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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Neugass, Fritz: Max Band
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0364

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Max Band Korsische Landschaft. 1928

MAX BAND VON FRITZ NEUGASS

Eine freudlose Jugend in dem bedrückenden Milieu eines kleinen litauischen Dorfes
hat Max Band zu einem jener weltfremden verschlossenen Künstler geformt, die ganz
in sich selbst versunken und vertieft sind. Die Weisheit der Kabbala und die Lehren
der Thora waren die geistige Nahrung des einsamen Kindes. Die langen kalten Winter
und der düstere Himmel seiner Heimat haben dem suchenden Knaben jene Schwermut
eingegeben, die noch beute aus allen seinen BiJdern zu uns spricht. Schon in frühester
Kindheit hat er immer gezeichnet und illustriert. Alles, was er gelesen und gehört, suchte
er bildhaft auszudeuten und hatte immer nur den einen Wunsch: ein Maler zu werden.
Schon als Zehnjähriger hatte er einen gleichaltrigen Kameraden, der Gedichte machte,
und diese Beiden bauten sich ihre eigene Welt, ihre eigenen Paradiese, fern von den
Banalitäten des Alltags. Den Vierzehnjährigen überraschte der Krieg, Not und Elend
ließen ihn noch tiefer in sich selbst versinken und früh zu innerer Reife kommen.
ig2o kam Max Band nach Berlin. Das pulsende Leben der Großstadt, das rasende
Tempo der Nachkriegsjahre und die Vielspältigkeit der künstlerischen Versuche haben
ihn anfangs betäubt und verwirrt. Er sieht zum erstenmal die großen Meister in den
Museen und bleibt gefesselt vor dem Mädchenbildnis im Profil des Domenico Veneziano.
Das tiefe, schöne Blau, Rot und Blond liaben in ihm zum erstenmal das Gefühl für
die Farbe erweckt. Es waren reine, harte und leuchtende Töne, die ihm zuerst ins
Auge fielen. Dann überraschten ihn die Franzosen j sie lagen ihm näher, ihre Ge-
fühlswelt war moderner und ihre Palette auch heute noch gültig. Hier, so wußte er,
lagen seine Möglichkeiten, hier war für ihn ein Beginn und ein Ziel. Die deutsche
Kunst, der Expressionismus und Konstruktivismus waren ihm zu geistig. Er konnte
seine sublimierten Gefühle, seine verhaltene Leidenschaft und das ganze Erbe seines
jüdischen Temperaments nicht in irgendeine Formel übersetzen und schematisieren.

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