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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 7
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0416
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Stattgehabte Versteigerungen

naissance. Besonders umfassend ist die
Abteilung alter Ölgemälde. Die deutsche, die
italienische und die niederländische Schule
besonders mit Meistern des 17. Jahrhunderts
ist gut vertreten. Unter den plastischen Ar-
beiten befinden sich neben gotischen Fi-
guren und Reliefs, italienischen Bronzen,
deutschen und italienischen Plaketten, vor-
treffliche Proben der Plastik des süddeut-
schen Barock und Rokoko. Ostasiatisches
Kunstgewerbe, Stiche, Handzeichnungen,
Bücher und Vitrinenobjekte geben der Ver-
anstaltung einen guten Abschluß. r.
PARIS
Am 23. April findet im Hotel Drouot eine
Versteigerung moderner Bilder statt, die
zwar nur 102 Nummern umfaßt, aber den-
noch wichtige Dokumente der neueren fran-
zösischen Malerei unter den Hammer bringt.
So befinden sich in dieser Sammlung allein
fünfzehn Bilder von Odilon Redon,
zehn der wichtigsten Schöpfungen von
Utrillo und fünf bemerkenswerte Gemälde
von Eugene Carriere. Außerdem Bilder
von C. Pissaro, Maurice Denis, Derain,
Raoul-Dufy, Guillaumin, Marquet,
Henri Matisse und hervorragende Aqua-
relle von Rodin.
Am 2g. und 30. April findet, ebenfalls im
Hotel Drouot, die Versteigerung des Nach-
lassen von Th. A. Steinlen statt, die auch
zu den bemerkenswerten Tatsachen der Pa-
riser Frühjahrssaison zählen dürfte. G.
Statt gehabte
Versteigerungen
DIE SAMMLUNG DARMSTAEDTER
Man hatte sich nicht getäuscht. Wernach
Einsicht in den monumentalen Katalog er-
warten konnte, daß Berlin wieder einmal
seine großen Auktionstage haben würde, wie
sie vor dem Kriege nicht selten waren, die
ein internationales Publikum von Kennern
und Sammlern zusammenführen würden,
hatte recht behalten. Es war zweifellos ein
großes Wagnis, sowohl seitens des Besit-
zers der Sammlung, wie der Versteigerungs-
firma, diese Sammlung auf den Markt zu
bringen, in einer Zeit, in der jedermann
mehr oder weniger berechtigt, aber minde-
stens zum guten Ton gehörig, erklärt, daß
die Zeiten entsetzlich seien. Der Erfolgwar
auch für Kenner der Verhältnisse und des
Kunstmarktes überraschend groß. Wenn
heute für Kulturwerte noch so viel Idealis-
mus vorhanden ist, daß er sich auch mate-
riell so auswirkt wie in diesem Falle, dann
ist es ein erfreuliches Zeichen für die Le-

bensauffassung der Begüterten. Abgesehen
davon ist hier doch auch zur Evidenz der
Beweis erbracht, daß alle diejenigen ihr Ka-
pital am besten angelegt haben, die gute
Kunstwerke kauften; sie haben nicht nur
ihre Substanz erhalten, sondern sie auch
vervielfacht. Man kann das bei Aktien und
Staatsanleihen nicht gerade sagen.
Der große Oberlichtsaal konnte nicht im
entferntesten die Zahl der angemeldetenBe-
sucher fassen, so daß freundlichste Über-
redungskunst notwendig war, alle wenig-
stens einigermaßen unterzubringen. Von
Museumsleitern waren fast alle, auch von
den kleineren Provinzmuseen, vertreten.
Der Handel selbstverständlich vollzählig,
Franzosen, Belgier und Engländer einge-
schlossen. Es zeigte sich hier dasselbe Bild
wie seinerzeit bei der Dresdner Johanne-
ums-Versteigerung. Dem Auslandwaren die
Preise zu hoch; sie mußten sich mit gerin-
gem Kauf erfolg zufrieden geben. Im allge-
meinen blieben Meißener Figuren etwas
hinter dem Friedenspreis zurück, dagegen
erfuhren Geschirr und Vasen eine ganz er-
heblich höhere Bewertung. Dasselbe zeigt
sich bei fast allen Manufakturen. Daß Spit-
zen, wie z.B.die kleineTitelfigur von Kaend-
ler, das Nymphenburger Paar „Kavalier und
Dame“ Preise brachten, wie sie auch vor
dem Kriege unerhört gewesen wären, ändert
nichts an der Ansicht über denDurchschnitt.
Von deutschen Manufakturen am wenigsten
gewertet wurde Frankenthal, was sich schon
bei der Versteigerung Wurz zeigte. Es
kommt daher, daß die Sammler großen Stils
in Süddeutschland nicht mehr existieren,
und daß der Nachwuchs noch nicht reif ge-
nug dafür ist, erheblichere Summen für erst-
klassige Heimatskunst anzulegen. Interes-
sant ist, daß Sevres im Verhältnis zu den
deutschen Manufakturen weit zurückblieb.
Woran es liegt, daß gerade Sevres, das von
den achtziger Jahren an bis zum Kriege in
seinen exquisitesten Erzeugnissen, wie Pom-
padour-Rosa, Türkisblau, Apfelgrün, phan-
tastisch hoch bewertet wurde, ist nicht er-
sichtlich, jedenfalls ist der Markt dafür in
Paris und London stark zurückgegangen,
was sich natürlich auch in dieser Sammlung
bemerkbar machte. Alles in allem, es war
ein außerordentlicher Erfolg, der um so hö-
her zu bewerten und zu begrüßen ist, als er
doch zeigt, daß es in dieser Zeit der Un-
sicherheit der Anlage ersparten Geldes keine
reine Luxusausgabe ist, sich Kunstwerke zu
kaufen, sondern auch einen recht soliden
materiellen Hintergrund hat.
Die erzielten Preise sind in der Beilage
„Versteigerungsergebnisse“ im Heft 7 und 8
dieser Zeitschrift angegeben. r.

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