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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0186

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RUNDSCHAU

NEUERWERB UN GEN DES GERMANISCHEN
M.USEUMS

Die Direktion des Germanischen Museums läßt
ihrem Abbildungsband der Neuerwerbungen in
den Jahren 1920—192/1 nunmehr einen zweiten
folgen, der die für die Geschichte des Museums
wichtige Zeitspanne von 1925—1929 umfaßt. Fiel
doch ins Jahr 1927 das 75 jährige Jubiläum des
Museums, das ihm eine Anzahl hcrvorragender
Stiftungen eingebracht hat. Dazu zählt eine Darstel-
lung der Geburt Chrisli cines von Schongauer stark
abhängigen elsässischen Meisters, die unseres Er-
achtens später entstanden ist, als die Bildunter-
schrift(um 1/160) angibt. Auffallend ist dieKreuz-
abnahme Pleydenwurfs vom ehemaligen Hochaltar
der Elisabethkirche zu Breslau (1/162), die das
Motiv in eigenwilliger Umformung, wenn auch
nicht frei von niederländischen Elementen, wie-
dergibt. Bedeutend sind aucli dic Flügelbihler des
Herzogenburger Altars (i5oi) von Jörg Breu d. Ä.

Georg Kolbe. JungeFrau. Bronze. 192g
Aus der Kolbe-Ausstellung der Galerie A. Flechtheim,
Berlin

mit den dramatischen Darstellungen der Flucht
nach Ägypten und der Kreuzigung Christi, thema-
tisch interessant die Folge der Monatsbilder von
Hans Wertinger. Yon anderen Erwerbungen ist an
erster Slelle das Bildnis des Humanisten Johannes
Zimmermann von Hans Holbein' d. J., das im »Un-
bekannten Meisterwerk« seine Würdigung finden
wird, zu nennen, dann in chronologischer Folge
das in Bayern urn 1270 entstandene Retabelfrag-
ment mit Ileiligen unter Spilzbogen, der Tod Ma-
riae eines böhmischen Meisters um i4io, die bald
nach i486 gefertigte Behaim-MadonnaeinesNürn-
berger Meisters, eine Madonna Baldungs, eine Yer-
kündigung und das Bildnis eines jungen Mannes
von Hans von Kulmbach. Zahlreiche Erwerbungen
von Gemälden manieristischer und barocker Mei-
ster fvillen eine empfindliche Liicke der Galerie
aus.

Die Skulpturen stehen diesmal hinter den Gemäl-
den an Bedeutung zurück. Als willkommene Er-
gänzungen des Bestandes können gelten: eine süd-
ostdeutsche Madonna um x33o, eine als Jubi-
läumsgabe in die Sammlung gelangte Schrein-
madonna (Westpreußen, um 1.890), die in geöff-
netem Zustand gemalte ITeilige auf den Flügeln
und eine plastische Trinität im Schoße der Maria
zeigt; eine aus derselben Zeit stammende Maria
lactans aus der Sigmundskapelle bei Mariazell
(Österreich); eine südostdeutsche Heimsuchungs-
gruppe vom Anfang des i5. Jahrhunderts; eine
Sandsteinmadonna des Veit Stoß; eine Beweinung
Ghristi von Riemenschneider; Reliefs von Hans
Daucher und Ludwig Krug^ Bronzen von Georg
Labenwolf; Barockskulpturen von Johann Georg
Romsteck, Paul Egell, Georg Raphael Donner,
Ghristian Wenzinger, Franz Ignaz Günther.

Weiter folgen eine Reihe von gotischen Glasfen-
stern, keramische Arbeiten, Wandteppiche (die
gotischen Gobelins der Kirchen St. Sebald und St.
Lorenz bleiben einer besonderen Publikation vor-
behalten), kunstgewerbliche Arbeiten aller Artund
Handzeiohnungen deutscher Meister. Auf mehrals
200 Tafeln wird ein reiches Material ausgebreitcl.

Kürzlich wurde das um drei Flügel vergrößerte
Museum of Fine Arts unler seinem neuen Direk-
tor, Mr. W a 11 e r IT. S i p 1 e , mit einer großartigen
Ausstellung eröffnet. Dieselbe enthält inihrenver-
schiedenen Teilen sozusagen das Programm des
neuen Leiters, das darauf gerichtet ist, dem seit
langem arg vernachlässigten Museum die ihm ge-
bührende Stellung zu erobern und gleichzeitig das
Sammelwesen der großen und reichen Stadt sowie
ihr gesamtes Kunstleben im modernen Geiste zu
heben. Yon der Energie, mit der Mr. Siple die
Neuordnung des ihm unterstellten Museums durch-
geführt hat und dem Kennerblick, der aus dieser

1 Öo
 
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