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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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AUSSTELLUNGEN

ten, in denen allen fich der langePariferÄufenthalt
fehr bemerkbar macht. Mir find feine früheren
Arbeiten lieber gewefen, weil fie mehr Herbheit,
aber auch mehr Feftigkeit zeigten; Paris hat ihm
eine neue Beweglichkeit, einen feineren Farben-
finn, ein lebhaftes Gefühl für den Reiz dekora-
tiver Füllungen größerer Flächen gegeben, aber
feine Arbeiten erfcheinen audi kühler und we-
niger energifdi geformt als früher. Wenn es
nicht ruchlos wäre, die ungeheuren Weltfchick-
fale, die fich vollziehen, auf das perfönliche Los
des Einzelnen zu beziehen, jo könnte man fagen,
daß für Spiro der Krieg zur rechten Zeit kam:
die dadurch erzwungene längere Trennung von
Paris wird vielleicht bei dem Künftler eine Ver-
einigung der bisher getrennt wirkfamen Tugen-
den herbeiführen. Auch von Heinrich Reif-
ferfcheid fleht man einmal wieder eine um-
fangreichere Äusftellung, deren beftes Stück das
feine weibliche Bildnis ift. Die Interieurs find
troß aller feinen Stimmung und guten Raum-
geftaltung in ihrer Beleuchtung doch ein wenig
zu künftlich, um ganz künftlerifch zu wirken, was
man bei einem Vergleich mit zwei daneben
hängenden Bildern von Hammershoi doppelt

ftark fpürt. * *

*

Bei CASPER begegnet man einer Äusftel-
lung Alfred Mohrbutters, in der nament-
lich das Blumenftilleben mit der blauen Dofe
und dem Porzellanhirfdi durch fchöne und da-
bei fefte Farbigkeit auffällt. Von den anderen
Werken, die mehr den verfchwimmenden Cha-
rakter der Mohrbutterfdien Kunft zeigen, ver-
blüfft vor allem das Stilleben mit Gläfern und
Rofen durch die Virtuofität des Überganges von
ftarkem Lila zum leuchtenden Blau. Von Ernft
Kolbe find zwei Innenräume da, ein Bieder-
meierzimmer, in dem die gute Möbelgruppe
durch das Fehlen eines herrfchenden Tones
im Bilde gefchädigt wird, und das einheit-
lichere, aber auch kühlere Bild einer Lübecker
Diele. Die Landfchaften des Weimarers Franz
Bunke find am beften da, wo die Gegenftände
als Silhouetten gegen den immer fehr feinen
und reich bewegten Himmel ftehen. Es ift in
allen ein guter Aufbau und guter Raum, wenn
fie auch farbig faft immer entweder in der Zu-
fammenfaffung oder in der Differenzierung zu
weit gehen, und fo leicht wollig, oder wie Ta-
peten wirken. * * *

Im KUNSTGEWERBE-MUSEUM gibt eine
kleine und gewählte Äusftellung Kunde von den
Erfolgen, die die „Moderne keramifche
Plaftik aus Deutfchland und Öfter-
reich“ aufzuweifen hat. In den alten Manufak-

turen wird fleißig gearbeitet, um den alten Ruhm
mit neuen Werken feftzuhalten, und befonders
Meißen gelingt das mit den Scheurichfchen
Tanzgruppen nach Künftlern des ruffifchen Bal-
lets, die mit ihren wenigen, aber ftarken Farben,
der faft parodiftifchen aber lebendigen Be-
wegung und der vorzüglichen Äusnußung der
Wirkungen der glatten und der vielfach ge-
brochenen Flächen durchaus felbftändige Schöp-
fungen find. Auch Ngmphenburg erftreitet
neue Ehren, mit Wackerles großformigen, mit
wenig gebrochenen und meift zarten Farben be-
malten Figuren, wie mit den fchönen Kärner-
fchen Tieren. Die Tierplaftik jiimmt überhaupt
einen großen Raum ein, hier hat namentlich die
Großherzogliche Majolika-Manufaktur Karlsruhe,
ferner auch die Berliner und die Unterweißbacher
Manufaktur fchöne Erfolge. Unterweißbach zeigt
diesmal nur weiße Arbeiten, die ganz auf die
Schönheit von Maffe und Glafur geftellt pnd,
darunter mehrere großzügige Stücke Ernft Bar-
lachs. Von den öfterreichifchen Arbeiten fallen
die Arbeiten Powolnys aus den Wien-Gmundener
Werkftätten auf, die fich in der preziöfenSchwarz-
weißwirkung dem Stil der „Wiener Werkftätten“
nähern, ferner Helene Johnovas Tabernakel, aus
der Keramifchen Werkgenoffenfchaft, eine Ma-
donna in einem Barockgehäufe, von äußerfter
Lebhaftigkeit der Form wie der Farbe. H. Fr.

LEIPZIG Von den künftlerifchen Veranftal-
tungen der leßten Zeit, die natürlich alle in
diefen ernften Tagen keine fehr große Beach-
tung finden, verdienen das meifte Intereffe eine
Äusftellung des Leipziger Künftlerbundes
in den Kunftvereinsräumen des Städtifchen Mu-
feums und die Kollektion Moriz Melzer, die
in der Kunfthalle P. H. Beyer & Sohn zu fehen
ift und in ihrer phantafievollen Pracht auf die
in Leipzig noch immer kleine Gemeinde von
Freunden moderner Kunft tiefen Eindruck macht.
Die erftgenannte Äusftellung des Leipziger
Künftlerbundes, in der befonders der Vorfißende
Wil Howard, ferner Rüdiger Berlit, Eduard Ein-
fchlag, Erich Grüner und Eugen Hamm mit
größeren Kollektionen vertreten waren, bewies,
daß die jüngere Künftlergeneration Leipzigs auch
auf dem Gebiete der Malerei und Plaftik auf
einer recht anfehnlichen Höhe fteht. Ein be-
fonderes Intere|fe verliehen der Äusftellung die
Werke einiger eingeladener Künftler wie Kurt
Tuch-Magdeburg, Th.Th. Heine-München, Walter
Rößner-Berlin und vor allen Dingen einige neue
Schöpfungen von Max Klinger, von denen die
wunderbare Marmorfigur eines Mädchens her-
vorgehoben werden muß.

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