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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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14. Heft
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Friedeberger, Hans: Die Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1650 - 1800 im Residenzschlosse zu Darmstadt, II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0527

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DIE JÄHRHUNDERT-ÄUSSTELLUNG
DEUTSCHER KUNST 1650—1800 IM
RESIDENZSCHLOSSE ZU DHRMSTÄDT

Mit 31 Äbbildungen Von HÄNS FRIEDEBERGER

II. (Fortfetjung aus Heft 13.)

Die geiftige Stimmung Deutfchlands war feit dem großen Kriege der Landfchaft ent-
fchieden ungünftig. Die ausgefprochene Herrfchaft des Intellekts, das faßt aus-
fchließliche Intereffe an der menfchlichen Perfönlichkeit ließen kein herzliches und un-
befangenes Verhältnis zur Natur zu. Vielmehr empfand fich der Menfch als ihren
Herrn und fuchte feine Macht durch Stilifierungsverfuche zur Geltung zu bringen.
So weift denn die deutfehe Landfchaftsmalerei der anderthalb Jahrhunderte nach
dem Frieden zu Münfter keine fo gradlinige Entwicklung auf wie die Bildniskunft.
Weit weniger ans Objekt gebunden als diefe, unterliegt fie viel ftärker den als
klaffifch geltenden Vorbildern, vor allem Pouffin und Claude Lorrain neben den ita-
lianifierenden Holländern, und die akademifch-theoretifche Behandlung tötet fchließlich
fogar den Sinn für das Motiv. Der größte Teil der Landfchaften, die vom Ende des
17. Jahrhunderts bis in die Mitte des 18. hinein in Deutfchland entftanden, gibt ein
geläufiges Schema wieder, ift, wie im einzelnen, fo im ganzen Aufbau, nach „Ma-
nieren“ berühmter Vorbilder geftaltet und hat jeden heimatlichen oder intimen Charakter
verloren. Exiftiert hat von allen diefen Landfchaften keine. Es ift eine Reißbrettnatur.

Ganz fchüchtern zuerft, dann immer bewußter, entfalten pch feit dem Anfänge des
18. Jahrhunderts die Keime einer neuen fubjektiven Landfchaftskunft, noch fehr oft von
den Urhebern weniger gefchätjt als jene Erzeugniffe der Komponiftenfchule. Diefe
zarten Keime ans Licht gezogen und ihre Betrachtung ermöglicht zu haben, ift eines
der größten Verdienfte der Darmftädter Ausftellung.

Abb. 12. JOH. CHRIST. BRAND, Landfdiaft mit Staffage
Der Cicerone, VI. Jahrg., 14. Heft. 37

Frl. Palmar-Smith, München

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