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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft. 1
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Braun, Edmund Wilhelm: Eine buntglasierte schlesische Hafnerschüssel mit dem Brustbilde Kaiser Rudolfs II. im Kaiser Franz Josef-Museum zu Troppau
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0022

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EINE BUNTGLASIERTE SCHLESISCHE HAFNERSCHÜSSEL

daß es fich um Meifterftücke handelte. Bei der Troppauer Schüffel glaube ich das
wohl als pdier bezeichnen zu können, denn fie wurde auf dem Boden eines alten
Töpferhaufes in der Hoßenploßer Töpfergaffe gefunden und foll nach der Tradition
zum Befiße der Zunft gehört haben und bei den Zufammenkünften der Zunftmitglieder
als Kuchenplatte verwendet worden fein. Die Reichhaltigkeit der Palette veranfchaulicht
die Farbentafel. Es find, wie bei den übrigen Stücken, durchgehends nur undurchfichtige
farbige Zinnglafuren verwendet, und zwar Weiß, Ockergelb, Türkisgrün, ftumpfes
Olivgrün (Bart und Haar), Hellblau, Dunkelmangan und ein lichtes fchokoladefarbenes
Braun. Die weiße Zinnglafur ift ziemlich dünn aufgetragen, fo daß der hellrote, hart-
gebrannte Ton etwas durchfchimmert, was übrigens durch das bei diefer Farbe be-
fonders dichte Craquele noch ftärker betont wird. Die Schüffel hat 38,7 cm im Durch-
meffer, fie ift alfo etwas kleiner als die übrigen, die 42, 43, 44 und 52 cm meffen.
Aber die Art der Profilierung ift diefelbe. Den Rand ziert ein umziehendes Renaiffance-
ornament, das am meiften dem Fries auf der im Berliner Kunftgewerbe-Mufeum be-
findlichen Wappenfchüffel des Balthafar von Promniß nahekommt (abg. Masner a. a. O.
S. 124; die Unterfchriften der beiden Abbildungen find hier irrtümlich vertaufcht). Die
Hohlkehle füllt ein Zackenband abwechfelnd in Weiß und Mangan. Im Spiegel fteht
vor einem ftilifierten, aus Kreisfegmenten in Gelb und Grün gebildeten Vorhang die
Halbfigur eines geharnifchten bärtigen Fürften mit Bruftpanzer und weiten Hofen,
welcher den Reichsapfel in der Linken trägt, während die Rechte das Reichsfchwert
hält. An der linken Hüfte wird der Griff des Degens fichtbar. Die Umriffe der Zeich-
nung find fämtlich eingegraben, doch ßind Augen und Nafe nur fo leicht eingeriffen,
daß die aufgefeßte Manganfarbe an diefen Stellen etwas mit dem weißen Grund ver-
fchwimmt. Daß der Dargeftellte 'nur ein Kaifer fein kann, geht aus den Attributen
hervor. Zeitlich (Koftüm!) und, foweit die primitive Gefichtsbildung fchließen läßt, kommt
hierfür nur ein Sohn Maximilians II. in Betracht, alfo mit aller Wahrfcheinlichkeit Kaifer
Rudolf II. Genaue Kenner der Ikonographie der Habsburger Porträts wie Dr. Schnürer,
der Direktor der k. und k. Familienfideikommiß-Bibliothek in Wien und Direktor Bo-
rovsk^ vom Prager Kunftgewerbe-Mufeum find derfelben Anficht. In den reichhaltigen
Porträtfammlungen diefer beiden Inftitute läßt fich ein direktes graphifches Vorbild aber
nicht nachweifen. Ich möchte daher eher glauben, daß der Töpfer entweder einen
primitiven Holzfchnitt, irgend ein fliegendes Blatt benüßt hat, wie fie damals auf den
Märkten verkauft wurden. Möglich ift aber auch, daß er fich aus verfchiedenen Por-
träts die Vorlage feiner Malerei felbft zufammengerichtet hat. Dafür fpricht die von der
fonft damals üblichen fgmbolifchen Andeutung der kaiferlichen Würde (Apfel und
Zepter) abweichende Darftellung mit Apfel und Schwert. In Haltung, Koftüm und
Porträtähnlichkeit kommt die Troppauer Schüffel dem hier abgebildeten Stich, bezeichnet
„Giacomo Franco Forma“, am nächften, der zu einer 1596 datierten Serie gehört;
Direktor Borovsky hat mir denfelben in dankenswerterer Weife aus der Sammlung
des Prager Rudolphinum vermittelt. Nach welcher Vorlage Franco geftochen hat, ift
noch nicht beftimmt, vielleicht lag auch diefe dem Töpfer vor.

Die kleine uralte Bergftadt Hoßenploß, eine mährifche Enclave in Öfterreichifch-
Schlefien, nahe bei Neuftadt in Preußifch-Schlefien und Neiße, gehört feit dem Jahre
1107 zum Olmüßer Bistum und zur mährifchen Landtafel. Unter den wenigen, im
mährifchen Landesarchiv zu Brünn befindlichen Hoßenploßer Urkunden find keine auf
die dortige Töpferzunft bezüglichen. Daß aber eine folche Zunft dafelbft beftanden
hat, beweifen das Vorkommen einer Töpfergaffe und eine Urkunde im fürfterzbifchöf-

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