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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0804
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Sammlungen

ftidje des 18. Jahrhunderts“ arrangiert, wel-
che über 150 große Gravüren umfaßte. Die
Fjauptmeifter und die diverfen Cecßniken diefer
glänzendßen Periode englifcber graphifcher Kunft
waren erfchöpfend vertreten, und die Schau
überzeugte, daß die Mappen des Kupferßid)-
kabinetts, deren Schwerpunkt, dank dem Moffo-
lofffchen Vermächtnis, in den Radierungen der
großen Holländer des 17. Jahrhunderts liegt, auch
in anderer Richtung über reiches Material ver-
fügen. Ein illuftrierter Katalog mit einleitenden
fluffätjen aus der Feder Direktor Romanoffs
fowie Fräulein fl. flrißoffs fixiert das Refultat
der flusftellung.

In der Cretjakoff-Galerie haben der Reihe
nach zwei Gedächtnisausftellungen ftattgefunden.
Den Anlaß zur erften gab die 25. Gliederkebr
des Godestages des Gründers der Galerie, des
Moskauer Großkaufrnanns Pawel Micßajlo-
witfch Cretjakoff (1832—1898). Die Schau
zerßel in zwei Abteilungen. Einen kommemora-
tiv-ikonographifchßn Charakter trug der Saal,
in welchem die Bildniffe Cretjakoffs und feiner
Familie, fowie der zeitgenöfßfcben rufßfcben
Künftler zufammengebracht waren, mit denen
Cr. im Verkehr ftand, was anderfeits auch bi"
ßorifcb als ein flusfchnitt ruffifcher Porträtkunft
aus dem lebten Drittel des vorigen Jahrhunderts
von Intereffe war. In der eigentlichen flusftel-
lung war der Verfuch gemacht, durch entfpre-
chende Gruppierungen aus dem Beftande der
Galerie, die Evolution der ßauptzweige ruffi-
fcher Malerei im Laufe des 19. Jafuhunders in
einer Reihe charakteriftifcher Bilder klarzulegen
— jener Evolution von akademifcher zur natio-
nal gefärbten Malerei, welche zu illuftrieren es
dem Sammeleifer Cretjakoffs fo glänzend ge-
lang.
dlaffilij Dimtrjewitfd) Poljenoff, einer
der Neftoren der modernen rufßifchen Maler,
feierte heuer feinen 80jährigen Geburtstag. Die
Cretjakoff- Galerie, dieeineri fpeziellen Poljenoff-
Saal mit über 150 Gemälden und Studien bepfzt,
in welchem ein erfchöpfendes Bild vom Schaffen
diefes Künftiers in feinen verfcßiedenen Epochen
geboten ift, benutze die Gelegenheit, um einige
feiner weniger bekannten üüeike aus anderen
Sammlungen zu einer kleinen, intimen flusftel-
lung zu vereinigen. In einigen Entwürfen und
Landfchaften aus der Frühzeit wurden hier die
Einßüffe fichtbar, denen Poljenoff auf feinen
fluslandsreifen — einerfeits Fortuny, ander-
feits aber auch Courbet — zeitweilig erlag.
QI. Poljenoff nimmt in der neuen ruffifchen
Malerei einen ehrenvollen Platz ein, aber eine
führende Rolle fällt ihm nicht zu. Doch als
äußerft anziehende Perfönlicßkeit von hoher
künftlerifcher Kultur wirkte er befruchtend auf
eine ganze Generation jüngerer Moskauer Maler-

talente, von denen viele in Poljenow ihren beften
Lehrmeifter verehren. P. E.
Äadjen
Im ftädtifchen Suermondt-Mufeum ift am
17. Juli, dem Codestage von Edwin Suer-
mondt, dem begeifterten Sammler und Kunft-
fchriftfteller, ein von Prof.Fjeinrieh Nauen ge-
giftetes Gedächtnisbild, darftellend den vom Adler
entführten jugendlichen Ganymed, ausgeftellt
worden. Nauen fcfmf bekanntlich den Bilder-
fcbmuck auf der Suermondtfchen Burg Drove
bei Düren. C.
Dresden
DasMufeum des Säcbfifchen Ältertums-
vereins im Großen Garten, welches feit 1914
völlig ftagniert hatte, ift mit dem Ende der In-
flation zu neuem Leben erwacht. Durch die
flnftellung eines ftaatlichen Denkmalpßegers für
SachTen ift die Sammlung von ihrer urfprüng-
lichen Beftimmung als Stapelplatz für konfer-
vierungsbedürftige Altertümer erlöft worden und
ftel)t nun vor der dankbareren Aufgabe, puh zu
einem Mufeum älterer fächpfeßer Kunft zu ent-
wickeln, deffen Fehlen in dem an Sammlungen
aller Art fonft fo reichen Dresden fehr fühlbar
ift. Es wurde zunächft mit einer ftarken Sich-
tung der Befände begonnen, durch die faßt drei
Viertel der bisher mehr aufgehäuften als auf-
geftellten Gegenftände ins Magazin wanderte,
feßr zum Vorteil des Reftes, unter dem pd)
Stücke von überrafchendem Qlert fanden, wie
ein wohl einzigartiger Schmerzensmann in der
Art der frühen Vefperbilder und ein kleiner zier-
licher St. Georg in dem bezeichnenden Stile von
1480. Ferner wurde eine Anzahl der arg ver-
wahrloften Gemälde des Mufeums aufgefrifeßt:.
zu nennen davon das Kreuzigungstriptychon,
eines Qlohlgemutfchülers A. E. von 1474, von
dem auch die Gemäldegalerie kürzlich zwei 1475
datierte Stücke erwarb, fowie mehrere Bilder
der Cranach-dlerkftatt und -Schule. An Neu-
erwerbungen wurden gemacht: 3wei Stein-
fkulpturen aus der Nikolaikirche zu Meißen
(bisher im dortigen Ortsmufeum wenig günßig
untergebracht), von denen die eine, eine Ma-
donna, wohl in Beziehnung zu den Statuen an
den um 1360 zugefügten Ceilen des Domlettners,
ßebt, während die andere, ein Prophet Daniel,
unzweifelhaft ein fpäterer Nachkömmling der
Rottweiler Schule ift (um 1370). Im flustaufd)
wurde ein bisher im Leipziger Kunftgewerbe-
mufeum (früher in der Sammlung Oleber) be-
ßndliches Gemälde von dem in Swickau und
Annaberg tätigen Meifter FJans FJeffe erworben,
ein Beifpiel der noch wenig gekannten erzge-
birgifeben Malerfcßule am Anfänge des 16. Jahr-
hunderts. 3wei lebensgroße Sandßeinßguren,
Adam und Eva, von dem Dresdener 3acbar>as
FJegewald (um 1620), fowie eine Cerrakottaßgur
„Der Qlinter“, deren ürfprung entweder unter

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