DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:Sammler und Markt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0114
Goya Kinder mit Masken
Bes.: Thomas Harris, London
SAMMLER UND MARKT
YOM LONDONER KUNSTMARKT
Diu Londoner Kunsthändler sehen d'er diesjährigen
Frühjahrssaison mit größerem Optimismus ent-
gegcn als die deutschen. Man erwartet eine crhöhte
Kauf'kraft des amerikanischen Marktes, der in den
vergangcnen Monaten durch dic schwere Börscn-
krise in den Vereinigten Staaten wesentlich ge-
schwächt war. Jetzt, vor der Saison, wcrden die
Glanzstücke der Kollektionen cntwcdcr noch zu-
rückgehalten oder sie warten in den wichtigen
New Yorker Filialen auf den Käufer. Nichtsdesto-
weniger giht es genug interessante Werke zu sehen,
deren Preisnir eau der Wertung der Saison von
1929 ungefähr entspricht.
Die italienische Schule, doren Beliebtheit durch
die hiesige Ausstellung italienischer Kunst wesent-
lich erhöht wird, ist durch primitive Tafeln im
Ilandel zur Zeit nicht zahlreich vertreten. Das
interessanteste Werk besitzt Duits, nämlich ein
Triptychon, das wohl der toskanischen Schule der
zweiten Hälfte des Ducento entstammt. (Abb.) Die
breite Mittellafel mit der Madonna mit Kind be-
herrscht den Eindruck, zu dem die Seitentafeln
mit übereinandergereihten Szenen von seltsamem
Ileiz beitragen. Das Triptychon, schon durch seine
unerhört rcine, makellose Erhaltung cine großc
Seltenheit, verbindet eine harte Zeichnung und
plastische Durchmodellierung dcr Köpfe mit einem
noch ganz von der byzantinischen Schule abgelei-
teten Faltenstil. Eine Fülle ikonographisch inter-
essanter Details bergen die Soitentafeln, von den
gcnrehaft enlzückenden Ziigen in der Geschichte
von der Geburt Christi angefangen bis zu der er-
schütternden, von Fra Angelico ähnlich naclige-
schaffenen Gestallung der Transfiguration auf
dem Berge Tabor. Ein Hauptwerk des Maestro del
Bambino Vispo, eine große Madonna mit Kind vor
cinem von Engeln gehaltenen Baldachin, besitzt
Spink. Den intimen Reiz des Quattrocento atmet
ein kleines Bildchen mit zwei knieenden Personcn
(bei Duits), das durch die Faltengcbung und die
eigentümliche Profilzeichnung mit den langen
spitzen Nasen mit Paolo Ucoellos Werken sehr
vicl gemein hat. Sehr beliebt sind die Werke in
der Art von Giovanni Bellinis Madonnenbildern,
so Darstellungen der Madonna mit Kind und Hei-
ligen von Basaiti (bei Asscher und Welker), von
Catena (bei Duits), von Cima da Conegliano (in
der Gaieric der New Burlington-Street). Auch Pal-
mezzano, der exakte, fast übertreibende Zeichner,
ist im Iiandel mit Bildern des hl. johannes gut
vertreten (bci Spink, Durlacher und Paterson).
Der Malerei des Cinquecento ist dic Ausstellung
im Oberlichtsaal der Fa. Agncw gewidmet, von der
im nächsten Heft die Rede sein soll. Daneben be-
sitzt Asscher uncl Welker eine hübsche Skizze zur
Anbetung des Christkindes von Fra Bartolommeo
und die Netherland Gallerr eine Madonna mit
Christusknaben und Johannes von Pontormo.
Frühe niederländische Werke sincl irn Londoner
Kunslhandel äußerst selten. Von guter Qualität ist
eine kleine Madonna mit Kind in der Kirche bei
W. Sabin. An Landschaften des 17. Jahrhunderts
zeichnet sich vor allem ein spätes reifes, i683 da-
ticrtes Bild von Siberechts (bei Larsen) aus sowie
ein besonders qualitätvolles Werk Salomon lluys-
daels (bei Asscher und Welker). Unter den Inte-
rieurbildern hat Brekelenkam nie solche Metsu-
nahe Vollendung erreicht wie in seinem ausge-
zeichneten, figurenreichen Bild der Vermeer- Gal-
lery, wo man auch erstklassige Interieurs von Nico-
laes Maes und Pieter de Hooch gezeigt hekommt.
Als niederländisches l’orträt steht das Bildnis des
Leclerc von van Dyck, das die Savile Gallery aus
dem Besitz des Earl of Brownlow erworben hat,
obenan.
