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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 8
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Ben Gavriʾel, Mosheh Yaʿaḳov: Das Grab des Nikanor
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0259
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den — in dem die Reste von drei mächtigen Säulen auf eine großartige Überdachung
schließen lassen, entläßt vier Eingänge in die Erde hinein. Betritt man einen derselben,
dann findet man sich in einer kleinen Halle, deren Boden ein Bankgrab aufweist, also
einen senkrechten Schacht, kein Schiebegrab, was darauf schließen läßt, daß hier die
Toten definitiv begraben wurden. Dafür spricht auch die großartige, sich über etwa
77 o qm erstreckende Weitläufigkeit der Anlage dieses Familiengrabes, das ein kommuni-
zierendes, labyrinthartiges, durch drei Etagen bis viereinhalb Meter unter die Erdober-
fläche dringendes System von mehr als 50 Einzelgräbern darstellt. Dennoch scheint sich
diese gigantische Grabanlage für die anscheinend sehr ausgebreitete Familie schließlich
als zu klein erwiesen haben, denn wir finden auch ein paar größere Grabkammern
mit Schachtgräbern1.
Daß dieses — vor ein paar hunderten Jahren zum Teil geplünderte — Familiengrab
das des Nikanor darstellt, ist einwandfrei erwiesen worden, als man den Steinsarkophag
des Stifters fand, der in unumstößlich klaren Worten durch eine einfache Inschrift
verkündet: »Knochen des Nikanor, des Alexandriners, der das Tor machte«.
Zeichen einer merkwürdigen Sicherheit, daß die Jahrtausende später wissen werden,
welches Tor damit gemeint ist. Oder soll es ein Zeugnis für den Jüngsten Tag sein?
Der Mann, der das Tor machte. Damit ist seine geschichtliche Bedeutung ein für
allemal festgelegt und wenn er selbst auch heute im Britischen Museum ruht, pietät-
los der ihm angestammten Erde entrissen, kündet eine Allee von Tamarisken, die
Schederat nikanor, die vom mathematischen Institut zu seinem Grab führt, von seiner
Tat, das großartigste Tor des Tempels gespendet zu haben.
Ich stehe mit Dr. Sukenik, dem Archäologen der Universität und Entdecker der soge-
nannten Dritten Mauer von Jerusalem, am Ende der Nikanor-Allee, und blicke auf die
Stadt Jerusalem. Eine Stadt, wert eines grandiosen Nikanor, eine Stadt, die es selbst-
verständlich macht, daß sich in ihr ein Privatmann durch eine steinerne Visitenkarte
mit neun Worten, flüchtig hingekritzelt, ganz nonchalant, so von oben herab, der
Ewigkeit versichern konnte.
1 Leider war es dem Verfasser nicht möglich, gerade von dieser Anlage ein Photo beizubringen.
Die Red.

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Ossuarium des Nikanor

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