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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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6. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0243

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AUSSTELLUNGEN

Kiel ausgeftellt. Das Deutfche Mufeum hat fich
mit feiner Induftriebauten-Ausftellung an der
Mannheimer Bauausftellung in der Kunfthalle
beteiligt. Diefe Induftriebautenfchau wird im
April in Göttingen gezeigt. Die Städtebauaus-
ftellung ging von Gießen nach Straßburg und
geht im April weiter nach Göttingen. Die Aus-
stellung „Keramik“ ift zurzeit in Berlin in den
Vereinigten Werkftätten ausgeftellt und geht
dann nach Wilhelmshaven. M. S.

PARIS Die dreißigfte Ausftellung der INDE-
PENDANTS ift am 1. März eröffnet worden.
Diefes Mal hat pe ihre Zelte auf dem Champ
de Mars aufgefchlagen. War fchon die vor-
jährige Ausftellung matt, fo ift die heurige in
ihrer Gefamtqualität fo mäßig, daß man fich
fragt, ob diefer Salon überhaupt noch Exiftenz-
berechtigung hat. Mehr noch als in früheren
Jahren haben fidi die älteren, bewährten Künftler
zurückgezogen. Denis, Dufresnoy, Friesz, Guerin,
Camoin, Marquet, Francis Jourdain, Vuillard,
Matiffe fehlen; nur Bonnard, Lucie Confturier,
Luce und Signac find dem Salon, den fie ins
Leben riefen, treu geblieben; aber fie haben fich
in eine abgelegene Kabine zurückgezogen, als
wollten auch fie bald franzöfifch verfchwinden.
EineMifchung aus jämmerlichftem Dilettantismus
und krampfhaften Verfuchen originell zu fein,
gibt dem Salon den Charakter. Die Futuriften,
Kubiften,Orphiften,Synchromiften,Simultomniften
beherrfchen die Ausftellung. Man ift durch die
Überrafchungen der lebten Jahre fo fehr gegen
forzierte Erfindungen abgeftumpft, daß die dies-
jährigen Deformationen der Italiener und Ruffen
weder Kampfesftimmung noch Heiterkeit her-
vorrufen. Man beginnt fich bei den Indepen-
dants zu langweilen, wie man pdi bei den
Artistes franc^ais fchon lange langweilt. Wenn
man in vergeffenen Zeitfchriften und vergilbten
Briefen der Romantiker blättert, pndet man
Parallelen zu diefem Treiben. Wie jene Er-
fcheinungen von der Zeit gerichtet worden pnd,
fo werden auch diefe von der ftrengen Richterin
abgeurteilt werden; beftehen werden vor ihr nur
die Perfönlichkeiten, die unbeirrt von Moden
und fenfationslüfternen Verdrehungskünften kraft-
voll und zielbewußt ihren eigenen Weg gehen.
Zu ihnen gehört Tobeen, der bereits vor drei
Jahren durch eine fchöne Kompofition aufpel.
Seine Bilder zeigen eine intereffante Anwendung
des Kubismus. Er unterdrückt alles Zufällige
und Momentane, will das Typifche der Formen
geben, ordnet feine Bildfaktoren unter geome-
trifche Formen und drückt in dem Gefüge der
Linien und Flächen eine Idee aus. Das Einzelne
ip dem Ganzen untergeordnet. So ergibt fich

eine ornamentale Füllung der Bildßäche, in der
alle Linien, Flächen und Farben Notwendig-
keitsbeziehungen zueinander haben. Seine Bilder
find klar und leferlich. Er hat eine wundervolle
Landfchaft aus dem Fabrikpark von St. Denis
ausgeftellt, in der ßch diefe neue Auffaffung der
Volumen mit einer einheitlichen Abwandlung der
Farbe verbindet, eine Strandfzene mit Boots-
leuten, die innerhalb der gefchloffenen Linien-
architektonik leuchtende Farbßecken entwickelt,
endlich eine Gruppe in einer hellgrünen Land-
fchaft, in der das alte Motiv der Ruhe auf der
Flucht neu gefaßt wurde. Hatte man fchon zu
Tobeens erften Verfuchen ein befonderes Zu-
trauen, fo kann man ihn nach diefen guten
neuen Refultaten als eine der ftärkften Hoff-
nungen des jungen Frankreichs grüßen. Schon
am erften Tage find diefe drei Bilder verkauft
worden.

Sonft ift nicht viel in der Ausftellung zu finden.
Neben Lehmbruck, der einige neue Arbeiten
ausgeftellt hat, tritt ein italienifcher Bildhauer,
E. de Fiori, auf, der einen männlichen Akt in
eindrucksftarkem Linienaufbau ausftellt. Die
Rundung des Rückens der leicht vorgebeugten
Geftalt wird durch die Rundung der Schenkel —
die Knie pnd leicht eingefunken — im Gleich-
gewicht gehalten, fo daß die ganze Figur den
Eindruck leidender Grazie wachruft. Die Unter-
arme find taftend vorwärts geftreckt, als fuche
der Jüngling nach einem pcheren Halt.

Die Deutfchen und Schweizer haben fich in
diefem Jahre in geringerer Zahl beteiligt als
früher; unter ihnen überwiegen die Damen Erna
Focke, Hanna Gerfon und Martha Stettier durch
Qualität. Ein Clou der Ausftellung ift die Ke-
ramik des Schweden Herrfching.

* *

*

Die neunte Ausftellung der SOCIETE DES
ARTISTES DECORATEURS ift am 28. Februar
im Pavillon Marfan eröffnet worden. Wie
gewöhnlich ift ein Hauptfaal derKleinkunß ein-
geräumt worden, in dem die Keramik Lenobles,
die Gläfer Marinots und befonders die Buch-
einbände Andre Mares die Augen auf pch ziehen.
Die Zimmer enttäufchen. Groults und Mares
Möbel pnd zwar klar und pcher gebaut, pnd
nicht mit unzweckmäßigen und unkonftruktiven
Ornamenten verziert; aber in ihren Räumen,
vor allem aber in den Zimmern der anderen
herrfcht eine Buntheit, die das Auge verlebt.
Reichtum der Farbe ift nicht gleichbedeutend mit
Vielheit von Farben. Wenn die einzelnen Farben
keiner Gefamtidee untergeordnet find, fo emp-
finden wir fie als Zufallspecken. Und die ge-
rade follten in Innenräumen vermieden werden,

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