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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Sarre, Friedrich: Frühislamische Keramik aus Mesopotamien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0065
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Abb. 2 Grünglasierter Henkelnapf, Mesopotamien?

Islamische Kunstabteilung, Berlin

laufende Inschrift, eineu Brief, der an die ferne Geliebte gerichtet ist; sie möge, wenn sie
sich aus dem Krug erfrische, die Handschrift ihres Freundes erkennen und an ihn denken 1.
Zu der kleinen in Samarra gefundenen Gruppe von dünnwandigen Gefäßen, deren
Dekoration in sparsamem emailartigem Auftrag von Glasuren besteht, hat der Boden
von Susa eine Reihe von meist besser erhaltenen Beispielen hinzugefügt. Die Wieder-
gabe eines von uns nur erwähnten (Samarra, S. 31) kleinen Henkelkruges im Museum
für Yölkerkunde in München (Nr. 10, 1275 12 cm boch) sei hier nächgeholt (Abb. 1).
Obgleich die Herkunft des Stückes ungewiß ist, so weist doch die primitive, in Samarra
gebräuchliche Form des Gefäßes und die einfaclie, aus grünen Emailtupfen bestehende
Dekoration auf gleiche Entstehung hin 2. Die von uns herangezogenen Stücke in Berlin
und im Haag 3 sind jedocli unzweifelhaf t jüngerer und nicht mesopotamischer, sondern
persischer Herkunft.

Wohl die interessanteste keramische Gruppe von Samarra und Susa ist die glasierte
Reliefkeramik, die in zwei Gruppen, mit einfarbiger grüner und mit Gohllüster-
Glasur, zerfällt (Susa, Pl. XVII —XX). Da die Gefäße der ersteren Gattung, meist kleine
flache Schalen, in sehr fragmentarischem Zustande, wenigstens in Samarra, gefunden
worden sind, beansprucht ein achtfach gerippter Henkelnapf wegen seiner verhältnis-
mäßig guten Erhaltung und bisher nicht beobachteten Formgebung besondere Be-
achtung (Abb. 2). Das seltene, stark irisierte Stück, das vor kurzem in die Berliner
Islamische Kunstabteilung gelangte, stammt aus dem Kunsthandel, lcann also leider nicht
näher lokalisiert werden; aber stilistische Einzelheiten, wie der noch auf die Antike
zurückgehende Henkel, und vor allem die verschiedenen gitterartigen oder mit Perlen
besetzten Flächenfüllungen, in denen teilweise geometrische Muster ausgespart sind, und
endlich die kufische Meistersignatur »Husei'n« auf der Rückseite beweisen den engen
Zusammenhang mit der grünen Reliefkeramik von Samarra und Susa.

Zum schlagenden Beweise dafür, daß wir es bei dieser Gattung um direkte Nacli-
ahmungen von ostasiatischen Vorbildern zu tun haben, bilden wir (Abb. 3, 4) zwei sehr
ähnlich dekorierte kleine Steinzeugteller ab, die nachweislich in Cliina zutage ge-

1 I'he Godman Collection of oriental and spanish pottery and glass, London 1901, No. 485,
Pl. LXXV. Auch Burlington fine arts club, Exhibition of the faience of Persia and the nearer
east, London 1908, Pl. VIII.

Wir verdanken die Abbildung Herrn Geheimrat L. Scberman in München.

H. C. Gallois, Islamische Kunst in Het Gemeente-Museum, No. 18. Mededeelingen, ’s-Graven-
hage, V, No. 1 (1924).

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