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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0192
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größerer Meistcr zu merken, die im Yerein der
Society of Women Artists in den Royal Insti-
tute Galleries ausgestellt haben. Höchstens das
Bild einer Frau vor dem Spiegel von Cecil Leslie ver-
rät ein originelles Rompositionstalent und eigen-
artiges Farbempfinden. Die Fine Art Society
zeigtLandschaftsaquarelle von Elaine Barrau, naiv-
einfältige Blätter in lichten Tönen, dic der An-
schauung nach verwanclt, abcr qualitativ weit ent-
fernt sind von der viel vollendeteren Kunst der Alt-
Münohner Schule. Von einer unerträglichen, kaurn
glaublichen Oberflächlichkeit und wesenlosen
Süßigkeit sind die in der gleichen Galerie ausge-
stellten Bilder »aus Schweden und Griechenland«
von Einar Forseth.

Interessant und lohnend hingegen ist ein Gang in
die Redfern-Gallery, die 36 ülgemälde von
R. O. Dunlop ausgestellt hat. Eine starke, ein-
drucksvolle Bildgestaltung in kräftigen, sinnlichen
Farben läßt in den Porträts und Landschaften des
erst 32 jährigen Künstlers ein reifendes, ernst zu
nehmendes Talent vermuten, das vielleicht einen
ähnlichen Weg der Entwicklung geht wie in
Deutschland Willy Jaeckel ihn gegangen ist.

Von feinem Geschmack geleitet ist die aufstre-
bende Paul Guillaume-Brandon Davis
Gallery, die verschiedene Künstler zugleich aus-
stelll. Paul Nash ist unler ihnen dcr bedeutendste.
Er, der »neuen Sachlichkeit« zuneigend, bringt
die romantischen Formen eines Idenri Rousseau in
einem kühl-nüchternen, aber feinen Bildaufbau
und vermeidet mit seinen gut gestimmten, blas-
sen Farben doch jede atmosphärische Härte und
Luftleere. Seine Landschaft und sein Stilleben sind
Bilder ersten llanges. Duncan Grant liingegen ist
reiner Impressionist mit einer an Liebermann
grenzendcn Kultiviertheit im Aufbau des Bildes
mit feinster Abwägung der Farben. Als weniger
bedeutend empfinden wir Augustus John, vondem
allerdings wunderbar feine, leicht gestrichelte
Zeichnungen existieren, und Matthew Smith, der
die Formenwelt in einer Orgie von Farben unter-
gehen läßt. h. rosenbaum.

PARISER AUSSTELLUNGEN

Kandinsky in der Galerie de France / Cha-
gall bei Bernheim jeune / Einige Künstler
bei Druet

Von den führenden deutschen Malern ist Kan-
dinsky dem französischen Publikum wenig be-
kannt. Wenn ich nicht irre, fand von ihm eine
Ausstellung in der Galerie Zak statt, wobei übri-
gens mehr Tusch- und Aquarellbilder als Ölge-
mälde gezeigt wurden. In der Galerie de France
befinden sich zur Zeit etwa 4o seiner Werke, die
nun doch eine bessere Vorstellung vom Schaffen
des Malers geben können. Jedoch, man braucht
nur an Picassos sprunghafte, launenhafte, an
Braques mehr irdische, gegenständlicher anmu-
tende künstlerische Entwicklung zu denken, um

sich darüber klar zu sein, daß weder die Konse-
quenz, noch die Abstraktion große Anhängerschaft
in Frankreich finden. Bei uns wurden diese Ziele
nur von Künstlern wie Ozenfant und Jeanneret
vertreten, denen aber vielleicht gerade die künst-
ierische Eignung fehlte. Deswegen muß eine so
imponierende, so konsequente Erscheinung wie
Kandinsky einen starken Eindruck machen, so
sehr er sich auch in den Zielen von den Bestrebun-
gen unserer Maler unterscheidel. Bei ihm wird
man sich bewußt, daß das stark Konstruktive doch
mit Gefühl vereinbar ist. Die Bilder gehören fast
alle den letzten Jahren an, 1937 bis 192g, die mei-
sten mit gesättiglen glatten Farben, einige abermit
zarteren, phantastischeren Tönen gemalt.

Ilerr Vollard, der sich nie vor einem Paradox
scheut, hat die seltsame Idee gehabt, Chagall zu
beauftragen, eine ganze Illustration zu La F011-
taines Fabeln zu malen. Diese Bilder, mehr als
hundert Stück, sind jetzt bei Bernheim jeune aus-
gestellt. Nie hat Chagall glücklichere Einfälle an
Farbgebung und Komposition entfaltet als in die-
sen an die volkstümliche russische Bildkunst er-
innernden Blättern. Ob La Fontaine, dieser fran-
zösischste und zivilisierteste unter den französischen
Dichtern, richtig in die Bilder von Chagall über-
setzt wurde, mag allerdings dem Urteil des Herrn
Vollard, der davon iiberzeugt ist, überlassen
bleiben.

Mit Erfolg hat die Galerie Druet ihre bewährte
»Valuta« revidiert, indem sie alte und neue gut
gewählte Werke von Vuillard, Bonnard, Maurice
Denis, K. X. Roussel, Vallotton und von dem Bild-
liauer Maillol aneinandergereiht hat. Das Schau-
spiel war lehrreich und verbarg (lie entsetzliche
Krise, in der sich seit einigen Monaten die neue
Malerei befindet. Es wird sehr wenig verkauft
und die meisten Galerien enthalten sich darum
aller Ausslellungen. So niederdrückend auch nocli
diese Krise wirkt, möchte man doch hoffen, daß
sie der kolossalen Inflation der letzten Jahre ein
Ende bereiten und die Situation der französischen
Malerei sich klären wird. P. C.

WIENEll AUSSTELLUNGEN

Barockmalerei in Österreich / Garl Hofer/

Film und Foto.

Die Erweiterung der Kunsthandltmg Neumann &
Salzer durch die Angliederung der Räume im Pa-
lais Miethke findet festlichen Ausdruck in einer
sehenswerten kleinen Ausstellung österreichischer
Barockkunst, deren Bestand zum Großteil ausPri-
vatbesitz stammt. Von T. Pock und Rottmayr ein-
geleitet, klingt sie aus in den Skizzen von Maul-
bertsch und Kremserschmidt, neben den Entwtir-
fen Trogers die künstlerisch bedeutsamsten Arbei-
ten der Schau und beredte Zeugnisse der komposi-
tionellen und malerischen Begabung der beiden Mei-
ster, insbesondere Maulbertsch’s, dessen Visionen
sich nichts in der gleichzeitigen österreichischen

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