Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Friedländer, Max J.: Neues über den Meister Michiel und Juan de Flandes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0280
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Meister Michiel Ausschnitt
Paris, Sammlung Quesnet
Die Hypothese in bezug auf den Meister Michiel stützte sich hauptsächlich auf seine,
durch diese Inventarbeschreibung belegte, Übung, den Heiligen fürstliche Personen zu
substituieren. Eben dies tat der Maler der Berliner Madonnentafel.
Offenbar war Michiel der bevorzugte Porträtmaler des spanischen Hofes. Er hat die
Königin Isabella angeblich in ihrem dreißigsten Lebensjahre (also schon 1481) gemalt,
deren gleichnamige Tochter, die den König von Portugal heiratete, und den Hof-
beamten (» contrerolleur«) Charles Oursson. Diese Bildnisse im Besitze der Statthalterin,
die auch eine kleine Madonna mit dem schlafenden Kind von Michiel besaß, die sie
ihren Liebling (»mignonne«) nannte. Eine Tafel, zu der die Beschreibung paßt, die
aber im Stil an Joos van Cleve erinnert, in Lebrija (Senora de la Oliva).
Im Jahre 1515 scheint Michiel in seine niederländische Heimat zurückgekehrt zu sein,
vielleicht von Margarethe berufen. Gerade aus dieser Zeit sind zwei Zahlungen an ihn
urkundlich bekannt geworden. Ferdinand, der spanische König, läßt im September
dieses Jahres eine auffällig hohe Summe anweisen für die Dienste, die Michiel der
längst verstorbenen Königin zwischen 1492 —1504 geleistet habe1 2 *. Es klingt wie Ab-
findung und Schlußzahlung. Im März desselben Jahres läßt Margarethe eine Geld-
summe an Michiel (Zittoz) zahlen', der sich damals anscheinend in den Niederlanden
aufhielt.
Carl V. scheint die Vorliebe seiner spanischen Großmutter und seiner Tante geteilt zn
haben. Im Inventar der Gemälde, mit denen er sich in St. Yust umgab, stoßen wir
auf den Namen Tizian viele Male und auf den Michiels, von dem hier ein großes Bild
mit der Kreuztragung Christi aufgeführt wird und ein Christus mit dem Kreuz'5.
Unter den Werken Michiels, die im Inventar der Statthalterin Margarethe genannt
werden, befand sich eine Doppeltafel, die Himmelfahrt Christi und die Himmelfahrt
Mariä. Diese beiden Tafeln gehörten ursprünglich zu der umfangreichen Serie, die
Justi4 mit vollem Erfolg dem Juan de FJandes zugeschrieben hat. Dies wird deutlich
aus folgender Inventareintragung5: Trente petis tableaulx, tous d’une grandeur, de la
vye et passion de Nostre-Seigneur qui sont deans une layette de sapin oü y en avoit
XXXII- mais les deux qui estoient faiz de la main de Michiel sont estez prins pour
1 D. Pedro de Madrazo, Viaje artistico de tres siglos por las colecciones de cuadros de los reyes
de Espana, Barcelona 1884. S. 19.
2 Crowe und Cavalcaselle, Les anciens peintres Flamands 11, S. CCCXI-
,! D. Pedro de Madrazo a. a. O. S. 38.
1 A. a. O. S. 1 59.
5 Gaye, a. a. O. II. S. 482.

250
 
Annotationen