Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0135

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Verschiedenes

und Stelle fand sich tatsächlich ein 1,65 zu
1,85 messendes, allerdings stark beschädig-
tes Gemälde vor, und es scheint sich zu be-
stätigen, daß es sich um die in Frage kom-
mende Kreuzigung des Greco handelt. A. D.
EXPERTISEN
Der holländische Kunsthistoriker Dr.Baert
de la Faille macht in der letzten Nummer
des „Veilingsbode“, Amsterdam, in einem
ausführlichen Expose den Vorschlag, dem
Unfug des Expertisewesens dadurch vorzu-
bauen, daß in den verschiedenen Kultur-
ländern besondere Expertisengeschäftsstel-
len eingerichtet werden, deren Gutachten
als die einzig gültigen für Händler und
Sammler zu gelten haben. Mitglieder dieser
Geschäftsstelle sollen allein Angehörige des
betreffenden Landes sein, und zwar Spezia-
listen für Alte Gemäldekunst, Moderne Ge-
mälde, Antiquitäten, Alte und moderne gra-
phische Kunst usw. Jede Abteilung gibtfür
die ihr zur Begutachtung eingeschickten
Gegenstände gegebenenfalls eine Echtheits-
bescheinigung ab, die von allen Mitgliedern
der betreffenden Abteilung gezeichnet und
mit einer Photographie des Werks versehen
sein muß. Jedes Land verfügt Übei- genü-
gend viele Fachleute, um die eigene einhei-
mische Kunst beurteilen zu können. Aller-
dings können als Beurteiler durch die Ab-
teilungen auch führende Ausländer hinzu-
gezogen werden. Die Duplikate der Be-
scheinigungen sind in einem, in der Schweiz
oder in Holland zu gründenden Zentralbu-
reau zu sammeln. Dieses Bureau hätte als
die zentrale Auskunftsstelle zu dienen. Die
Unkosten sind durch (niedrige) Taxen für
die Bescheinigungen zu decken. H.
Anm. derSchriftleitung: Derartige Vor-
schläge, um das Unwesen der Expertisen,
das zumal in der Inflationszeit zumTeil gro-
teske Tatsachen zutage gefördert hat, zu
normalen Möglichkeiten zurückzuführen,
sind auch früher schon gemacht worden.
An ein ,,Völkerbunds“-Zentralbureau für
Expertisen aber hatte bisher niemand ge-
dacht — vielmehr wäre schon viel gewon-
nen, wenn den wilden Experten dadurch ihr
zum Teil nicht sauberes Handwerk gelegt
würde, daß jedes mit Spezialisten besetzte
Museum verpflichtet wäre, in jedem Fall
schriftlich bestimmte und auf die knappste
Formel gebrachte Gutachten abzugeben, die
das Museum als solches gegen eine mäßige
Taxe ausstellt und registriert, so daß jeder-
zeit auch eine Kontrolle durch Rückfrage
möglich ist. Das Bedenkliche beim heuti-
gen Expertentum besteht darin, daß oftmals
die Interessen des Experten mit denen des

Urteilerfragers konform gehen, bzw. daß
nicht ganz unbestechliche Sachkenner durch
das sogenannte Expertenhonorar oder an-
dere Vorteile (Bereicherung der unterstellten
Sammlung usw.) in ihrem objektiven Urteil
beeinflußt werden. Jeder Schritt aber, der
überhaupt der Gesundung im Expertisen-
wesen entgegenführt, ist an sich schon
dankbar zu begrüßen.
ROM
Winckelmannsitzung im archäo-
logischen Institut.
Am 8. Dezember fand im archäologischen
Institut die erste Winckelmannsitzung nach
dem Kriege unter starker Beteiligung statt.
Von der deutschen Kolonie hatten sich die
wissenschaftlich interessierten Kreise voll-
ständig eingefunden. Auch der deutsche
Botschafter beim Quirinal, sowie der öster-
reichische Gesandte beim päpstlichen
Stuhl, Ludwig v. Pastor, und der schweizer
Gesandte Wagniere waren erschienen. Er-
freulich war aber die Tatsache, daß auch
die nichtdeutsche Wissenschaft es nicht
verschmäht hatte, der Einladung zu dieser
Feier Folge zu leisten. So waren von italie-
nischen Gelehrten u. a. Paribeni, der Direk-
tor des Thermenmuseums, Nogara, der Ge-
neraldirektor der vatikanischen Sammlun-
gen, und Hermaninx, der Direktor der Cor-
sinigalerie, erschienen. Die britische und
amerikanische Schule, das holländische und
ungarische Institut waren durch ihre Direk-
toren vertreten.
Der Vortrag wurde durch den ersten Se-
kretär des Instituts, Prof. Amelung, in ita-
lienischer Sprache gehalten. In seinen ein-
leitenden Worten hatte er die schwierige
Aufgabe zu lösen, vor den Vertretern der
fremden Nationen die Geschichte des Insti-
tuts nach dem Krieg zu schildern.
Die wissenschaftlichen Ausführungen
Amelungs behandelten eine griechische
Kunstschule des V. Jahrhunderts: Er grup-
pierte um den sog. Omphalosapollo des
Athener Nationalmuseums eine Anzahl
Werke, deren gemeinsame Züge er nach-
wies. Der Abguß einer besonders wichtigen
im römischen Thermenmuseum befindli-
chen Statue war von der Direktion dieses
Museums zur Verfügung gestellt worden.
Wenn man diese Versammlung von Ge-
lehrten der verschiedensten Länder Euro-
pas, die sich hier zum erstenmal nach dem
Krieg in den Räumen des archäologischen
Instituts zusammengefunden hatten, über-
sah, dann konnte man mit der Überzeugung
von dannen gehen, daß jetzt wieder ein
wissenschaftliches Zusammenarbeiten aller
Nationen möglich geworden ist. L.S.

III
 
Annotationen