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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Sonderheft Kunstliteratur
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Römer, Erich: Aus der Ernte des Dürer-Jahres
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0763
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AUS DER ERNTE DES DÜRER-JAHRES
VON ERICH RÖMER

FRANZ STADLER: DÜRERS APOKALYPSE UND
IHR UMKREIS (XII und 127 S.). 4°. R. Piper & Co.,
Verlag, München.
DÜRER, Niederländisches Reiseskizzenbuch
i520—21. Herausg. von Edmund Schilling. Ge-
leitwort von Heinrich Wölf flin. Mit 27 Faksimile-
Reproduktionen auf i5 Tafeln. Prestel-Verlag,
Frankfurt a. M. 1928.
DÜRER-ZEICHNUNGEN IM LUBOMIRSKI-MUSEUM
IN LEMBERG. Herausg. von M. Gebarowicz und
Hans Tietze. (24 S. und 24 Taf.) Verlag von Anton
Schroll, Wien 1929.
FESTSCHRIFT ZUR 400 JÄHRIGEN GEDÄCHTNIS-
FEIER DÜRERS 1528/1928. Mitteilungen des Ver-
eins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bd. 28. (426 S.)
Verlag von J. L. Schräg, Nürnberg 1928. Enthält
u. a. Dürer als Künstler und Mensch im Umriß dar-
gestellt von Theodor Hampe S. 1—67. Dürers Ge-
dächtnis im Briefwechsel Pirckheimers von Emil
Reicke S. 363—4o6.
ALBRECHT DÜRER - FESTSCHRIFT DFR INTER-
NATIONALEN DÜRER-FORSCHUNG. Herausg. vom
Cicerone. (i32 S.) Klinkhardt & Biermann, Verlag,
Leipzig-Berlin 1928. Enthält u. a. Max J. Fried-
länder, Die Gemälde Dürers auf der Nürnberger
Ausstellung S. 5—15, Axel L. Romdahl, Dürer und
die Apokalypse S. i5—28, A. de Hevesy, Dürer und
Jacopo de Barbari S. 32—!\i.
FRIEDRICH WINKLER: DÜRER-STUDIEN. In: Jahr-
buch der Preuß. Kunstsamml. Bd. 5o, S. 123—166.
I. Dürers Zeichnungen von seiner ersten italienischen
Reise; II. Dürer und der Ober St. Veiter Altar. G. Gro-
tesche Verlagsbu chhandlung, Berlin 1929.
HANS WOLFGANG SINGER: VERSUCH EINER
DÜRER-BIBLIOGRAPHIE. Zweite über das doppelte
vermehrte Auflage. Studien zur deutschen Kunstge-
schichte. Heft 41. (XII und 198 S.) J. H. Ed. Heitz,
Straßburg 1928.
FRIEDRICH HAACK: DÜRER DER MENSCH UND
DER KÜNSTLER. — HANS PREUSS: DÜRERS
CHRISTUSIDEE. Erlanger Universitäts-Reden 3 und 4-
(24 S.) Verlag von Palm & Enke, Erlangen 1928.
DÜRER. Vortrag von Max J. Friedländer. (16 S.)
Verlag der Preuß. Akademie der Künste, Berlin 1928.
I. GEGENSÄTZE
»Das erwünschteste Ergebnis des Dürer-Jahres
wäre gewesen, wenn Deutschland endlich über sei-
nen Dürer sich hätte einigen können« (Wölfflin
über Tietzes »Jungen Dürer« in Deutsche Lit.-Ztg.
I929> N. F.VI Sp. 902). Ich zweifle, ob dies Ergebnis
jemals ohne Kommandierung von Stahlhelm oder
Rotfront im Kampfe mit dem begriffsstutzigen
Fachmann zu haben sein wird, ja ob es Segen für
die Forschung verspricht. Der Kampf, mit der
Dürer-Kritik seit der »Objektivierung« ihrer Me-

thodik verbunden, hat mindestens das Gute, daß
der Kampfplatz nach Waffen (zu deutsch: neuem
Material) bis ins letzte Winkelchen durchsucht
wird. Dabei ist Dürer der genauestens bekannte
deutsche Künstler geworden.
Das Dürer-Jahr hat mit seinen großen, dies Mate-
rial aus zerstreuter Fülle mit dem Wunsche des
Abschlusses sammelnden Werken heute ermöglicht,
daß alle den Dürer bequem kennen können. Wie
sie ihn beurteilen, ist ein Teil ihres geistigen Welt-
bildes, und da wird es niemals einerlei Meinung
geben, so lange die deutsche Wissenschaft die in-
nere Selbständigkeit ihren Weltanschauungen,
Prinzipien und Methoden (ihr altes Palladium) auf
dem Markte der Meinungen mit dem Dissens aller
mit allen bezahlt.
Und so wird es bleiben, weil Dürer die Zentralfigur
der deutschen Kunst ist. Ceteris paribus: der
»Grünewald«, Cranach oder Holbein stehen als hi-
storische Figuren im Kräftespiel ihrer Zeit und
in unserer Beurteilung fest — vielleicht allzu
leicht. Durch Dürer aber geht der deutsche Zwie-
spalt mitten hindurch.
Davon ist es ein kleines Teilergebnis, daß wir einen
»evangelischen« Dürer haben und einen »katholi-
schen«. Wir haben einen »italienischen« und nun
auch einen »deutschen«. Weil er das Ganze seiner
Zeit erlebend umfassen wollte, kann sein Wesent-
liches mit einem gewissen Rechte auch noch von
denen beansprucht werden, die nur einen Teil von
Dürers so geistiger wie sinnlicher Welt in unserer
alles teilenden Zeit für sich bewahrt haben. Wir
haben kritisch analysierende »Dürers« bald so viele,
wie es Standpunkte historischer Kritik in deutscher
Wissenschaft gibt, und wir haben — auf kritischer
und auch unkritischer Grundlage — Ansätze zur
Synthese: die phänomenologisch gewonnene »We-
sensschau« fehlt zur Zeit noch. So hat Dürer kri-
tisch der Überlieferung gegenüber gestanden, hat
er mit der Andacht zum Größten wie zum Klein-
sten dem Wesen sich hingegeben, das er in der Form
des Menschen und alles Gewachsenen zu erfühlen
und zu errechnen sich getraute. Der historische
oder ästhetische Standpunkt des heutigen For-
schers, ist er nur mit wünschbarer Festigkeit ge-
nommen, kann bei aller Einseitigkeit gleichfalls
auf etwas Wesentliches in Dürers Arbeit vorstos-
sen — weil auch Dürer auf vielerlei Wegen seine
Arbeit verwirklichte.
II. FRÜHE LANDSCHAFTEN
Dürers Weg durch die Überlieferung ist vielver-
schlungen, wie verwirrt und schwer einzusehen,,
schwerer anderen in seinem Widerspiel von An-
passung und Führung klarzumachen. Der Weg

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