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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Hugelshofer, Walter: Koerbecke und der Marienfelder Altar von 1457: ein Beitrag zur westfälischen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0403

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KOERBECKE UND DER MARIENFELDER

ALTAR VON 1457 / EIN BEITRAG ZTJR WESTFÄLISCHEN MALEREI

VON WALTER HUGELSHOFER

Das hier als farhiges Titelbild reproduzierte Altargemdlde einer Himmelfahrt
Mariae7 die dem Johann Koerbecke zugeschrieben wird7 bildet eines der wich-
tigsten Dokumente altdeutscher Malerei aus der gegenwärtig in der Neuen
Pinakothek ausgestellten Sammlung Schloß Roho ncz. Der nachfolgende Bei-
trag hat deshalb auch eine aktuelle Bedeutung. Der Herausgeber.

In den Gemälden, die man sich seit Nordhoff dem in Münster ansässigen Maler Tohann
Koerbecke zuzuweisen gewöhnt hat, erreicht die westfälische Malerei des 15. Jahr-
hunderts ihren Höhepunkt. Und in dessen nicht eben umfangreichen Oeuvre bedeuten
die seit 1804 weitverstreuten Teile des Hochaltars aus dem Kloster Marienfeld von
1457 eine Spitzenleistung. Der künstlerische und der kunsthistorische Rang dieser
Tafeln konnte sich bisher nicht gebührend durchsetzen, weil sie — und gerade die be-
deutendsten unter ihnen — zum Teil unter irrigen Bezeichnungen in alle Welt ver-
teilt sind und so gar nicht zur Kenntnis der interessierten Kreise dringen konnten. Man
hat sie heute in Amerika, in England, in Polen, in Frankreich, in Rußland und über-
wiegend in Privatbesitz zu suchen. Wäre der Altar noch in alter Aufstellung bei-
sammen, so müßte man staunend davor stehen, kaum weniger als vor der »Goldenen
Tafel« in Hannover, der er im vielteiligen Aufbau naliegestanden haben mag. Jeden-
falls darf man aus den Aufbewahrungsorten der einzelnen Tafeln auf eine bemerkens-
werte, bei anonymen deutschen Bildern nicht allzu häufige internationale Schätzung
schließen. Diese hohe Achtung in der Heimat selbst zu gewinnen, ist kaum möglich;
denn die drei Tafeln, die sich das Westfälische Landesmuseum in Münster in zwei An-
läufen 1869 und 1912 sichern konnte, gehören der weniger aufwändig und sorgfältig
behandelten Außenseite an. Andere deutsche Sammlungen besaßen bisher keine Bilder
von Koerbecke. So müssen, bis vielleicht einmal eine Ausstellung die eindrucksvoll-
prächtigen Innentafeln vereinigt, kärgliche Abbildungen dartun, wie unbereclitigt der
Ausspruch von der geringen Qualität sich erweist, den man Koerbeckes Werken nach-
sagte. Die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung, die man dem Meister überein-
stimmend zubilligte, wird durch die neu bekannt gewordenen Werke, von denen nun
zu berichten ist, noch stärker und allseitiger betont.

I11 der Zeitschrift für ’bildende Kunst 1926/27, S. 179 ff. habe ich mich schon einmal
zum Thema geäußert. Ich benutze den Anlaß, fünf seither bekannt gewordene Teile
des Altarwerkes mitteilen zu können, um nochmals auf einige Fragen einzugehen, die
damit verknüpft sind. Zuvor sei auf die »neuen« Tafeln hingewiesen. Ihre Zugehörig-
keit zum Marienfelder Altar erweist sich überzeugend, nicht nur aus Format(95 : 65 cm)
und Inhalt, sondern auch aus stilkritischen Gründen. Deutlich scheiden sich die Außen-
tafeln von den Innenseiten, ohne daß aber deshalb verschiedene mitwirkende Hände
angenommen werden müßten. Das Ganze ist durchaus einheitlich. Nur sind eben die
Außenansichten als die schmuck- und prätentionsloseren Werktagsseiten in deutlichen
Gegensatz gestellt zu den prunkvoll glänzenden Festtagsstücken, wie es sich ja für ein
Zisterzienserkloster geziemt.

Beim Abschluß meines Aufsatzes 1926 waren neun Tafeln bekannt. Sechzehn sollen
es einstmals gewesen sein, ohne das Mittelstück, »vorstellend 8 aus der Leydens-
geschichte Christi und 8 aus dem Leben der Maria und Christus«, wie der Maler Rinck-
lake 1804 der preußischen Akademie der bildenden Künste berichtete. Eins sei mitten
durchgebrochen, vier andere beschädigt, die übrigen gut erhalten. Ich nehme an, daß
die gesprungene Tafel damals weggeworfen wurde. Fünf können hier mitgeteilt werden.
Es bliebe demnach nur noch eine wiederzufindende Tafel aus dem Marienfelder Altar.

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