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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 5
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0292

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Ausstellungen

kenheit eignet seinen Farben und Raum-
elementen, ohne daß, wie bei einigen seiner
holländischen Landsleute, das Flächige
dem Wandbildmäßigen sich näherte.
„Das Junge Rheinland“ hat mit sei-
ner ersten Wanderausstellung im Kunst-
verein begonnen. Die Gruppe wurde in
der breiteren Öffentlichkeit bekannt, als sie
mit der Dresdner Sezession und der No-
vembergruppe zusammen eine erste Inter-
nationale Kunstausstellung in Düsseldorf
veranstaltete. Die Grundeinstellung der
Gruppe, die jungen Kräfte des Rheinlan-
des zu sammeln, ist geblieben, wenn auchl
die Zahl der Mitglieder zurückgegangen zu
sein scheint. Wie immer in solchen Fäl-
len muß manches Unwichtige mit durch-
geschleppt werden, auch manches, das kei-
neswegs wie Junges Rheinland aussieht.
Daneben stehen aber ein paar Eigene, die
deutlich wissen, was sie wollen, Max Ernst
vor allem, Adalbert Trillhase, Gert Woll-
heim, Hans Rilke. Max Ernst hat manches
von den Valori plastici, aber seine Phan-
tasie ist niederrheinisch. Wollheim steht
dem Verismus nahe, aber seine Malerei ist
elastisch und westlich orientiert. A.Trill-
haase hat Beziehungen zu den primitiven
Niederländern, aber seine Verdeutlichung
ist idyllischer. Im übrigen sieht man, daß
das Junge Rheinland unter denselben Ster-
nen lebt wie die übrigen Provinzen Deutsch-
lands. Man spürt die Beeindruckung durch
Dix, Klee und die Abstrakten, wenn man
von älteren Einflüssen absehen will, die
zu überwinden wären. Im ganzen vermit-
telt die Ausstellung mehr einen Einblick in
die Bewegung der Kunst als eine Bekannt-
schaft mit neuen Künstlern. Grohmanrt.
Galerie Arnold veranstaltet nach Schluß
der Kokoschka-Ausstellung am 8. März
eine größere Ausstellung der Plastiken von
Georg Kolbe. In Vorbereitung für April
ist eine Ausstellung der Werke von Fer-
dinand Hodler.
AMSTERDAM
Im Städtischen Museum stellt sich Lo-
dewyk Schelfhout mit seiner jährlichen
Ernte ein. Seine Motive, seine Formen-
sprache erweisen sich als immer begrenz-
ter. Die Abwandlung ein und derselben
Haltung bei Menschen, Tieren und Dingen
geht bereits in die Routine über. Statt der
Form steht die Formel. Die quantitative
Fruchtbarkeit kann nicht darüber täuschen,
daß er, wie schon einmal in einer früheren
Periode, einen Erstarrungszustand durch-
macht, der dieses Mal freilich bedenklicher
ist, da Schelfhout nicht mehr sucht, son-
dern sich selber als arrivierten Meister be¬

handelt. Will er weiter kommen, so wäre es
nötig, daß er durch das Erreichte, das er
immer wiederholt, durchbräche. H.
DEN HAAG
In der Königl. Kunsthandlung Kley-
kamp wurde eine Ausstellung von Gemäl-
den eröffnet, die sich stolz und heraus-
fordernd „Die Modernen“ nennt. Es geht
um die Maler Jan Sluyters, Leo Gestel, Col-
not, Mathieu Wiegman, Piet van Wyn-
gaerdt, Toon Kelder, allesamt Künstler, die
vielleicht im Haag noch als „modern“ an-
muten, im Grunde jedoch ihre Reputation
gar nicht mehr zu erkämpfen brauchen. Es
sind die angekommenen, die nun schon
tonangebenden Talente, deren Entdeckung
und Vorstellung im Haag reichlich spät,
reichlich nachträglich erfolgt. Sie gehören,
wie sie in der Ausstellung zusammenge-
würfelt wurden, insofern zueinander, als
die Abkunft, die sie wohl verleugnen möch-
ten, die Abkunft von Breitner nun deut-
lich wird. Breitner, der Tote, erweist sich
als der Stärkere; er holt sie, die sich von ihm
ablösen wollten, Schritt um Schritt zurück
und vereitelt so abermals das Entstehen
einer mehr als nur lokal-wichtigen Schule.
Diese Maler, die noch vor zehn Jahren so
feinhörig auf den großen Strom der euro-
päischen Formwandlungen hinhorchten,
sie sind matt und müde geworden und ret-
ten sich in das seit alters Gekonnte. Nur
Toon Kelder macht eine Ausnahme. Diese
Ausnahmestellung aber gewinnt er nicht so
sehr durch das Artistische denn durch das
Menschliche: sein Temperament ist es, was
sich als unverbraucht, draufgängerisch,
sinnlich-überschäumend erweist. Er kommt
aus Rotterdam; er scheint seiner Art nach
südlicheren, vielleicht belgischen Blutein-
schlag zu haben. Dieser rettet ihn in einem
Lande, wo die Künstler isolierter stehen als
anderswo, wo sie sich gegenseitig wie Ber-
serker um die Futter- und Prestigekrippe
raufen und wo die Kritik ihre einzige Auf-
gabe darin sieht, zu bremsen und an die
„großen Meister“ zu erinnern. Auf den hol-
ländischen Modernen lastet die Vergangen-
heit; ein Marinetti wäre hier nötig, um mit
dieser Bürde immer tödlicherer Konventio-
nen aufzuräumen.
Dr. Knüttel vom Haager Gemeinde-
museum ist dieser Marinetti-Herkules
nicht. An der modernen Abteilung des Ge-
meindemuseums, dieihmuntersteht, suchter
klassischen, nämlich den historischen Sam-
mel- und Aufhängungsgrundsätzen treu zu
bleiben: Die Toten müssen ebenso zu ihrem
Rechte kommen wie die Lebenden. Die
Übersicht über das letzte Jahrhundert, die

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