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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0369
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von einem lüsternen Greise belauschten
schlafenden (nicht badenden) Susanne
versucht, ein Werk, in dem man den
Einfluß deutscher Expressionisten wie
Kirchner und Nolde zu verspüren
meint.

Hervorzuheben wären aus der Masse
der übrigenBilder noch eine gewollt
primitive Amsterdamer Stadtansicht
von D. B. Nanninga, ein Doppel-
bildnis des feinen Bendien (Zeich-
nung in zartem Grau), dann ein Neger
von Nola Hatterman und zwei Ar-
beiten von Koch.

Sehr beachtenswert waren ferner die
eingesandten Skulpturen. Auf diesem
Gebiete scheint Holland heute, ebenso
wie auf dem der Architektur, über-
haupt ursprünglicher und radikaler
als auf dem der Malerei. Durch den
konzenlrierten Ausdruck fesselte ein
aus Marmor gehauener mächtiger Kopf
von Willem Bon, sehr zart wirkte
ein nachdenklicher Mädchenkopf aus
französischem Kalkstein von II. G. M.
van Lith, während Wilhelm Itä-
deckers stilisierte Masken aus spie-
gelnden Materialien (Bronze und Eben-
holz) einen prächtigen dekorativen
Effekt machten. M. D. II.

BERLINER AUSSTELLUNGEN

Kartell- Ausstellung / »Sport als

Kulturfaktor« / »Alt-Berlin« /

Sezession / Bildnisse der Maria

Lani / Simonne Marye
Aussichtsloses Unterfangen, dem Massenaufgebot
von Bildern, die in diesen Wochen auf uns nieder-
gegangen sind, sichtend gerecht zu werden. Die
Taklik einer blinden Quantitätshinschiittung bliebe
auch abzulehnen, wenn das Niveau nicht in fast
allen Fällen ein beschämend geringes wäre. Ihr
Ergebnis ist, daß die Vorführungen von Gegen-
wartskunst immer mehr an Profil verlieren und
die Massenhaftigkeit noch die paar kunstinteres-
sierten Menschen verwirrt, langweilt und ah-
schreckt.

Die krauseste Wahllosigkeit herrscht in der großen
Kartellausstellung im Schloß Bellevue. Nie
wieder diesen faden Mischmasch von Unbelang
und Minderwertigem! Schade um die Beiträge der
Teuber, Bernhard Klein, Scholz, Spiro, Schmidt-
Reitwein, Wiethüchter, Karsch, Haim-Wentscher,
die sich darin verlieren. Unversehens gerät man an
einen Slevogt von besonderer Schönheit des war-
men Schimmers: »Die Pfälzer Freunde«.
Gemeinsam mit dem Museum für Leibes-
übungen hat der Verein Berliner Künst-
ler versucht, den »Sport als K ul t ur f ak t o r«
zu erweisen durch seine Eignung zum Bildmotiv
und als künstlerischen Auftraggeber. Abgesehen

davon, daß man ebensogut eine Stillebenschau be-
titeln könnte »Das Obst als Kulturfaktor«, — hier
wird allenfalls fraglicli, ob die K uns t ein Kultur-
faktor ist. Denn ilire Fähigkeit, sich mitdemSport
als Forrn auseinanderzusetzen, erscheint in dieser
Darstellung wenig erheblich. Unter den Bildern
illustrativer Ifaltung etliches Schmissige, gut Be-
obachtete allenfalls; die Arbeiten von Büttner,
Paeschke, Schmidt-Gasella, Heinsheimer fallen ins
Auge. Sehr schwach die journalistische Sportzeich-
nung, traurig die Preise, Diplome, dekorativen
Entwürfe. Auch die Architektur sportlicher An-
lagen hat wenig Gesicht, mit der einen Ausnahme
des klaren Nürnberger Stadions von Otto Ernst
Schweizer.

In der riesigen Schau »Alt-Berlin« hat man
entsetzlich weitläufige Räume notdürftig mit allen
möglichen Erinnerungcn und Kuriositäten zu fül-
len versucht, ohne die gähnende Leere zu über-
winden.

Einzig die Ausstellung von Aquarellen und Zeich-
nungen in der Berliner Sezession vermag
durchaus zu erfreuen. Sie zeigt die besondere Be-
gabung unserer Zeit für das helle und lose Malen
auf ungewichtigem Blatt, zeigt, daß in dieser Tech-

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