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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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[Heft 13/14]
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Weinberger, Martin: Die Ausstellung von Zeichnungen der Erlanger Universitätsbibliothek: in der Münchner Graphischen Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0418

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schöne Blätter; ob das Monogramm allerdings als Hans Dürer aufgelöst werden darf,
erscheint höchst fraglich. Ich glaube, daß der von Winkler im VI. Lippmannband (Nr. 702)
veröffentlichte Raub der Europa in Lemberg (der den Einfluß Baldungs zeigt) in den
Kreis desselben Meisters gehört und suche seine Heimat in der Nähe des Baslers H. F.
Eine Zeichnung Daniel Hopfers, Bildnis eines Mädchens, dem Albertinablatt ebenbürtig,
gibt eine neue Vorstellung von der Bedeutung dieses Meisters innerhalb der Augsburger
Renaissance. Ebenso zeigt die Ansicht eines Kircheninuern von Altdorfer (zu dem ver-
wandten Berliner Blatt hat Bock ein drittes in Paris, Ecole des Beaux Arts hinzuge-
funden) besonders schlagend die eigentümlich malerische, verschleiernde Raumauf-
fassung des Meisters. Es ist hier nicht der Ort, auf die Einzellieiten des Bockschen
Katalogs einzugelien und zu erläutern, wie er kraftvoll Wege durch das verschlungene
Gestrüpp der bayrischen Zeichnungen bahnt. Über Erhard Altdorfer sind freilich die
Akten noch nicht gesclilossen. Den wundervollen Huberblättern reiht Bock ein Land-
schaftsaquarell an (Nr. 822)5 l uer muß ich ausnahmsweise widersprechen: es erscheint
mir kleinteiliger, unräumlicher, kleinlicher, dem Geiste etwa Lautensacks näher als dem
Hubers.

Interessant für die Geschichte der Wanderung italienisclier Motive ist die Augsburger
Zeichnung einer Madonna (Nr. 761): die genaue Übertragung einer Donatelloplakette.
Studien nacli der Antike zeigt ein Blatt (Nr. 908): der belvederische Torso ist ein-
deutig zu erkennen.

So vortrefflich vieles unter den herausgeliobenen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts ist,
den eigentlichen Glanzpunkt bilden die frühen Blätter. Ein merkwürdiger Reichtum
von österreichischen Blättern, darunter, eines der schönsten der Sammlung, die Ma-
donna mit dem Schmcrzensmann5 Bock hat an ein Grazer Bild erinnert, nür erscheint
noch verwandter die Heiligenkreuzer Gruppe, in der sicli Französisches und ein ent-
steliender wienerischer Stil zu sonderbarer Symbiose verbinden. Höchst bedeutsam
auch die sitzende Madonna (Nr. 25), südtirolisch urn 1460, die in ihrer plastischen
Kraft dem Frühstil Pachers wohl näher kommt als alles, was sich sonst um ihn grup-

pieren läßt. Eine schöne oberrheinische
Madonna um 1470 (Nr. 54), niclit sehr
weit vom Kreise des E. S., zeigt jenes
Motiv der »Madonna unter dem Bal-
dacliin«, das später Dürer am Oberrhein
aufnahm (in der Pariser Zeichnung
L. 500), in einer Grazie, die mehr der
traditionellen Komposition als dem per-
sönlichen Geschick des Zeichners gut-
zuschreiben ist. Endlich, schon gegen
1490, die Kreuzigung vom mittelrhei-
nischen Meister der Herpinhandschrift;
auf engstem Raum eine Leidenschaft
der Bewegung und des Strichs, die in
der sonst beschaulichen, ja fastphlegma-
tischen Umgebun g des Hausbuchmeisters
überrascht (und auch sehr verscliieden
ist von der Art des Stechers W. B., mit
dem Buchner den Zeichner identifizieren
möclite).

Noch wären die Nürnberger Blätter zu
erwähnen, Teile von Skizzenbüchern aus

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Südtirolisch um 1460 Madonna
 
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