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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 18/19
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0629

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RUNDSCHAU — sämmlungen

DER CICERONE IST STÄNDIGES PUBLIKÄTIONSORGÄN FOLGENDER MUSEEN: WALLRAF-
RICHÄRTZ-MUSEUM ZU KÖLN / STADELSCHES INSTITUT UND STADT. GALERIE ZU
FRANKFURT a. M. / MUSEUM FÜR KUNSTGEWERBE ZU LEIPZIG / KAISER FRIEDRICH-
MUSEUM ZU POSEN / GROSSHERZOGL. MUSEUM ZU SCHWERIN / STADT. MUSEUM DER
BILDENDEN KÜNSTE ZU LEIPZIG / HERZOGL. MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG / PROVINZIAL-
MUSEUM IN HANNOVER / KAISER WILHELM-MUSEUM ZU KREFELD / STADT. MUSEUM
ZU BRAUNSCHWEIG / MUSEUM JOANNEUM IN GRAZ / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU
FRANKFURT a. M. / KUNSTHALLE ZU MANNHEIM / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU DÜSSEL-
DORF / ALTONAER MUSEUM / MAXIMILIANS-MUSEUM ZU AUGSBURG / FOLKWANG-
MUSEUM ZU HAGEN i. W. / KUNST-MUSEUM ZU ESSEN / DAS DEUTSCHE MUSEUM
FÜR KUNST IN HANDEL UND GEWERBE ZU HAGEN i. W. / KUNSTGEWERBE-MUSEUM
ZU OLDENBURG i. Gr. / GROSSHERZOGLICHES LANDESMUSEUM IN DARMSTADT / STÄDTI-
SCHES MUSEUM ZU HALLE a. S. / KUNSTGEWERBE-MUSEUM DER STADT STRASSBURG /
GROSSHERZOGLICHE KUNSTHALLE IN KARLSRUHE / MÄRKISCHES MUSEUM ZU BERLIN /
STADTMUSEUM ZU DANZIG / WESTPREUSS1SCHES PROVINZIAL-KUNSTGEWERBE-MUSEUM
IN DANZIG / FRÄNKISCHES LUITPOLD-MUSEUM IN WÜRZBURG

BERLIN Die beiden Böcklin-Säle im Erd-
gefchoß der NATIONAL-GALERIE pnd durdi
drei wertvolle Leihgaben von privater Seite be-
reichert worden. Eines der Bilder, „Altrömifches
Maifeft“ getauft, wurde fdion vor Monaten her-
geliehen und neuerdings kamen zwei andere
hinzu: ein feit 1909 bekannter Entwurf zur
großen Pieta der Galerie und das lebensgroße
Bildnis der Weimarer Tragödin Fanny Janau-
fchek, die als Donna Ifabella in Schillers Don
Carlos dargeftellt ift.

Die Äusftellung des leßteren Werkes ift von
befonderem Intereffe, weil das Bild zu den Früh-
werken gehört und noch nichts von der fpäteren
Farbigkeit Böcklinfcher Koloriftik verrät. Ein
neutraler Gefamtton herrfcht vor, aus dem aber
die einzelnen breit angelegten, obfchon gebro-
chenen Farbwerte warm hervorleuchten. Es ift
„unfertig“. Das Gewand, ein tiefes Schwarz-
blau, oben in ein wärmeres Sdhwarzgrün der
Spieen übergehend, trägt den Hauptton des
Bildes und fteht in feinem Kontraft zu dem
lichten Inkarnat. Der fchwarze Schleier, der
die Arme deckt, führt diefes Spiel weiter. Das
bleiche Gold um das Gelenk der rechten Hand
und das blaffe Rot der Camelienblüten links der
Säule find die einzig lebhafteren Farben in den
gedämpften großen Flächen. In Weimar 1860/62
wurde das Bild gemalt, gleichzeitig mit jenem
Porträt, das die Galerie in der Sammlung Koenig
ebenfalls aus dieferZeit befißt: dem Bildnis des
Kammerfängers Wallenreiter. Beide Darge-
ftellten, die die Bilder als Gefchenk erhielten,
gehörten damals zu den wenigen Freunden
Böcklins in Weimar.

Die kleine in der Koftbarkeit ihrer emaille-

gleichen Technik wertvolle Farbfkizze zur „Pieta“
erhält ihr befonderes Intereffe bei einem Ver-
gleich mit dem Bilde. Die Abficht des Künftlers
wird deutlicher erkennbar, man vermag ihn
gleichfam in der Werkftatt zu belaufchen. Hier
gab im Gegenfaß zu den meiften anderen klaf-
fifch gewordenen Bildern Böcklins ein Mupka-
lifdies die Grundkonzeption: „Der Kampf des
Zwielichtes“: die Unentfchiedenheit zwifchen
Schmerz und Troft. Die Anordnung der Farben
ift in der Skizze im wefentlichen die gleiche wie
im Gemälde. Auf der Skizze wurde der Mantel
der Mutter nur wärmer (grünlicher) gehalten, er
hebt [ich von den kalten Tönen des Leichnams
und dem Violett der Dämmerung leicht ab, der
Marmor ift weißer, das Licht der Wolken kühler.
Im Gemälde dagegen wird die Mutter farbig
mit dem Toten und der Umgebung zufammen-
gezogen, die Engel und die Wolken pnd in
einem ftärkeren Rot gehalten und erfcheinen
daher näher; das Gefamte wirkt gedrückter und
fchwerer. Das Bild wurde 1872/73 nach der
Rückkehr aus Italien in München ausgeführt.
Die Skizze ftammt noch aus Italien, wahrfchein-
lich aus dem Jahre 1868; pe wurde 1873 oder
1874 von Böcklin felbft an eine befreundete Dame
verfchenkt.

Zu genau derZeit wie jene in München aus-
geführte Pieta entftand dort die dritte der Leih-
gaben — merkwürdig für das weit umfaffende
Wefen des Künftlers wie für das Nebeneinander
der ihn befchäftigenden Probleme, aber auch
für die Ungleichheit feiner Werke in künftleri-
fcherHinpcht—: Das anmutig-ausgelaffene und
fo duftig gemalte „Altrömifche Maifeft“. Faft
Watteau, wenn die Stärke Böcklins nicht da-

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