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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0069
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Sammlungen

Die Eröffnung desÄuguftiner-
Mufeums in Freiburg i. Br.
Hufgabe unferer kleineren ftädtifcben und pro-
vinzialen Mufeen ift es, in möglich fterGefcblo|fen-
beit die organifcbe Entwicklung des künftleri-
fcben und kulturellen Befi^es des betr. Gebietes
zu zeigen, pch hier zu be|cbränken und zu ver-
geben ein überficbtlicbes Bild zu geben. In
diefem Sinne ift es von großer [Dichtigkeit, die
Stimmungswerte auszufeböpfen, die in dem ge-
gebenen Alaterial liegen, das fo oft nicht als
Qualität für ficb [priebt, fondern erft durch ver-
ftändnisvolles Einordnen und Einrabmen in feinen
gewaebfenen Sufammenb^ng Cüert und Bedeu-
tung gewinnt. Faft ftets aber febeitert die Löfung
diefer Hufgabe an dem Mangel geeigneter
Räumlichkeiten, fei es, daß die benu£ten alten
Gebäude dem 3weck nicht anzupaffen find, sei
es, daß neue, vielleicht mit großem Hufwand
und teebnifebem Raffinement hergeftellte durch
allzu zweckmäßige Nüchternheit von vornherein
diefe Möglichkeiten ertöten.
Deshalb bat die Stadtverwaltung Freiburgs
einen glücklichen Griff getan, als fie befebloß,
die Räume des alten Ruguftinerklofters zur Ver-
einigung des bis dabin zerftreuten Kunftbeßtjes
der Stadt zurVerfügung zu ftellen. Die Gebäulich-
keiten diefer im Jahre 1278 gegründeten Nieder-
laffung der Huguftiner-Eremiten entftammen faft
fämtlicb dem 18. Jahrhundert und dienten feit
der Säkularißierung den verfebiedenften 3wecken,
als Kaferne, Schule, Hltertumsfammlung, die
Kirche faft 100 Jahre als Stadttbeater. In glück-
licbfter [üeife bat der mit dem Umbau betraute
Hrcbitekt, Stadtbaumeifter Gruber, die durch die
3eitumftände befebränkte Hufgabe gelöft und
durch verftändnisvolle und zurückhaltende [üie-
derbeiftellung und Ergänzung einen Hintergrund
gefebaffen, der bald feierlich entfaltend, bald
intim zufammenfaffend ßcb dem wecbfelvollen
Inhalt eines Heimatmufeums anpaßt. Die von
dem verftorbenen Konfervator Prof. Cöingenrotb
vorbereitete Hufftellung der Sammlungsgegen-
ftände führte der neue Direktor der ftädtifchen
Sammlungen Dr. ÖL Noack in vorbildlicher (Helfe
durch.
So konnte am 12. November das Huguftiner-
mufeum unter Beteiligung von Vertretern der
weltlichen und geiftlicben Behörden, von aus-
wärtigen Mufeumsleitern und eines zahlreichen
geladenen Publikums feierlich der Öffentlichkeit
übergeben werden.
Beim Eintritt umfängt den Befucber die kühle
Stille des Kreuzgangs, an deffen hellen [Händen
die Steindenkmäler ihre Hufftellung gefunden
haben. Huf ihn öffnen ficb fämtlicbe Räume des
Erdgefcboffes, die pnngemäß die reichhaltige
Sammlung kirchlicher Kunft beherbergen. 3U~
näcbft der Kirchenraum, von eindringlicher Feier-
lichkeit, ohne Schmuckformen nur durch feine

Verhältniffe wirkend, mit weitgefpannter Balken-
decke des 18. Jahrhunderts und erhöhtem Chor,
durch deffen Fenfter warmes Licht hereinfällt.
Hls Rbfcbluß hat hier das mächtige Orgelgehäufe
von 1750 aus der Gengenbacber Klofterkirche
Platj gefunden. Hn den (Händen leuchten in
kräftigen Farben die frühmittelalterlichen Cep-
picbe, ein koftbarer, vielbeneideter Befi^ des
Mufeums. Davor die Skulpturen der Frühzeit,
wie die hl- Magdalena von einem hl- Grabe um
1280, eine Reihe von Vefperbildern des 14. Jahr-
hunderts, die Fragmente eines frühen Palmefels
u. a. Im Langhaus, deffen hohen [Händen die
Fahnen der Freiburger 3ünfte und eine ganze
Serie öfterreiebifeber Fürftenporträts des 18. Jahr-
hunderts in Großformat Gliederung geben, find
durch ftoffüberzogene Scherwände Nifcben ge-
febaffen, in denen auf beiden Seiten des Raumes
vorfebreitend Einzelwerke kirchlicher Kunft, Pla-
ftik und Bilder gemifebt, Plalj gefunden haben.
Huch hier wertvollfte Stücke, von denen aus cler
Fülle des Sehenswerten erwähnt fein mögen:
der ausdrucksvolle hl- Johannes Ev. aus Ken-
zingen, eine monumentale fpäte Pieta von 1520,
Neuerwerbung des Jahres 1923, der faft barok
anmutende hl- Sebaßian, wohl vom Meifter der
Figuren des Freiburger Hochaltars.
Neben der Kirche vereinigt die Sakriftei, ein
kleiner febüebter Raum, die koftbarften Stücke
an mittelalterlicher Kunft. H>cr leuchtet von der
einen (Hand in feinen auf rot geftimmten Hkkorden
das Schneewunder Grünewalds, gegenüber feffelt
das warme reiche Farbenfpiel des Kalvarien-
berges des Hausbuchmeiftes den Blick, dazwi-
feben die drei kleinen Cafeln Rans Baidungs.
Stücke mittelalterlicher (Hebereien und ein Schrank
mit erlefenen Paramenten geben den Rahmen
zu diefen köftlicben Meifterftücken. Rier pteht auch
als Mittelpunkt des Raumes auf einem Pulttifcb,
deffen Glaskäften illuminierte Gebetbücher und
kirchlichen Schmuck enthalten, das große fil—
ber-vergoldete Standkreuz aus Klofter Hdelhau-
fen von 1342. Der dritte Raum des Erdgefcboffes,
deffen Cüre von zwei bewegten Sandfteinfiguren
des Freiburger Spätbarockmeifters Cbnftian [Hen-
zinger flankiert ift, gehört faft ganz dem 18. Jahr-
hundert. Ciüerke der Kleinplaftik und Meßge-
wänder füllen in lichten Farben die Schränke.
Nur einer enthält neben fpäteren Goldfcbmiede-
arbeiten köftlicbe Stücke früher Kleinkunft, wie
der fcbmelzflußverzierte Cragaltar karolingifcber
3eit aus Rdelbaufen, das eben dorther ftam-
mende boebgotifebe Holzkäftcben der Scbwefter
Rudolf von Habsburgs, Kunigunde, u. a. Ein
freundliches bilderbehangenes Creppenbaus führt
zum Obergefcboß, das uns zunäcbft mit einem
breiten lichtdurchfluteten Korridor empfängt, der
eine kleine Galerie niederländifcber Bilder, meift
Leihgaben aus Freiburger Privatbeßtj, enthält.
Huf ihn folgt ein Raum für wecbfeinde Rus-
ftellungen, ein anderer mit Bildern des 18. Jaijr-
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