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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Kunst-Literatur
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KUNST-LITERATUR

PAUL GLEMEN: DIE GOTISCHEN MONUMEN-
TALMALEREIEN DER RIIEINLANDE. Text-
band: Mit ßeiträgen von Rurkhard Freih.
v.Lepel und Margot Remy. 466 Abbildungen.
Tafelband: 27 Tafeln in vierfarbigem Ruch-
druck, 76 Tafeln in einfarbigem Lichldruck.
Druck und Verlag von L. Schwann in Düssel-
dorf 1930. Preis in Halbleder 2 4o M.

Der grundlegenden Veröffentlichung der romani-
schen Monumentalmalerei in den Rheinlanden
folgt nun als Krönung eines reiclien Forscher-
lebens, mit der gleichen inneren und äußeren
Opulenz das zweibändige Werk iiber die rheinischen
Wandgemälde des i3. und 14- Jahrhunderts, mit
dem Clemen iiber die örtliche Abgrenzung hinaus
zugleich einen fundamentalen ßeitrag zur euro-
päischen Kunstgeschichte dieser Zeit liefert.
Europäisch verlaufen die Beziehungen, die das
Rheinland künstlerisch mit dem übrigen Deutsch-
land, aber auch mit Frankreich, den Niederlanden
und England verbinden und schon aus diesem
Grunde ist die Kenntnis der rheinischen Wand-
malerei ungeheuer aufschlußreich fiir unserWissen
um die allgemeinc europäische Struktur jenes
hohen Mittelalters, das sich liier ebenso wie in den
Domen und Kirchen selbst seinen monumentalen
Ausdruck geforml hat. Wie auf der einen Seite
die Buchmalerei, so stehen auf der anderen Glas-
und Tafelmalerei in engster Verbindung mit der
Wandmalerei, und wie diese sind auch jene auf
dem gleichen Untergrund einer noch durchaus
harmonischen und einheitlichen Weltanschauung,
der Universalität des Christentums, entstanden.
Aber gerade in dieser Zeit überragt die Wand-
malerei die erst spärlich vorhandene Tafelmalcrei
um mehr als Haupteslänge. Sie umschließt im
eigentlichen Sinne das gotische Darstellungs- und
Kompositionsprinzip und was wichtiger ist, aucli
das Irreale einer wundervollenGedankenwelt. Nicht
zuletzt aber beweist Glemens Arbeit an ITand der
Dokumente selbst, eine wie hohe Ivultur in jenen
zwei Jahrhunderten gerade am Rhein lebendig ge-
wesen ist und wie erstaunlich die Fülle der auf
uns gekommenen Denkmäler aus dieser Zeit an-
spricht, die mehr als andere ITinterlassenschaften
den eigentlichen Slil der Gotik und seine allmäh-
liche Entwicklung erkennen lassen. Der verdiente
Vorsitzende des Denkmälerrates der Rheinprovinz
hat um die Pflege dieser Monumente die gleichen
Meriten wie um deren wissenschaftliche Durch-
dringung.

Ein Stück Lebensarbeit ist daher in diesen beiden
vorbildlich ausgestatteten Bänden verschlossen, das
restlos zur Bewunderung nötigt. Was der Senior
der rheinischen Kunstwissenschaft hier, unterstützt
vom Rat seiner engeren Fachgenossen und Mit-
arbeiter, an Material ausbreitet und interpretiert,
zeugt von einerHöhe wissenschaftlicherForschungs-

methode, die schlechthin kaum zu überbieten ist.
Auf solche Leistung dürfen wir stolz sein, doppelt
in dieser Zeit, die keine Ehrfurcht vor der Leistung
des Einzelnen und vor der kulturellen Vergangen-
heit des eigenen Volkes mehr zu kennen scheint.
Daß der deutsche Verein für Kunstwissenschaft und
die Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde
das monumentale Werk in ihre besondere Obhut
nahmen und daß es diesem auch sonst an tat-
kräftigen Förderern niclit gefehlt hat, darf zur
Ehre aller Beteiligten nicht verschwiegen werden.

Biermann

UGO OJETTI: LA PITTURA ITALIANA DEL-
L’OTTOCENTO. Casa Editrice d’Arte Bestelli e
Tumminelli, Milano-Roma, 1929.

Dieser mit 228 Lichtdrucktafeln ausgestattete
Band bildet gewissermaßen den Monumentalkata-
log der italienischen Werke des 19. Jahrhunderts
auf der vom Verfasser zusammen mit Nino Bar-
bantini, Emilio Cecchi und Antonio Maraini ver-
anstalteten Schau der Biennale Veneziana von
1928 und damit Fortsetzung und Gegenstück des
wichtigen Werkes über die Ausstellung der »Pit-
lura Italiana del Sei e Setlecento« im Palazzo Pitti
1922. Die Meister der Übergangszeit, Appiani,
Matteini, Landi, Errante, Bezzuoli oder Migliara
stehen noch völlig, trotz teilweise hervorragender
Leistungen, unter dem Einfluß der malerischen
Tradition des Settecento, und in den Hauptwer-
ken der um die Jahrhundertmitte wirkenden
Künstler, wie Fattori, Palizzi, Cremona oder Fav-
retto läßt sich der nordalpine, speziell französische
Einfluß nirgends leugnen. Ojetti weist diese Zer-
splitterung im Rahmen der nationalen Zeitge-
schichte deutlich auf, und versucht trotz der natur-
gemäß gegebenen Einteilung in monographische
Kapitel, das Gemeinsame der Entwicklungslinie
herauszuarbeiten. Begrüßenswert der im Anhang
gegebene Katalog der Werke samt knappen Bio-
graphien der Einzelkünstler, von prachtvoller
Tiefe und Tonigkeit die guten Lichtdrucke, deren
Qualität die übrige vorzügliche Ausstattung des
Bandes angemessen ist. Deusch

PIETRO TOESCA: MONUMENTI E STUDI PER
LA STORIA DELLA MINIATURA ITALIANA.
— LA COLLEZIONE DI ULRICO HOEPLI.
Milano, Ulrico Hoepli, ig3o.

Diese monumentale Publikation, dieauf i47Licht-
druck- und sechs Farbentafeln die bedeutendsten
Werke der Mailänder Sammlung erstmals in die
Literatur einführt, muß zu den wichtigsten Neu-
erscheinungen auf dem Gebiete der italienischen
Kunstforschung gerechnet werden und ist vor al-
lem deshalb als Leistung besonders hoch einzu-
schätzen, weil Vorarbeiten dem Verfasser über-
haupt kaum zur Verfügung standen.

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