Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (6.1914)

AUSSTELLUNGEN o ENTDECKUNGEN UND FUNDE ° PERSONALIEN

die Künftler entwerfen; denn dieKünftler follen
dodi gerade die Notwendigkeitsbeziehungen der
einzelnen Linien, Flächen und Farben im Innen-
raum klarftellen und ihre ordnende Hand foll
jedem Ding feinen Plaß anweifen. Das aber
vermiffen wir in diefen Räumen. In den Zim-
mern von Gallerey, Majorelle, Rapin und Sel-
mersheim find obendrein die Möbel mit vielen
Ornamenten und Schnörkeln verfehlen, die weder
den Zweck betonen, noch in ihrer mageren
Linienführung Grazie oder üppigen Reichtum
vorfpiegeln, wohl aber den Gefamteindruck be-
unruhigen. Nach den fchönen Änfäßen, die das
franzöfifche Kunftgewerbe feit fünf Jahren ge-
nommen hat, darf man diefe flusftellung hoffent-
lich nur als ein zufälliges Mißlingen auffaffen.

O. G.

WIEN Die SEZESSION veranftaltete auch in
diefem Jahre eine flusftellung der „jungen
Künftlerfchaft Öfterreichs“, über die noch
berichtet werden foll.

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In der Galerie MIETHKE findet gegenwärtig
eine flusftellung von 57 W erken PabloPicaffos
ftatt, die einen überaus inftruktiven Einblick in
den raftlofen Entwicklungsgang des Begründers
des „Kubismus“ ermöglicht.

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In den Räumen der „Vereinigung bildender
Künftlerinnen Öfterreichs“ veranftalten die kroa-
tifche Malerin Nafta Rojc und die kroatifche
Bildhauerin Mila Wodfedalek Kollektivaus-
ftellungen; gleichzeitig gelangen altkroatifche
Nationalftickereien zur flusftellung. r.

ZÜRICH Die Märzausftellung im KUNST-
HAUS enthält einen Saal mit Gemälden und
Lithographien des Franzofen Odilon Redon,
Frauenbildniffe und Stilleben des Dresdeners
Hans Unger und befonders mehr als 150 Bilder,
Zeichnungen und Radierungen des Genfers
Edouard Vallet. Berta Bär hat Stickereien aus-
geftellt. Gleichzeitig findet in zwei Sälen die
Vorausftellung der graphifchen Werke fchwei-
zerifcher Künftler ftatt, die kürzlich durch die
Schweizerifche Kunftkommiffion für die Inter-
nationale flusftellung für Graphik und Bild in
Leipzig ausgewählt wurden. J. C.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

ENKHUIZEN Bei der Entfernung des fln-
ftriches im Innern der Zuider- oder St. Pancras-
kerk legte man in der Chorapfis fünf Wand-
gemälde religiöfen Inhaltes frei, von denen
das mittelfte, das Chriftus auf der Weltkugel
zeigt, das fchönfte ift. Die Farblage wurde fchon

im Jahre 1609 nicht nur auf die Wand- fondern
auch die Deckengemälde aufgetragen. Die
Kirche felbft befteht feit dem Beginn des 15.
Jahrhunderts. Sie war ehemals mit gemalten
Glasfenftern, mit Wand- und Deckengemälden
gefchmückt, die nach den Aufzeichnungen von
Jan Simonz. Blaeuhulck fo vortrefflich ausge-
führt worden waren, daß dem Künftler „von
Stadt wegen eine beftimmte Pfründe oder ein
ficheres Einkommen zugeftanden wurde, wovon
er ehrlich leben und fein Haus unterhalten könnte“.
Der neuefte, erft vor einigen Tagen gemachte
Fund ift vielleicht von größter Bedeutung. Auf
einem der Kragfteine im füdlichen Seitenfchiff
entdeckte man den Namen: H. Reik. Sollte
diefer der des langgefuchten Künftlers fein, der
1480 die Kirche ausgemalt hat? R. B.

PÄRIS Im Musee Jacquemart-Andre, das
kürzlich eröffnet wurde, hat Luca Beltrami das
erfte Werk Bernardino Luinis wiedergefun-
den, eine Madonna mit der Auffchrift: „Ber-
nardin mediolaneus faciebat MDVII“, die bis
1872 in der venezianifchen Sammlung Manfrin
war und feither fpurlos verfchwunden zu fein
fchien.

PERSONALIEN

AMSTERDAM Im Alter von 64 Jahren ift
hier der bekannte Münzenkenner J. Schulman
geftorben. Infolge feiner ausgedehnten Be-
ziehungen war ihm mancher Verkauf von Mün-
zenfammlungen übertragen worden, ich erwähne
nur die Auktionen Vondft, flmersfoort (1894),
Bergfoe (1903), White-King (1904), J. dos Santos
(1906), Meils (1910), da Silva (1911), Salbach
(1911) und le Ma'itre (1913), die bleibenden nu-
mismatifchen Wert hatten. Schulman, der felbft
eine der belangreichften Sammlungen nieder-
ländifcher Kolonialmünzen befaß, war Mitglied
der bedeutendften ausländifchen numismatifchen
Vereinigungen. R. B.

BASEL Der Profeffor der KunftgeTchichte an
hießger Univerßtät, Dr. Ernft Heidrich, ift als
Nachfolger Dehios nach Straßburg berufen worden.

BREMEN Zum Nachfolger Paulis an derKunft-
halle wurde einftimmig Dr. Emil Waldmann
gewählt. Waldmann ift geborener Bremer, war
mehrere Jahre, 1908—1911, Paulis flffiftent, unter-
nahm darauf Studienreifen nach Griechenland,
Paris und Italien. Seit dem April 1913 ift er
Direktor der Sekundogenitur-Bibliothek in Dres-
den. Von feinen größeren Publikationen ift zu-
nächft der große bei Bruno Caffirer erfchienene

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