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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 3
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0109

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Marie Laurencin Landschaft

(Sammlung Vömel-Suermondt, Düsseldorf)

Aus der Ausstellung der Galerie Flechtheim, Düsseldorf

RUNDSCHAU

I5ERLINER AUSSTELLUNGEN

Kalifala Sidibe / Erna Pinner / Heinrich

Ehmsen / Altrussen / Zille / GalerieMiiller /

Kupferstichkabinett

Unter dem Vielen, das die Galerie Flechtheim
diesmal ausbreitet, erfreut ani ausgiebigsten das
buntlebendig-unmittelbare Bildermalen des Sudan-
Negers Kalifala Sidibe (Abbildungen in ITeft 2).
Man hat ihn in Paris mit größerem Hallo als nötig
entdeckt, — wir miissen das nicht mitmachen und
dürfen uns docli entziicken lassen von einem un-
befangenen Ilinschildern seiner Umgebung in Fest
und Tagewerk, von naiv erzählten Jagdabenteuern
und anmutigen ldyllen des häuslichen Bezirkes,
von der natürlichen Poesie und dem frischen
Farbensinn atelierferner Darstellungen. Wie er
seine großen Kattunstücke heiter mit Figuren
füllt, Tiere und Menschen bukolisch - freundlich
mischt, die Flächen mit würzig leuchtenden Tu-
schen sprenkelt, das tut dem Europäerauge äußerst
wohl. Überraschend der Abstand von jeder starren
Primitivität. Sidibe steht unserer Bauernmalerei
näher als dem Geiste der religiösen Negerskulptur.
Daneben haben es die zarten, kultivierten Tusch-
blätter nicht ganz leicht, die Erna Pinner von
ihrer Afrikareise heimgebracht hat. Aber es wäre
unrecht, nicht ihres unaufdringlichen menschlichen
Gehaltes gewahr zu werden. Es ist in diesen be-
hutsamen Aufnalimen von Suaheli-Mädchen und
Kikuju-Frauen viel sanftes Zagen, Droliigkeit, lier-

hafte Stillc halberwachter Naturwesen eingefangen
und nicht ohne aquarellistische Delikatesse aus-
gesagt. _

Heinrich Ehmsen zeigt sich mit einer großen
lleihe von Aquarellcn undPastelien in derKunst-
kammer M. W asservogel, licht kolorierten Blät-
tern, die ganz reizend aus dem Zoo erzählen, von
Kindern, Clowns und Anglern, von Zeitungsaus-
trägern und Iiafenarbeitern. Man ist aufs freudigste
iiberrascht, Ehmsen so glücklich verwandelt, zu
einem sehr liebenswürdigen ITumor der Beobach-
tung und zärtlich-spöttischem Cliarme graublauer
und lilarosarötlicher Töne entspannt zu finden.
Nicht, alles sitzt nocli rechl im Bilde, aber die
witzige Leichtigkeit, die farbige Grazie entzückt.
Wie schön, daß dieser so lange sehr ehrlich und
aufgerührt sich Mühende und immer doch hisher
von seinen Zielen Zurückgewiesene nun offenbar
seiner wirklichen Gaben innc geworden und auf
seinen Weg gelangt ist!

Eine beträchtlichc Anzahl emigrierter russischer
Maler hat sich zu gemeinsamer Ausstellung in
einer leeren Mietswohnung (Tauentzienstr. 10) zu-
sammengefunden. Dcr erste Eindruck ist schlimm :
kratzend bunter, subaltern-virtuoser Naturalismus
drängt sich vor, fade Tierstücke von Vissotsky,
»sonniges« Bauernkinder-Genre von Bogdanoff-
Belsky und noch Ärgeres. Dic Beiträge der auch
hierzulande Bekanntcn wie Ilja Repin oder So-
moff heben kaum das Niveau. Dann aber stößt

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