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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Sarre, Friedrich: Frühislamische Keramik aus Mesopotamien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0064

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Keramik Susa’s 1 liatte man der Tonware jüngerer Epochen bislier wenig Beachtung
geschenkt. Auch die Auf stellung, besonders die der Funde der parthiscli-sassanidischen
und der islamischen Zeitim Pavillon LaTremoille desLouvre ließ zu wünschen übrig. Seit
kurzem ist nun auf Veranlassung von M. Raymond Koechlin darin Wandel eingetreten-
man hat die islamische Keramik, die uns in ihren Hauptstücken schon durch Pezard
a. a. O. und Migeon 2 bekannt geworden war, in einem Vorraum zu dem großen Saal
der muhammedanischen Kunst mustergültig und sinngemäß untergebracht und auf-
gestellt. Koechlin verdanken wir auch eine Veröffentlichung dieses Materials und zwar
in dem XIX. Bande der Memoires de la Delegation en Perse 3. Durch diese Stelle wird
auch äußerlich die Wichtigkeit dieser Funde und ihre Gleichberechtigung neben denen
des Altertums zum Ausdruck gebracht.

P)as als Catalogue raisonne abgefaßte Werk von Koechlin beschreibt und cliarakterisiert
in acht Gruppen 162 verschiedene, auf 23 Lichtdrucktafeln zum größten Teil ausge-
zeichnet wiedergegebene islamische Gefäße oder Fragmente von solchen.

Koechlin hat sich mit der in Frage kommenden Materie schon seit langem eingeliend
beschäftigt. Daß die Keramik von Samarra in vielen Fällen wdchtiges Vergleichsmaterial
beibringen und zur Klärung der Probleme der Susa-Funde nicht unwesentlich beitragen
konnte, ist nur natürlich; und daß nur geringe Meinungsverschiedenheiten bezüglich
der Datierung und anderer Fragen zwischen Koechlin und dem Schreiber dieser Zeilen
vorhanden sind, sei besonders hervorgehoben 4.

Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, über das Koechlin’sclie Werk systematisch zu
berichten und auf jede der einzelnen Gattungen der islamischen Samarra- und Susa-
Keramik näher einzugehen. Es seien nur ein paar kurze Anmerkungen zu dem Gesagten
gemacht und auf einige bisher unveröffentlichte Stücke liingewiesen, die vor allem die Be-
ziehungen zwischen der mesopotamisclien und ostasiatischenKeramik näher beleuchten.
Die oben erwähnte, bis in das 3. Jahrtausend in ganz Vorderasien zurückzuverfolgende
braunrote Bemalung auf unglasiertem Scherhen hat sich, wie Funde aus Mesopotamien
und Palästina beweisen, bis in die islamische Zeit erhalten 5. Sehr merkwürdig sind in
Susa zutage gekommene einfache unglasierte Krüge (Pl. V, Nr. 41 A), die auf der Ober-
fläche in engen, mit braunroter Tinte geschriebenen Zeilen, nach der Untersuchung
von Georges Marcais, Liebesbriefe in der Schrift des 9.—10. Jahrhunderts enthalten.
Die Sitte, unglasierte Tonkrüge oder die Scherben von solchen als Schriftmaterial zu
benutzen, hat Herzfeld aus älterer Zeit im Warämlngebiet bei Teheran in Persien fest-
gestellt 6. Er fand in dortigen spätsassanidischen Ruinen des 6.—7. Jahrhunderts Hunderte
von Scherben mit Palavl-Aufschriften in Tusclie, anscheinend Notizen über Rechnungen
und Lieferungen des landwirtschaftlichen Betriebes. Einen beschrifteten Tonkrug als
Träger eines »Liebesbriefes« kennen wir aus jüngerer persischer Zeit; denn ein 1231
datiertes Gefäß der sogenannten lüstrierten Raghes-Keramik in der Sammluug Godman
enthält auf einem die gesamte Oberfläche bedeckenden verschlungenen Bande eine fort-

1 E. Pottier, Etude historique et chronologie sur les vases peints de l’acropole de Suse, Delegation en
Perse, Memoires, XIII, Paris 1912.— Eine ähnliche, in Samarra gefundene prähistorische Keramik
wird Herzfeld demnächst im V. Bande der Ausgrabungen von Samarra veröffentlichen. Auch auf dem
persischen Hochlande ist nach den Beobachtungen des letzteren Forschers der Reichtum an alter,
mit Firnisfarbe bemalter Keramik an verschiedenen von ihm untersuchten Stellen erstaunlich.

2 Gaston Migeon, Les arts plastiques et industriels, Manuel d’art musulman, 2.edition, 1927, II. 158 ff.
8 Raymond Koechlin, Les ceramiques musulmanes de Suse au Musee du I.ouvre, Paris 1928;
ferner ein Aufsatz desselben in Syria 1928, p. 40ff.

* Vgl. auch den Aufsatz von Koechlin in Syria 1926, p. 234 ff., A propos de la ceramique de Samarra.
5 Beispiele in der Islamischen Kunstabteilung in Berlin: Krüge mit arabischen Inschriften aus
Bet Djibrln. Vgl. Islam 1914, S. 192.

8 E. Herzfeld, Reisebericht, Zeitschr. d. Deutschen Morgenländ. Gesellschaft 1926, S. 283.

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