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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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8. Heft
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Entdeckungen. Funde
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Personalien
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Vermischtes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0328

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PERSONALIEN ° VERMISCHTES

Kreuzigung, Gefchiditen der Stadtheiligen, vier
Kirchenväter in den Zwickeln der Wölbung und
mehrere Heiligenbilder an der Breitwand des
Bogens von der Tünche befreit worden, Ar-
beiten eines Schülers von Benozzo Gozzoli, der
in S.Francesco zu Montefalco die großen Fresken
mit Gefchichten des heiligen Antonius von Padua
und des heiligen Bernhardin von Siena aus-
geführt hat. W. B.

PERSONALIEN

LONDON Diefer Tage ftarb der auch in
Deutfchland wohlbekannte Sir Hubert von
Herkomer nach kurzem aber fchwerem Leiden.
Herkomer, 1849 geboren, war bekanntlich feiner
Abftammung nach Bayer. Als zweijähriges Kind
nahmen ihn feine Eltern nach Amerika mit. Sie
beide waren künftlerifch veranlagte Menfchen,
für die das damalige Amerika, in dem jeder nur
nach Geld ausging, nicht die richtige Stätte war.
So verließen fie es wieder, ftatt aber nach der
Heimat zurückzukehren, blieben ße im englifchen
Hafenort Southampton fißen, wo der junge Hu-
bert heranwuchs. Als Jüngling kam er dann
nach London und geriet bald unter den Einfluß
des „englifchen Millet“ Fred Walker, der Land
und Landbewohner in einem gewiffen heroifchen
Lichte fah und fie fo malte, dabei aber auch wie
Millet felber all fein Fühlen mit heißem Be-
mühen in feine Bilder hineinlegte, nur daß das
feine etwas zu weich, zu fehr nach dem Senti-
mentalifchen hinneigte. Herkomer ließ diefe Art
Kunft dann aber hinter fleh, und wurde ein Ver-
treter eines echt akademifchen Realismus, wie
er in feinen Bildern „The Last Muster“ und „The
Chapel of the Charterhouse“ und in zahlreichen,
freilich fehr unterfchiedlichen Porträts deutlich
zutage tritt. Herkomer war ein vielgewandter
Mann, der fleh in allen möglichen Künften ver-
fuchte, fogar im Dramenfchreiben und Kompo-
nieren, bis es ihm die neuefte „Kunft“, das Kino
antat, und er für diefes nicht bloß Stücke fchrieb
fondern fie auch felber ftellte und fogar in ihnen
agierte. Mit mehr Konzentration würde er als
Maler wohl innerhalb der ihm durch feine Natur
gefleckten Grenzen tiefer gedrungen fein. Daß
ihm England zur Heimat geworden, war ein
Glück für ihn. Sein Talent würde wohl kaum
anderswo eine folche Anerkennung und eine
folche Belohnung gefunden haben. In Bufhey
bei London hatte er fleh eine Art Schloß mit
herrlichen Gartenanlagen errichtet, und dorthin
war ihm eine ganze Kolonie von Malern ge-
folgt. Im kleinen Dorfkirchhof des Ortes hat
man den Nimmermüden nun zur Ruhe gebettet.

F.

NEAPEL Am 6. April ift hier im Alter von
68 Jahren der Architekt und Kunflfchriftfleller
Ettore Bernich geftorben. In feiner Heimat
Rom war er als Architekt tätig, als Infpektor
der Kunftdenkmäler Apuliens veröffentlichte er
wertvolle Arbeiten über die Kunft jener Provinz,
und hat fleh durch folgerechte und feinfühlige
Reflaurierungen verdient gemacht. W. B.

VERMISCHTES

AMSTERDAM REMBRANDT UND DIE
ITALIENISCHE KUNST. Dr. Jan Veth, der fleh
viel mit der Frage befchäftigte„ ift es gelungen,
wieder zwei Vorbilder italienifdien Urfprungs
aufzufinden, die Rembrandt in Werken ver-
arbeitet hat. Veth gab feine Entdeckung in
einem Vortrag über obiges Thema bekannt, den
er in der Kon. Oudheidkundig Genootschap zu
Ämflerdam hielt.

Die neuen Funde Veths betreffen zunächfl die
frühe Radierung der „Erfcheinung an die
Hirten“. Der nach dem lichten Himmel und
dem Engel blickende, in voller Flucht davon-
eilende Hirte kommt im Spiegelbild als der
vorderfle der fchlagenden Engel auf Raffaels
Heliodorus vor. Nicht nur, daß der Hirte völlig
denfelben Plajj im erften Plan der Kompofltion
einnimmt wie der Engel, auch die Silhouette ift
auffallend genau dem klafflfchen Vorbild nach-
gezogen. Kopf, ausgeftreckter Arm und Bein
flehen in demfelben Verhältnis. Nur der Arm,
der die Rute in die Höhe hält, mußte verändert
werden und wurde wie taftend nach vorne aus-
geflreckt, wodurch das Verängfligte des im
Dunklen Entfliehenden markiert wird. Aber
felbfl die Konftruktion des Profilkopfes mit den
hochgezogenen Augenbrauen und den fliegen-
den Haaren ift völlig analog. Und das Stück
Draperie, das zwifchen den weitgefpreizten Beinen
zum Vorfchein kommt, wie auch das flatternde
Ende über dem rückflehenden Bein, ift von
Raffaels Figur übernommen. Das Seltfame ift,
daß, während bei einer fchnellen Vorwärtsbe-
wegung die Kleider doch von felbfl nach hinten
fliegen, am Leib des laufenden Hirten ein Stück
nach vorne flattert. Diefer Umfland ift in der
Tat erklärt, wenn man einen Atavismus von
Raffaels Kompofltion darin fleht. Ein Teil des
zufammengebundenen Schwanzes von Heliodors
Pferd nämlich wurde von Rembrandt fdieinbar
für ein Stück vom Mantel des Engels gehalten.

Betrachtet man genau die „Eintracht des
Landes“ im Mufeum Boymans zu Rotterdam,
fo wird man zur Erkenntnis kommen, daß in
diefer großartigen Kompofltion von Kampf- und
Kriegsgetöfe die kriegerischen Pferde nicht fo

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