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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 12
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Kunst-Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0396
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Judith, Susanna, Königin von Saba) , für die er ein-
wandfrei Stiche nach Arbeiten von Heinrich Goll-
zius und Rubens feststellt. Einzelheiten führen zu
weit. Um einige besonders bemerkenswer te Erzeug-
nisse Brüssels hervorzuheben, seien ein Teppich
um 1600 (Geschichte Davids) mit dem Wappen des
bekannten Würzburger Bischofs Julius Echter von
Mespelbrunn, ferner das technisch glänzend gelöste
Wirkereiporträt des Prinzen Friedrich Heinrich
von Nassau-Oranien 16/17) — wohl aus der Ma-
nufaktur des Ägidius van Habbeke nach Mierevelt
- und die prächtige Alexanderserie (sechs Teppi-
che nach Charles Le Brun, Skokloster) aus der
Werkstatt des Jan Frans van den Hecke erwähnt.
Tournai ist mit einer guten Jagdfolge um iöao
vertreten (vier Teppiche). Oudenaarde erscheint
mit einer signierten großblättrigen Verdüre, die
im Entwurf interessante Parallelen zu den Arbei-
ten von Enghien und Grammont bietet und einer
naturalistisch erfaßten Jagdfolge (vier Teppiche)
um i64o. Für Antwerpen nimmt der Verfasser
eine Geschichte Salomos (drei Wirkereien, um
1670) und die Zcnobiaserie (vier Behänge, um
j 680) in Anspruch. Genealogisch außerordentlich
interessant ist der i6/|5 datierte Ahnenteppich des
polnischen Bischofs Nikolaus Albertus Oloscow
(Schloß Skokloster), in einer flämischen Manufak-
tur (wahrscheinlich in Oudenaarde) entstanden.
Weitaus wichtiger als die Erzeugnisse Flanderns
und Brabants, für die immerhin noch reichlich
Parallelen vorhanden sind, erscheinen mir die Wir-
kereien der holländischen Betriebe, in erster Linie
die vollsignierte Christusfolge (Erschaffung der
Eva als Einleitungsstück, Verkündigung, kaufe,
Abendmahl, Kreuzigung, Auferstehung, Himmel-
fahrt, Jüngstes Gericht und sechs ornamentale Be-
hänge) aus der Goudaer Werkstatt des T. Schaep.
Die Wirkereien mit den Allianzwappen des Axel
Arenfeldt de Basnaes (y [\. Oktober 16/17) un<l der
Marie Ulfelclt (-j* 169/1) — der Besteller war Schatz-
meister König Christians IV. von Dänemark •—
sind insofern von hoher Bedeutung, als bisher
authentische Stücke der Manufaktur Gouda fast
nicht bekannt waren. Die Eigenart der Technik
und die Wahl der Farbengebung wirft neues Licht
auf die bislang wenig beachteten holländischen Be-
triebe; bemerkenswert ist der starke italienische
Einfluß, der sich namentlich in der Bordüren-
zeichnung äußert. Schon bekannter sind die im
Katalog aufgeführten Delfter Teppiche.
Frankreich ist mit einer Pariser Serie aus dem
Betrieb des Raphael van den Planken um i65o
(vier Behänge, Apollo und Daphne, Schloß Hes-
selby) und einem vereinzelten Gobelin, »Januar«,
aus der Jahreszeitenfolge (Wiederholung einer
Brüsseler Renaissanceserie), aus dem Atelier des
Jean Souet (um 1712), vertreten. Deutschland
dürften ein Behang einer Alexanderserie (mit deut-
scher Legende, wahrscheinlich aus der Werkstatt

des Jacob de Cannes) und ein Groteskenteppich
(Berlin oder Schwabach) zu überweisen sein. Als
Glanzstück erscheint ein Behang einer Davidserie
(um i55o) mit dem schwedischen Staatswappen in
der oberen Mitte (über der Darstellung) aus dem
Kalmarer Atelier des Nils Eskilsson nach dem Kar-
ton von Dominicus ver Will. Mit dankenswerter
Ausführlichkeit verbreitet sich Dr. John Böttiger
über den noch wenig bekannten Betrieb des schwe-
dischen Wirkers.
Insgesamt kommen 97 Teppiche zur Besprechung,
von denen 93 in Tafeln wiedergegeben sind. Weit-
aus den stattlichsten Bestand verzeichnet Graf Ma-
gnus Brahe auf Schloß Skokloster; in ziemlich
starkem Abstand kommen der Zahl nach die
Sammlungen der Frau Emma Zorn, des General-
konsuls Jean Jahnsson (Stockholm), des Grafen
Thure-Gabriel Bielke auf Schloß Sturefors, des
Marquis Claes Lagergren auf Schloß Tyresö, des
Generalkonsuls Carl Bergsten (Stockholm), des
Legationsrates Harry Axel Johnson u. a.
Dr. John Böttiger hat sich der Inventarisierung
mit äußerster Sorgfalt angenommen. Der Kata-
log bringt bei den einzelnen Stücken die Erläute-
rung der Darstellung, Namen von Wirker und Ent-
werfer; der Autor erwähnt gewissenhaft die Lite-
ratur, gibt Größenangaben, Kettstärke, Meister-
marken und übermittelt vor allem die genauen
Farbwerte in Figuren und Hintergrund.
Die vorliegende Arbeit John Böttigers ist ein außer-
ordentlich wertvoller Beitrag zur Geschichte der
Wandteppiche, ein Beitrag, der in seiner gewissen-
haften, kenntnisreichen und verantwortlichen Art
der Bearbeitung erfreulich gegen so manche Er-
zeugnisse der heutigen Bilderbuchliteratur absticht.
Wir sind dem Verfasser zu größtem Danke ver-
pflichtet; wir hegen zugleich die stille Hoffnung,
daß er Zeit und Muße findet, die im schwedischen
Privatbesitz verborgenen Wirkereien des 18.Jahr-
hunderts in gleich gründlicher und liebevoller
W eise einem größeren Kreise zugänglich zu ma-
chen. Heinrich Göbel
II. P. BREMMER: EGYPTISCIIE KUNST UIT
TIET MUSEUM TE LEIDEN. Verlag von Scher-
jon, Utrecht.
Seit langem ist eine groß angelegte erschöpfende
Veröffentlichung der an hervorragenden Stücken
ungewöhnlich reichen Leidener Sammlung im Er-
scheinen begriffen. Während dieses vorbildliche
Tafelwerk lediglich wissenschaftlichen Zwecken die-
nen soll, ist die vorliegende Auswahl von 5o Licht-
drucktafeln für weitere Kreise bestimmt und be-
schränkt sich daher auf die wichtigsten Werke.
Leider erfährt die Freude über das wohlgemeinte
Unternehmen insofern eine Einschränkung, als ein
Teil der Tafeln technisch arg mißraten ist.
Walther Wolf
 
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