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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0957

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Der Grapbikfammler

fjuel, Marccnay de Gbuy, Parizeau, Perignau,
der Deutfdpen Fjackert, Kraus, Sdjenau, Baader,
de Peters und feiner Gattin Elifabetb de Vil-
brune, der Schweizer Freudenberger und Grimm,
der Öfterreid)er Scbrnutjer und Gleirotter. Äuf
einer Berliner Reife 1771 tragen fid) der Freund
Cbodowiecki, Schmidt, Meil, Rode ein, auf einer
Schweizer Reife (1786) die Berner Dunker, Freu-
denberger, Rieter, die 3ürid)er Freudweiler, Ipeß,
Lips. Von Leipzigern finden wir Mecbau, Kregel,
Oefer, Vater und Cocbter Baufe, von Dresdnern
Dietrich, Roßmäfler, Kirfd), Geßner, Graff, feine
Fjausgetioffen Cafanova und Klengel. Durch-
reifende wie Fjoyer und Cifcbbein, Becker und
Ramberg werden auch gebeten, „ihre Fjand zu
weifen“. Dies kunftreiche Stammbuch fchenkte
der alte Junggefelle dem Sohn feines Freundes
Graff, Karl Anton Graff, deffen Nachlaß 1832
verfteigert wurde, deiche Fülle von Material
ift hier für die Gefd)id)te der Rokokozeichnung
geboten! Gleich ein Reichtum typifd) deutfcher
Sonderbildungj und Lokalgefd)id)te! Deutlich
hebt pd) das bolländifcb-deutfche Kunftwefen
gegen das elegante franzöpfche ab. I)ier pnden
wir auch Proben des ftrengeren Frühklaffizismus
und das durch Hannover eindringende englifche
Element, deffen freier fefter Strich zu der Li-
nienkunft eines Rowlandfon hiuüberdeutet. Glir
fehen hier die lebten Formeln der großen ba-
rocken 3eichenfchule, die bekannten lehrbaren
Cypenzeicben, mit denen pcb die neue Jugend
auseinanderzufetjen hat, die dann im Kampf
gegen die Lehrer (3ingg und Klengel) diefe
Kunftzeidjen (wie Friedrich und Richter) vor der
Natur mit neuem Geift und Blut beleben muß.
Auch die Färbung, die zarte immer hellere Ko-
lorierung, die zu reinen Lokalfarben zurück-
ftrebt und fo die Koloriftik des Klaffizismus vor-
bereitet, wäre hier zu verfolgen. Glir verfteben,
daß hier mit der Kunft des 18. Jahrhunderts eine
Kunßtradition abriß, die auf Gemeinfchaft und
Überlieferung, auf fozialen und kulturellen Glie-
derungen beruhte, daß hier — trotj fpäterer
Schulbildungen — das tragifcbe Exil des Künft-
lers begann, die große Vereinfamung des Schaf-
fenden, wie pe pd) bis in unfere Lage gerade
in der 3eid)enfd)rift der 3eid)nung immer wie-
der erkennen läßt. Eberlein.
G. F. Hartlaub, Gustave Dore. Meister der
Graphik. Bd. XII. Verlag Klinkhardt & Bier-
mann. Leipzig o. J. (1924). Gzlw. Gm, 24.—,
Hlbldr. 32.—.
Dore: typifcher Fall des von den Mitlebenden
vergötterten, von der nachfolgenden Generation
über Gebühr verachteten Künftlers. Ipartlaub, der
fchon vor Jahren über Dore fcbrieb, macht in
feinem Buch den Verfud), zwifd)en diefen ver-
fcbiedenen Polen des ürteils den beilfamen Aus-
gleich zu fchaffen, den für uns wertvollen Dore
berauszuftellen. Gnd es ift ihm gelungen, diefen

Dore als lebendigen Organismus zu geftalten,
nicht als bloße Konftruktion. Kein 3weifel: der
junge Dore, bis etwa zu feinem dreißigften Japre,
darf uns als vollgültiger Künftler bleiben, als
einer, der ebenfo eigen als fcböpferifd) war; der
mit der Illuftrierung der „Contes drölatiques“, der
A'lärchen Perraults, des „Müncpbaufen“, des „Ca-
pitaine Castagnette“ u. a. nicht nur das illuftrierte
Buch um fruchtbringende Möglichkeiten be-
reicherte (wie er es durch feine „Prachtwerke“
unheilvoll beeinpußte),der auch als3eid)ner über-
rafcbende Leitungen aufzuweifen hat. Mit Recht
fcbiebt Fjartlaub alles beifeite, was an zeitlich
und zum Geil im Charakter begründeten Schwä-
chen das Bild trüben könnte; mit Recht, denn
das, was bleibt, ift in der Cat lebensfähig und
einmalig. — Der Band ift von FJartlaub bewußt
im Sinne Dorefcber Bucßkunft geftaltet, die Bil-
der und Vignetten find durch den Cext verftreut
und wed)feln mit ganzfeitigen Abbildungen in
reizvollfter Gleife. Die äußeren Lebensumpände
find nur fo weit in den klar gegliederten Cext
eingeßocbten, als fie wefensbeftimmend fcbienen.
Gier das ganze Drum und Dran einer landläufigen
Biographie liebt, zugleich mehr Folie wünfcbt,
wird das bis zum Überdruß bei Blanche Roofe-
veit (Life and Reminiscences of G. D., London
1885) pnden. Vielleicht hätte ein Autor wie Göfta
Ecke auch die Glefensverwandfchaft Dores mit
Künftiern wie Meryon, Goya, Kubin näher um-
riffen, von andern Geficbtspunkten gefeben als
Fjartlaub. Aber das iß vielleicht Frage des Cem-
peraments. Eine Ehrenrettung und eine Auf-
erftebunq zugleich liegt in Rartlaubs Dore be-
fcbloffen. Gliefe.
Friedrich Schott, Der Augsburger Kupfer-
stecher und Kunsiv er leger Martin Engel-
brecht und seine Nachfolger. Ein Beitrag
zur Geschichte des Augsburger Kunst- und
Buchhandels von 1719—1896. I.A. Schlosser-
sche Buch- und Kunsthandlung (F. Schott).
Augsburg 1924.
Der Verfaßer, der jetpge Inhaber des von
M. Engelbrecpt gegründeten Verlages, ift mit
großer Liebe und Sorgfalt feinem Cbema nach-
gegangen, mit dem erfreulichen Refultat, daß
wir auf dem Gebiet der Graphik um ein neues,
zuverläfpges Oeuvre-Verzeichnis, nämlich das
des Martin Engelbrecht, reicher geworden find.
Diefes Verzeichnis weicht von den landläupgen
infofern ab und ift darum befonders intereffant,
als es weniger die felbftändigen Glerke eines
Einzelnen enthält (Engelbrecht war kein allzu
bedeutender Künßler und erfand wenig), als vor
allem ein lebendiges Bild von der Cätigkeit eines
Kunftverlegers des 18. Jahrhunderts gibt. Martin
Engelbrecht verlegte an die 6000 Stiche, und
mancher Name von Klang ßndet fid) unter feinen
Mitarbeitern. Der ümfang des Verlages macht
das febr häufige Vorkommen von Stichen mit
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