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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 20/21
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0656

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AUSSTELLUNGEN

tersburg gefchafft haben. Die vom Grafen Offo-
lifiski 1817 gegründete Sammlung befaß eine
großartige Bibliothek mit 500000 Bänden, Hand-
fchriften und Autogramme, und in der Bilder-
galerie u. a. Gemälde von Raffael, Tintoretto,
Canaletto, Matejko.

ÄUS STELLUNG EN

AMSTERDAM ARTI ET AMICITIAE. Der
Krieg wird das Urteil über viele Dinge ändern,
auch in der Kunft! Man wird gewiffen Erfchei-
nungen anders gegenüberftehen, manches milder,
manches ftrenger beurteilen. Je weiter wir fchrei-
ten, defto weniger werden wir bei dem Alther-
gebrachten ftehen bleiben, fpontane Lebenskräfte
der Nationen werden fich frifche Bahn brechen
und alles Konventionelle aus dem Wege räumen.
Denn allein der Befiß von gefunder Lebenskraft
bürgt für die Entwicklung einer fruchtbringenden
Zukunft, während vom Alten nur das ange-
nommen werden wird, was nüßliche Traditionen
als wertvoll bleibend erkannt haben. — So ift
auch auf der Ärti-Äusftellung vieles zu fehen,
worüber man ftaunt, daß die Künftler annehmen,
man könne in diefer ernften Zeit noch Intereffe
dafür faßen. Aber auch vom Guten, Lebens-
kräftigen find unverkennbare Ziele vorhanden.
So Piet van der Hems Frauen von der „Plaza
de Toros“, eine Zeichnung in Schwarz und Weiß
mit etwas Rot, Gelb und Grün. Drei Damen find
dargeftellt. Eine in Schwarz mit fdiwarzem
Spißentuch über den Kopf; die beiden anderen
mit weißen Fichus über Kopf und Schultern,
Blumen an der Bruft. Im Hintergrund, in gelbem
Gewand, die unnachahmliche eigenartige Geftalt
eines Stierkämpfers. Das Ganze von ausgezeich-
neter Wiedergabe. Van der Hem ift geborener
Holländer und zuleßt mit prächtigen Arbeiten
hervorgetreten, die in Holland unter fpanifchem
Einßuß entftanden. Nun hat er Spanien felbft
bereift, und man wird bei feinem ganz außer-
ordentlichen Talent noch Hervorragendes von
ihm erwarten dürfen. — Auch Gerdes zeigt fich
mit feiner „Frau“ in beftem Lichte. Nicht weniger
Tholen mit einer innig und warm empfundenen
„Abendftimmung“. Prächtig ift auch Breitner
mit dem älteren Aquarell eines „Negers“, Bauer
mit „tanzenden Derwifchen“ und einer feinen
volltönenden Zeichnung der jeßt fo viel genannten
„Kathedrale von Reims“, Dyffelhof mit ganz
einzigartig aufgefaßten „Fifchen“ vertreten.
Außergewöhnlich find die Porträts der begabten
Bildnismalerin Lizzg Anfingh; gut in diefer
Art ift auch der „Cathechifeermeefter“ von Ga-
brielfe, bildmäßig das „Märchen“ von Edz.

Koning, Kinder im Schneetreiben, eigenartig
mit ihren blonden Tönen eine „Waldlandfchaft“
von Joh. Viaanderen, apart eine ganze Gruppe
„Difteln“ von H. F. Bloot. R. B.

BERLIN Das Kunftausftellungswefen bepndet
fich in einer ziemlich fchwierigen Lage. Wer
fich im Intereffe der bildenden Künftler entfchloß,
die Arbeit weiter zu führen, fieht fich bei der
Materialbefchaffung allenthalben behindert. Die
Künftler ftehen im Felde, oder find doch nicht
in der Lage und Stimmung, ruhig fortzuarbeiten,
die Transporte find erfchwert, und auf Werke
ausländifcher Künftler zurüdezugreifen, wenn
folche erhältlich find, fcheint wenig ratfam. Eine
übelverftandene Vaterlandsliebe will mit der
Zugänglichmachung ausländifcher Kunftwerke um
jeden Preis aufräumen, und macht dabei, mangels
genügender Kenntnis, keinerlei Unterfchiede nach
Qualität und Staatsangehörigkeit. Es lohnte
wohl einmal eine gründliche Unterfuchung über
unfer Verhältnis zur fremden Kunft anzuftellen,
wie es der Krieg geftaltet hat. Das mag an
anderer Stelle gefchehen. Hier foll nur von den
Fragen die Rede fein, foweit fie durch die gegen-
wärtigen Ausheilungen in Berlin berührt werden.

Es wird augenblicklich niemand einfallen, eine
Kollektivausftellung ruffifcher Malerei zu ver-
anftalten. Aber es ift nicht recht einzufehen,
weshalb uns der Salon SCHULTE nicht mit den
merkwürdigen Spaniern, den Brüdern Ramon
und Valentin Zubiaurre hätte bekannt machen
follen. Beide, namentlich aber Valentin, hinter-
laffen einen ftarken Eindruck, von dem man pch
jedoch klar fein muß, daß er nur zum Teil auf
rein künftlerifehen Wirkungen beruht. Es ift zum
Verftändnis der Bilder beider Brüder unbedingt
notwendig, zu wiffen, daß beide taubftumm pnd.
Nur von da aus läßt pch die eigenartige Ge-
fpanntheit der Figuren begreifen. Für beide
Maler pnd Gebärden und Mienen die einzigen
Mittel, durch die fich die Außenwelt mit ihnen
verftändigt. So begreip man, daß die Gebärde
(und alfo auf die Gefamtkompofition übertragen,
die Körper als Liniengerüft der Gruppen) und
das Mienenfpiel eine Zufpitjung erfahren, die
fie manchmal an die Grenze treibt, wo die
Grimaffe anfängt. Wo diefe Übertreibung weg-
fällt, wie in den manchmal recht guten Bild-
niffen, herrfcht doch eine übertriebene Spannung
des Ausdrucks, neben der es doppelt auffällt,
daß die Einzelformen des Körpers und nament-
lich des Gepchts weder nach der Funktion noch
nach der Flächenbehandlung befonders park er-
faßt pnd. Bei jugendlichen Köpfen führen diefe
Eigenarten eine faft tierhap melancholifcheSchön-
heit herbei, aus den Alten machen pe, unter-

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