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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 7
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0236
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tritt mitunter nicht genügend zurück, aber seine
besten Studien sind breit und locker gemalt.

Daß in Köln Fragen der modernen Baugestallung
jetzt mächtig in Fluß kommen, hängt sicher mit
dem Wirken des neuen Museumsdirektors J)r.
With zusammen. Im Lichthof seines Museums zeigt
er Photographien von Bauten der Kölner Archi-
tekten Riphahn, Schumacher, Fluß, Doering, Lütt-
gen, Klotz und Fieth. »Raum und Wandbild« heißt
die jüngste Veranstaltung des Kölnischen Kunst-
vereins. Für die eingebaute Architektur zeichnet
II. FI. Lüttgen verantwortlich. Er läßt die schöne
Form und das Material bewundern. Alle Zimmer
haben eine persönliche Prägung, sie beseitigen
Überflüssiges und betonen den Nutz- oder Wohn-
zweck. Die bildliche Ausschmückung wurde
einheimischen Malern übertragen. Nur lläder-
scheidt und Davringhausen sehen ihre Bilder
hintergrundlos zwischen Holzschienen, ein Be-
weis, daß ein Gemälde niemals ohne Rückwand
bestehen kann. F. Kronenberg schmückt den Emp-
fangsraum mit Übersetzungen balinesischer Rhyth-
mik in gedämpften Farben. Das Speisezimmer
malt Seewald mit lustigen, graphisch schwarzwei-
ßen Tierbildern aus. Im Wohnraum zeigt J. Adler
Fresken, sicher nicht die beste Arbeit des über-
aus begabten Künstlers. Iiörle belebt eine Biblio-
thek mit reizvollen Kompositionen, von der größ-
ten, mit seltsam geehrte« Baum kann man ver-
muten, daß sie auf die Ergänzung des gelesenen
durch das gesprochene Wort anspielt. Einem tief-
roten Büro gibt Seiwert maschinell zusammenge-
setzte Gestalten, in diesem Zusammenhang von
glücklichster Wirkung. Uneingeschränkte Bewun-
derung verdient das Kinderzimmer mit entzückend
verspielten, kindlichen Malereien der Martha Ilege-
mann. Hätte der Architekt es mit dem malerischen
Schmuck bewenden lassen, so wäre sein Versuch
restlos gelungen. Aber er betätigt sich selbst in
unangenehm antikisierenden Gefäßen, und was er
an fremder Keramik aufnahm, gehört zum Schlech-
testen, was man finden kann. Eine formlose Pla-
stik stimmt unangenehm mit der Farbe der Kis-
sen überein. Gerade wer die im Kunstverein durch
Lüttgen und seine Maler geleistete Arbeit bewun-
dert, hat das Recht, ein noch Mehr an künstleri-
scher Durcharbeitung zu verlangen. Der Gedanke
der Ausstellung verdient jedenfalls Nachahmung.
Wie wäre es übrigens mit dem Menschen im
Raum? Auf allen Innenarchitektur-Aufnahmen
ist der Bewohner so ängstlich vermieden, daß man
in ihm wohl eine Störung der Architektur ver-
muten kann. Eigentlich sollte der Wohnraum nicht
ein, sondern sein Kunstwerk sein.
Bei H. Abels findet man das Werk des Bild-
hauers M. Kogan, an Umfang weit über das kürz-
lich in Berlin gezeigte hinausgehend. Große, in
Rötel gezeichnete Akte, gehören zum Schönsten.

Der wundervolle Rhythmus seiner Graphiken,
Zeichnungen und Stickereien ist bekannt. Man sieht
plastische Arbeiten in Bronze und Kunststein, köst-
liche Dinge, welche die tastende Hand verlangen.
Um so unverständlicher ist das Stehenbleiben von
Gußnähten und in einem Falle sogar von sägearti-
gen Zacken. Neben Kogan zeigt der Kunstsalon
eine beträchtliche Sammlung von Aquarellen E.
Noldes. Aquarell ist Glückssache. Manchmal ge-
lingt es über die Maßen (Papageien, Störche).
Alfred Salmony
WIEN / Ausstellung der Kunstschau
Nach mehrjähriger Pause haben sich in der »Sezes-
sion« die Mitglieder der »Kunstschau« wieder zu-
sammengefunden. Die durch die schroffe Gegen-
sätzlichkeit der künstlerischen Charaktere immer-
hin anregende Ausstellung der ehemals wegweisen-
den radikalsten Künstler Österreichs, deren Mehr-
zahl ihre Idinneigung zum Impressionismus ver-
einigt, wird von der umfangreichen Sonderkollek-
tion von Faistauer beherrscht.
Überrascht steht man vor den Bildern der zwei
letzten Jahre, dem sich nach einer Periode des Ver-
harrens und Experimentierens an einzelnen Wer-
ken erschließenden Reichtum der Palette. Der
Opernsänger Mayr als Ochs von Lerchenau gehört
— rein malerisch —- mit L. Corinths unvergleich-
lichem Bildnis Ritters als Florian Geyer und den
Andrade-Bildnissen von Slevogt zu den besten
Schauspielerbildern neuerer deutscher Kunst. Von
ungemeiner Verve das Selbstbildnis, ganz in Be-
wegung aufgelöst, typisch für den Salzburger »Fa
Presto«. In diskreten, schummrig-zarten Tönen die
Landschaft von Salzburg.
Im Ausdruck freilich bleiben die ganz auf Farbe
und Bewegtheit eingestellten Bildnisse von Fai-
stauer hinter dem Bildnis F. Wolf von Kokoschka
zurück, wenngleich dasselbe zu den schwächeren
Bildnissen des Künstlers zählt.
Von dem Wenigen, was sonst noch von Belang ist,
verdienen an erster Stelle die Bilder von Wicken-
burg genannt zu werden, eine geistreiche figurale
Komposition (»Artisten«) von zwingender Logik
und Prägnanz und einige dekorative Stillehen, die
durch die Eigenart ihrer Farbenkombinationen
fesseln.
Bei Gütersloh in den meisten Landschaften der
übliche Widerstreit zwischen naturalistischem Se-
hen und Stilisierung, der bloß in einer anmutsrei-
chen Landschaft von Gagnes restlos überwunden
ist. Die Blumenstücke wie aus Papier geklebt. Von
R. Andersen mehrfache Proben geschmackvoller,
durchaus ehrlich anmutencler Malerei. H. Böckl
hat eine Anzahl großformatiger Bilder ausgestellt,
deren Gewaltsamkeit und Unausgeglichenheit den
Beschauer nicht recht froh werden läßt.
Die Sonderkollektion von Zülow zeigt in der
gleichmäßigen Behandlung unterschiedlicher Stoffe
deutlich die Einseitigkeit seiner auf beschränk-

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