Spärlich nur sind gute spanische Bilder zu findcn,
für die die junge Galerie von IhomasHarris be-
sonderes Interesse hat. Dort findet sicli zur Zeit
ein bekanntes Werkchen Goyas, die »Kinder mit
Masken«, mit seinen starken, leuchtenden Farben
ganz modern wirkend wie eine Synthese von Hen-
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Bes.: Thomas Harris, London
SAMMLER UND MARKT
YOM LONDONER KUNSTMARKT
Diu Londoner Kunsthändler sehen d'er diesjährigen
Frühjahrssaison mit größerem Optimismus ent-
gegcn als die deutschen. Man erwartet eine crhöhte
Kauf'kraft des amerikanischen Marktes, der in den
vergangcnen Monaten durch dic schwere Börscn-
krise in den Vereinigten Staaten wesentlich ge-
schwächt war. Jetzt, vor der Saison, wcrden die
Glanzstücke der Kollektionen cntwcdcr noch zu-
rückgehalten oder sie warten in den wichtigen
New Yorker Filialen auf den Käufer. Nichtsdesto-
weniger giht es genug interessante Werke zu sehen,
deren Preisnir eau der Wertung der Saison von
1929 ungefähr entspricht.
Die italienische Schule, doren Beliebtheit durch
die hiesige Ausstellung italienischer Kunst wesent-
lich erhöht wird, ist durch primitive Tafeln im
Ilandel zur Zeit nicht zahlreich vertreten. Das
interessanteste Werk besitzt Duits, nämlich ein
Triptychon, das wohl der toskanischen Schule der
zweiten Hälfte des Ducento entstammt. (Abb.) Die
breite Mittellafel mit der Madonna mit Kind be-
herrscht den Eindruck, zu dem die Seitentafeln
mit übereinandergereihten Szenen von seltsamem
Ileiz beitragen. Das Triptychon, schon durch seine
unerhört rcine, makellose Erhaltung cine großc
Seltenheit, verbindet eine harte Zeichnung und
plastische Durchmodellierung dcr Köpfe mit einem
noch ganz von der byzantinischen Schule abgelei-
teten Faltenstil. Eine Fülle ikonographisch inter-
essanter Details bergen die Soitentafeln, von den
gcnrehaft enlzückenden Ziigen in der Geschichte
von der Geburt Christi angefangen bis zu der er-
schütternden, von Fra Angelico ähnlich naclige-
schaffenen Gestallung der Transfiguration auf
dem Berge Tabor. Ein Hauptwerk des Maestro del
Bambino Vispo, eine große Madonna mit Kind vor
cinem von Engeln gehaltenen Baldachin, besitzt
Spink. Den intimen Reiz des Quattrocento atmet
ein kleines Bildchen mit zwei knieenden Personcn
(bei Duits), das durch die Faltengcbung und die
eigentümliche Profilzeichnung mit den langen
spitzen Nasen mit Paolo Ucoellos Werken sehr
vicl gemein hat. Sehr beliebt sind die Werke in
der Art von Giovanni Bellinis Madonnenbildern,
so Darstellungen der Madonna mit Kind und Hei-
ligen von Basaiti (bei Asscher und Welker), von
Catena (bei Duits), von Cima da Conegliano (in
der Gaieric der New Burlington-Street). Auch Pal-
mezzano, der exakte, fast übertreibende Zeichner,
ist im Iiandel mit Bildern des hl. johannes gut
vertreten (bci Spink, Durlacher und Paterson).
Der Malerei des Cinquecento ist dic Ausstellung
im Oberlichtsaal der Fa. Agncw gewidmet, von der
im nächsten Heft die Rede sein soll. Daneben be-
sitzt Asscher uncl Welker eine hübsche Skizze zur
Anbetung des Christkindes von Fra Bartolommeo
und die Netherland Gallerr eine Madonna mit
Christusknaben und Johannes von Pontormo.
Frühe niederländische Werke sincl irn Londoner
Kunslhandel äußerst selten. Von guter Qualität ist
eine kleine Madonna mit Kind in der Kirche bei
W. Sabin. An Landschaften des 17. Jahrhunderts
zeichnet sich vor allem ein spätes reifes, i683 da-
ticrtes Bild von Siberechts (bei Larsen) aus sowie
ein besonders qualitätvolles Werk Salomon lluys-
daels (bei Asscher und Welker). Unter den Inte-
rieurbildern hat Brekelenkam nie solche Metsu-
nahe Vollendung erreicht wie in seinem ausge-
zeichneten, figurenreichen Bild der Vermeer- Gal-
lery, wo man auch erstklassige Interieurs von Nico-
laes Maes und Pieter de Hooch gezeigt hekommt.
Als niederländisches l’orträt steht das Bildnis des
Leclerc von van Dyck, das die Savile Gallery aus
dem Besitz des Earl of Brownlow erworben hat,
obenan.
Spärlich nur sind gute spanische Bilder zu findcn,
für die die junge Galerie von IhomasHarris be-
sonderes Interesse hat. Dort findet sicli zur Zeit
ein bekanntes Werkchen Goyas, die »Kinder mit
Masken«, mit seinen starken, leuchtenden Farben
ganz modern wirkend wie eine Synthese von Hen-
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