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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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3. Heft
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0123

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ENTDECKUNGEN UND FUNDE ° PERSONALIEN

imFelfen tot, die andere gliedert [ich in zweiÄrme,
von denen der eine fchneckenartig nach Often
geht, während der andere, geradelaufende, fich
mehr nach Süden wendet. Beide Arme aber
finden fichzufammen in einer zweiten fünf Meter
hohen, kuppelartig gewölbten Felsgrotte, die
wiederum in der Mitte einen Schacht hat.

Der Mundus war beftimmt, das Saatkorn Roms
zu bewahren, und die Vermutung liegt nahe,
daß diefe unterirdifchen Felsgrotten als Korn-
fpeidier gedient haben. Nur dreimal im Jahr
wurde der Mundus geöffnet: Im Äuguft bei den
Erntefeften — die in Rom durch Wettrennen
gefeiert wurden — und im Oktober und No-
vember, um dann den Tiefen der Erde das Saat-
korn zu entnehmen, das in diefen Monaten ge-
fät werden mußte. Pluto und Proferpina, den
Göttern derUnterwelt, war der „Mundus“ geweiht,
den man auch „Ianua orci“ oder „Faux Plu-
tonis“ genannt hat. Ängefichts der fdiauervollen
Tiefen, in die diefe Schächte tatfädilich hinab-
führen, ift foldi Ausdruck allerdings verftändlich.
Denn es ift fdiwer, fich eine Vorftellung von
der Ausdehnung und der wahrhaft erhabenen
Struktur diefer Souterrains zu machen, die ein
vieltaufendjähriges Schweigen erfüllt, das man
nicht zu ftören wagt.

Seit der Aufdeckung des lapis niger ift wohl
in Rom keine bedeutfamere Entdeckung gemacht
worden. Und wie damals, fo wird auch diesmal
wieder der Widerftreit der Meinungen der römi-
fchen Topographen hart aufeinanderplaßen. Es
hat aber fchon jeßt den Änfchein, daß es dem
genialen römifchen Archäologen gelingen wird,
auch diesmal feine Entdeckung vor der Welt zu
erhärten und allgemein anerkannt zu fehen.

E. St.

MIDDELBURG Vor einiger Zeit wurden in
einem Saale des Gerichtsgebäudes, welches Eigen-
tum der Provinz Zeeland ift, beim Renovieren
der Wände unter einer dicken Schicht von Ta-
peten einige Wandgemälde entdeckt, die nicht
ohne künftlerifchen Wert find. In einem anderen
Raume follen die Wandmalereien über Tür und
Kamin wiederhergeftellt werden, um diefe wun-
dervollen Kunftwerke vor gänzlichem Untergange
zu bewahren. R. B.

OSNABRÜCK Während der Wiederher-
ftellung der Silvefterkirche in Quakenbrück, die
der Architekt Prof. Emil Högg aus Dresden leitete,
fanden fich unter der Tünche der Wände und
Gewölbe fpätgotifche Malereien in fo gutem
Erhaltungszuftande, daß fie leicht wiederher-
geftellt werden können. Wie eine aufgedeckte
Infchrift angibt, ftammen die Malereien aus dem

Jahre 1470. Stiliftifch find fie den Malereien
der Marienkirche in Osnabrück fo ähnlich, daß
derfelbe Meifter auch hier gearbeitet haben
dürfte. Die Dekorationen der Gewölbe zeigen
fpätgotifches Rankenwerk, in den Zwickeln hoch-
fteigend, die Rippen begleitend und die Schluß-
steine einfaffend, in Braunrot, Schwarz und Grün
gehalten und mit hohem künftlerifchen Feingefühl
in Zeichnung und Verteilung. An der Seiten-
wand des Längsfchiffes wurde eine Ölberg-
darftellung mit überlebensgroßen Figuren frei-
gelegt, die man von der Wand abgelöft hat,
um fie an geeigneter Stelle wieder anzubringen.
Die Inftandfeßung der Malerei erfolgt durch den
Maler Gunkel, Lehrer am Kunft- und Gewerbe-
mufeum in Bremen. W. B.

SPOLETO Der rührige Infpektor der Spo-
letaner Kunftdenkmäler Prof. Giufeppe Sordini
hat die Ausgrabungen des altrömifchen Haufes
der Vespaßa Polla unter dem Palazzo Comu-
nale nahezu beendet. Zuleßt find auf dem
linken Flügel des Haufes drei Räume mit pracht-
vollem Mofaikfußboden und ein Periftgl frei-
gelegt worden, das fich entgegen derBaugewohn-
heit der alten Römer auf der linken Seite des
Haufes bepndet. Ferner pnd hier Hausgeräte
verfchiedenfter Art und Stuckdekorationen ent-
deckt worden. Alle diefe Gegenftände verbleiben
an der Fundßätte, wo pe baldigft allgemein zu-
gänglich werden follen.

Der Marchefe Giacomo Marignoli hat der Stadt
den ihm gehörigen erften Saal im Unterftock des
Mufeo Civico und den fich daran anfchließenden
Garten überlaffen, der mit einer Fontäne ge-
fchmückt werden wird. W. B.

PERSONALIEN

KOBLENZ Dr. HannsHeinz Joften wurde
zum Konfervator beim Rheinmufeum ernannt.
Gleichzeitig wurde ihm die Neuordnung der
ftädtifchen Kunftfammlungen übertragen.

ROM Im kurzen Zwifchenraume von neun
Tagen hat Rom feine zwei leßten großen Sammler
verloren: am 14. Januar den Senator Baron Gio-
vanni Barracco und am 23. Januar Äugufto Ca-
ftellani, den Ehrendirektor der kapitolinifehen
Mu|een.

Giovanni Barracco war am 29. April 1829
in Cotrone, dem alten Kroton, als Sproffe der
berühmteften kalabrefifehen Familie der Barone
Barracco geboren und genoß als begüterter
Landedelmann eine forgfältige Erziehung fpeziell
in den altklaffifchen Sprachen. Als junger Mann

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