, p. 38 wieder-
abgedruckt. Von der Revaler Fabrik wird mitgeteilt: „Was aber die Revaler Fayence-Manufaktur
anlangt, fo verfertigt fie fehr gutes Gefchirr.“ Daß die im folgenden zu befprechende Revaler
Fabrik 1807 nicht mehr beftand, wird fich im Laufe der Unterfuchung ergeben. Troßdem kann
die erwähnte Stelle fich auf diefe Fabrik beziehen, da eine zweite Gründung in diefer Zeit fehr
unwahrfcheinlich ift.

3 Starye Gody, Novemberheft 1910.

4 Jahresbericht der Eftländifchen Literarifchen Gefellfchaft für das Gefchäftsjahr 1911/12, Reval,
Buchdruckerei der Revalfchen Zeitung 1913.

5 Kunftbeilage des Rigaer Tageblatts, Januar 1911, p. 1—3.

6 Die folgenden Mitteilungen beruhen, foweit fie nicht urkundlich belegt find, auf den Auf-
zeichnungen des Paftor emer. Max Fick in Reval, eines Urenkels Carl Chriftian Ficks, der die ihm
von feinem Vater und feinem Großvater überlieferten familiengefchichtlichen Daten zu einer Chronik
zufammengeftellt hat. Er geftattete mir freundlichft, Einblick in diefe Blätter zu nehmen.

559
 
Annotationen