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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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[Heft 13/14]
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Weinberger, Martin: Die Ausstellung von Zeichnungen der Erlanger Universitätsbibliothek: in der Münchner Graphischen Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0417

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DIE AUSSTELLUNG YON ZEICHNUNGEN
DER ERLANGER UNIYERSITÄTSBIBLIOTHEK

IN DER MÜNCHNER GRAPHISCHEN SAMMLUNG VON MARTIN WEINBERGER

Unter den stärker in die Augen springenden Veran-
staltungen dieses Münchner Kunstsommers tritt die
Ausstellung der Erlanger Zeichnungen in der Gunst
des Publikums etwas zurück. Der Prunk edlen Ma-
terials und großer Namen lockt hier niclit. Wer
gewohnt war, die kostbaren Blätter in Erlangen zu
studieren, wird freilich der Graphischen Sammlung
und der Erlanger Universitätshibliothek (den Direk-
toren Dr. Weigmann und Dr. Stollreiter) höclist
dankbar sein für die Gelegenheit, den wertvollsten
Teil dieser Zeichnungen in zwiefach neuem Gewand
zu genießen. Denn rein physisch wie geistig ist hier
eine neue Sammlung entstanden. Außerlich zunächst,
weil die Blätter, in Erlangen lose in Papierumschläge
gelegt, sachkundiger Behandlung dringend bedurften.

Man staunt jetzt, wenn man die in der Graphisclien
Sammlung sorgsam aufgelegten Zeichnungen be-
trachtet, wie ganz anders manches seit langem ver-
trauteBlatt seine Reize entfaltet. Aber wichtiger noch
ist, daß man jetzt. erst die Sammlung voll übersehen
kann. Tn Erlangen lagen die Blätter nacli einer mancli-
mal abstrusen Klassifikation geordnet, Zusammenge-
hörendes oft auf verschiedene Kasten aufgeteilt, ohne
daß der Zusammenhang erkannt war. W enige Besucher
haben früher selbst bei längerem Studium eine voll-
kommene Übersicht über die Sammlung gewonnen.

Hier hat Elfried Bocks bedächtig ordnender Katalog 1, der vor einigen Monaten er-
schienen ist, eingegriffen. Mit der Scheu vor den heute so beliebten tollkühnen Zu-
schreibungen und der Akribie, die man von seinern Katalog der Berliner Zeichnungen
her kennt, hat Bock die schöne und doch manclimal reclit zähe Arbeit angepackt. Der
Ertrag war ergiebiger als selbst vermuten durfte, wer die Sammlung gut zu kennen
glaubte. Zu den seit alters geschätzten Prunkstücken, dem unvergleichlichen Selbst-
bildnis Dürers aus seiner Wanderzeit, dem leider so verdorbenen Selbstbildnis Grüne-
walds, den merkwürdig vielen Blättern Wolf Hubers und Altdorfers, tritt, den meisten
unerwartet, ein Scliatz von Zeichnungen Peter Elötners, wie ihn kein anderes Kabinett
sein eigen nennt. Der schöne frühe Puttenzug mit der Bezeichnung PFVR ist viel-
leicht bestimmt, die Frage nach Flötners Heimat zu klären. Eine lange Reihe kleiner
Eederzeiclmungen hat Bock dem Meister zurückgegeben, die ihn von einer ganz neuen
Seite zeigen: als phantasievollen Illustrator, den Text einer Bibelausgabe am Rand der
Seiten paraphrasierend. Man denkt angesichts der phantastischen Fülle an Weiditz —
freilich ist Flötners Phantasie zuchtvoller und so erinnert die meisterliche Kraft des
Striches fast mehr noch an Holbeins Lob der Narrheit. Von dem rätselhaften Meister
H. D., der meist in schwarzer Kreide zeichnet, enthält die Erlanger Sammlung drei

1 Die Handzeichnungen in der Universitätsbibliothek zu Erlangen. Herausgegeben von derDirek-
tion der Universitätsbibliothek, bearbeitet von Elfried Bock. Prestel A. G. m. b.H., Frankfurt 1929.

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Peter Flötner

Randleiste zur Lotter-Bibel von 1523

29 Der Cicerone, Jahrg. XXII, Heft 13/14
 
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