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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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Heft 20/21
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0657
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AUSSTELLUNGEN

ftüßt durch die unheimlich glühende Feuersbrunft-
und Gewitterhimmelfarbe, den Eindruck von
Gefpenfterverfammlungen und Hexengilden. Bei
den Bildern Ramons ift die Farbe trüber, die
Gefpanntheit gelöfter. Aber er ift durchaus vom
felben Blute. Daneben erfcheinen die hellen,
räumlich guten, etwas dünnen Winterbilder Her-
mann Difchlers und die Aquarelle von M. E.
Giefe, deren Technik an belgifche Vorbilder
erinnert, wie Dinge aus einer anderen Welt.
Von den zahlreichen Werken älterer deutfcher
Künftler ift befonders eine kleine Kollektion
Zügelfcher Arbeiten von hohem Intereffe, teils
wegen der hohen Qualität der einzelnen Stücke,
vor allem aber deshalb, weil pich darunter eine
Anzahl früher Arbeiten befindet, von denen
namentlich ein Stallinneres den engen Zufammen-
hang des jungen Zügel mit der Münchner Ma-
lerei der Volts-Generation bezeugt.

* *

*

Wie eine Ausftellung zugleich eine mächtige
Kundgebung deutfchen Geiftes werden kann, ohne
daß die Tendenz irgend auffällig wäre, lehrt
die Veranftaltung des KÖNIGL. KUPFERSTICH-
KABINETTS, die „Deutfche Bildniffe“ vor-
führt. Zu jeder Zeit hätte eine derartige Über-
ficht in den Rahmen der Ausheilungen gepaßt,
die das Kupferftichkabinett regelmäßig aus feinen
reichen Beftänden veranftaltet, und von denen
man nur bedauert, daß fie nicht ftärkere Teil-
nahme beim Publikum finden, das foviel von
ihnen gewinnen könnte. Aber noch nie hätte
diefe Vereinigung von deutfchen Porträten aus
vier Jahrhunderten mit folcher Eindringlichkeit
gefprochen, wie jeßt, wo diefe Auslefe deutfchen
Geiftes und deutfcher Macht, dargeftellt von den
Zeit- und Landesgenoffen, eine überwältigende
Kundgebung für deutfche Größe und noch mehr
vielleicht für deutfche Kultur darftellen. Von
Luther und Pirkheimer, von Dürer und Cranach
bis zu den lebten Tagen, aus den Reihen der
Fürften und Staatsmänner, der Künftler, Mufiker,
Dichter, Schaufpieler, Gelehrten und felbft der
„luftigen Räte“ zieht ein faft unüberfehbarer
Zug an dem Befchauer vorüber. Es geht nicht
an, hier Namen zu nennen, wo man jedes zweite
Blatt erwähnen müßte. Wirkt doch auch die
Veranftaltung noch ftärker durch ihre Gefchloffen-
heit als durch die freilich auch nicht geringen
künftlerifchen Eigen fdiaften der einzelnen Stücke.

* *

*

Will man irgendwie die Befonderheit diefer
Tage auch in dem Rahmen von Kunftausftellungen
hervorheben, fo bietet ßch als leichteftes Mittel
die Hervorfuchung der Kunftwerke an, die im
Anfchluß an den Deutfch-franzöfifchen Krieg ent-

ftanden find. Von diefem Mittel hat man in
diefen Wochen reichlichen Gebrauch gemacht, ohne
daß man uns doch zur Revifion der Urteile über
diefe meift unglücklich verlaufenen Experimente
bewegen könnte. Eine glücklichere Eingebung
hat der Salon CASPER gehabt, der eine lange
Folge Anton v. Wern er fcher Bleiftiftporträts
ausftellt, Vorftudien zu feinen großen Bildern
hiftorifcher Verfammlungen. Man darf den
Vergleich mit den Menzelfchen Studien zum
Krönungsbilde nicht ziehen, muß aber doch
fagen, daß man Werner hier von feiner beften
Seite kennen lernt, als den begabten und
treffficheren Illuftrator, den er in dem Ehrgeiz,
große Hiftorien zu malen, leider meift verleugnet
hat. Unter den früheren diefer Bildnisftudien,
die von 1871 bis in die neunziger Jahre reichen,
find viele prachtvolle Augenblicksaufnahmen,
manche darüber hinaus von großer pfychologi-
fcher Sicherheit, wie z. B. das des Großherzogs
Carl Alexander von Weimar, oder desGefandten
v. Bülow. Den Wernerfchen Blättern fchließen
ßch Koloffalbüßen Bismarcks und Kaifer Wil-
helms II. von G. Janen fch an, und Soldatenbilder
von Fehr, meift bekannte Stücke, breit, kräftig
und farbig frifch hingefeßt. Auch Herrn. Junker
hat ein Soldatenbild gefchidct, Raftende Reiter,
das erheblich über die Höhe feiner Reiterbildniffe
hinausragt. Die anderen geben fich friedlicher:
H. Stockmann mit hübfchen Landfchaften etwa
in der Art von Dupre und einem Mann am
Biedermeierfekretär, der in Handwerk und Stim-
mung an Spißwegfche Arbeiten erinnert, Groe-
ber mit großen, tüchtigen Figurenbildern, Hage-
manns mit einigen feiner bekannten Land-
fchaften und von Plaftikern Auguft Kraus mit
einer prachtvollen Bronzekaße.

Will man fchon einmal den Nationalftolz und
die neuerwachte Kraß des Volkes auch in Kunft-
ausftellungen zum Ausdruck bringen, fo würde
fich wohl als beftes Rezept das empfehlen, eine
Reihe von deutfchen Künftlern vorzuführen, ganz
ohne Rückpcht darauf, ob die Arbeiten im Stoße
den Intereßen des Tages entgegenkommen.
Diefen Weg ift der Salon CASSIRER gegangen,
der neuere Arbeiten von Friß Rhein, Wald.
Rösler, Robert Breyer und K. v. Kardorff
zeigt. Freilich ift hier die Bedingung zum Er-
folg, daß der Maler nicht nur deutfch ift, fon-
dern daß er auch etwas kann. Die Äusfdialtung
fremder Kunft und der Stolz auf unfere Lands-
leute darf uns weder jeßt noch fpäter dazu
verführen, die Anfprüche an die Qualität auch
nur um ein geringes niedriger zu ftellen. Diefe
Bedingung ift hier erfüllt. Befonders die Arbeiten

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